Am Dienstag geht's weiter
FPÖ/ÖVP: 90 Minuten Verhandlung und ein türkises "Grundlinien"-Papier
Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind am Montagabend nach angespannter Stimmung am Wochenende weitergegangen. Gegen 18.30 Uhr kamen die Chefverhandler im Parlament zusammen.
Herbert Kickl, Michael Schnedlitz und Reinhard Teufel trafen hinter verschlossener Tür auf Christian Stocker, Alexander Pröll und August Wöginger. Nach rund 90 Minuten sollen die Verhandler laut PULS 24 Informationen die Gespräche aber durch die Hintertür schon wieder verlassen haben.
Video: Koalitionsverhandlungen gehen weiter
"Grundlinien"-Papier
Von Seiten der ÖVP wurde nach den Verhandlungen ein Papier mit dem Titel "Gemeinsame Grundlinien außer Streit stellen" verschickt - sichtlich primär an die FPÖ. Darin heißt es, dass viele der Themen "bereits in den bisherigen ÖVP-FPÖ Koalitionen (2000 und 2017) in den Regierungsprogrammen adressiert" wurden, "da sie zentral für den Erhalt unserer liberalen Demokratie und gesellschaftlichen Stabilität sind". Diese Themen und Positionen sind laut dem Papier "für jede österreichische Bundesregierung – unabhängig von Partei und Ideologie – wesentlich".
Die Themenbereiche gliedern sich in
- Klare proeuropäische Positionierung und internationale Zusammenarbeit als Grundlage der Bundesregierung
- Österreich als verlässlicher Partner der freien Welt
- Abgrenzung gegen politische und religiöse Extreme
- Stopp der illegalen Migration, Asyl und Sicherheit
Diese großen Punkte werden im Papier weiter aufgedröselt. Wobei die meisten bereits zu Beginn der Verhandlungen von der ÖVP kommuniziert wurden. Dennoch zeigt sich, es gibt weiterhin Stolpersteine für eine mögliche FPÖ-ÖVP-Koalition.
Beispielsweise will die ÖVP nicht an der "EMRK, die EU-Verträge, sowie die Rechtsprechung der Gerichtshöfe wie dem VfGH, EGMR und EuGH" rütteln - laut dem am Wochenende geleakten Verhandlungsprotokollen pocht die FPÖ hingegen darauf, dass EU-Recht "nicht in Form der Rechtsprechung des EGMR und es EuGH-Vorrang vor nationalem Recht haben" darf.
Ebenfalls beharrt laut dem Papier die ÖVP weiterhin auf Sky Shield: "Zur umfassenden Sicherheit gehört auch die neutralitätskonforme Verteidigung des Luftraums gegen Raketen und Drohnen (Sky-Shield)."
"Grundsätzliche Inhalte" und Ressorverteilung
Vor Beginn der Verhandlungen gab es zumindest noch ein kurzes Statement: "Es geht neben der Ressortverteilung auch um sehr grundsätzliche Inhalte und daher werden wir heute auch darüber reden", sagte Stocker gegenüber PULS 24. Weitere Angaben wollte er nicht machen. Die FPÖ gab sich generell zugeknöpft.
Die Verhandlungen auf Chefebene dauerten bisher nie viel länger. Für Dienstag soll eine weitere Runde vereinbart worden sein.
Streit ums BMI
Zuletzt war die Stimmung zwischen Blau und Türkis angespannt. Die ÖVP dürfte der FPÖ das Finanzministerium angeboten haben, die Blauen den Türkisen das Außenministerium mitsamt EU-Agenden. Als kritisch gilt jedoch weiterhin die Frage der Besetzung des Innenministeriums. Im Raum steht eine Teilung des Ministeriums in Asylagenden einerseits und Geheimdienst und Polizei auf der anderen Seite. Ob das praxistauglich ist, ist allerdings fraglich.
Am Wochenende waren zudem Verhandlungsprotokolle publik geworden, die auch auf zahlreiche offene inhaltliche Punkte hindeuteten. Ob es am Montag Fortschritte gab, wurde nicht kommuniziert.
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Seitens der Bundespräsidentschaftskanzlei betonte man am Montag, man sei auf alle Szenarien vorbereitet. "Wir haben für alle Szenarien Pläne in der Lade. Das gebietet ja auch die Verfassung. Es muss immer eine handlungsfähige Regierung geben". Alles weitere - auch der weitere Fahrplan - sei von den Parteien abhängig.
Babler will wieder verhandeln
Sollten die Koalitionsverhandlungen platzen, gibt es mehrere mögliche Szenarien: Neben Neuwahlen oder erneuten schwarz-roten Verhandlungen besteht auch die Option, dass der Bundespräsident eine Expertenregierung einsetzt - diese müsste freilich von einer Mehrheit im Parlament gestützt sein.
https://twitter.com/AndiBabler/status/1888982268913295606
SPÖ-Chef Andreas Babler appellierte am Montag an die "vernünftigen Kräfte in der ÖVP", erneut über eine gemeinsame Regierung zu verhandeln. Andernfalls sei man auch bereit, "eine Regierung von Persönlichkeiten zu unterstützen, die dem Parlament zur Seite steht", erklärte Babler in einem auf "X" veröffentlichten Video.
Bereits am Vorabend hatten auch die Grünen von der ÖVP gefordert, die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zu beenden. Auch die NEOS wären bereit zu neuen Gesprächen, sagte NEOS-Mandatar Sepp Schellhorn.
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Zusammenfassung
- Nach einer kurzen Runde am Freitag und Leaks am Wochenende gingen die Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP am Montagabend in die nächste Runde.
- Rund 90 Minuten lang besprach man sich im Parlament. Ein Ergebnis wurde nicht kommuniziert.
- Am Dienstag könnte es weitergehen.