Koalitions-Aus
ÖVP zu Koalitions-Ende: "Kickl ist ein Sicherheitsrisiko"
Die ÖVP-Granden haben schon in den vergangenen Tagen nicht mit Kritik an FPÖ-Chef Herbert Kickl gespart, er sei in einem "Machtrausch" und nicht kompromissbereit. Nach dem offiziellen Ende der Koalitionsverhandlungen am Mittwoch teilt die Volkspartei weiter gegen den Freiheitlichen aus.
Bei einem Doorstep vor der ÖVP-Parteizentrale fand der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer deutliche Worte: "Herbert Kickl ist ein Sicherheitsrisiko für dieses Land", sagte er und erklärte auch gleich, warum die ÖVP dann überhaupt mit den Blauen verhandelt hatte. Man habe "diesen Gesprächen eine Chance" geben wollen. Mahrer habe gedacht, dass Kickl "sich verändert hat".
-
Mehr lesen: Kickl legt Regierungsbildungsauftrag zurück
Dass das nicht der Fall sei, habe er nun bemerkt. Kickl sei "an sich selbst gescheitert", sein Ziel sei die "Übernahme totaler Macht und Kontrolle" gewesen, so Mahrer.
Verhandlungen mit SPÖ, aber ohne Babler?
Auf die - ebenfalls gescheiterten - Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und NEOS blickt der Wiener ÖVP-Chef mittlerweile positiver zurück. Sie seien in vielen Bereichen "durchaus erfolgversprechend" gewesen. Für deren Ende macht er bestimmte Fachbereiche und vor allem SPÖ-Chef Andreas Babler verantwortlich. Er habe Vorstellungen gehabt, "die nicht akzeptabel waren".
-
Mehr lesen: Ludwig streckt Hand "weit" Richtung ÖVP aus
Die Ansage des Wiener SPÖ-Bürgermeisters Michael Ludwig, dass die Hand der Sozialdemokraten "weit ausgestreckt" sei, nehme er durchaus ernst. Es liege an der SPÖ, das Verhandlungsteam "personell und inhaltlich so aufzustellen", dass Verhandlungen möglich seien, so Mahrer. Zuerst müsse aber Bundespräsident Alexander Van der Bellen entscheiden, wie es weitergehen soll.
Kickl der "Alleinherrscher"
Ähnlich sah das auch Tirols ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle. Er bezeichnete Kickl in einer Stellungnahme als "Alleinherrscher" und sprach sich ebenfalls für eine Dreierkoalition zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS aus.
Dann aber ebenfalls ohne Babler. Er solle Ex-Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) folgen und "einen Schritt zur Seite machen, damit die bei den Dreierverhandlungen offen gebliebenen Punkte gelöst werden können", so Mattle weiter. "Die Budgetüberlegungen von FPÖ und ÖVP sowie die bisherigen Einigungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS könnten übernommen werden".
Kickl wollte "demütigen"
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer sagte im PULS 24 Interview, dass man "leider damit rechnen" musste, dass die Koalitionsverhandlungen scheitern. Kickl habe "eigentlich nie den Eindruck erweckt, dass er an diesem Miteinander interessiert ist. Da ist es eher immer ums Demütigen und die schnelle Nachricht in Social Media gegangen und jetzt ist er eben daran gescheitert", fasste Stelzer zusammen.
Auch der Chef der ÖVP-Delegation im EU-Parlament, Reinhold Lopatka, zeigte sich nicht überrascht vom Verhandlungsende. "Anders als im Jahr 2000 unter Jörg Haider war die FPÖ nicht bereit, unabdingbare Selbstverständlichkeiten in der Europapolitik zu akzeptieren", sagte er gegenüber dem "Standard".
"Mit allen Gespräche führen"
Überrascht von den geplatzten Verhandlungen war hingegen die steirische ÖVP-Landesparteiobfrau Manuela Khom. "Vielleicht will Kickl ja doch nicht die Verantwortung tragen", mutmaßte sie gegenüber der APA.
Sie plädierte wie ihre Parteikolleg:innen dafür, dass Stocker wieder "mit allen Gesprächen führen" sollte. Denn, "vielleicht gibt es ja jetzt Kräfte, die über ihren Schatten springen".
Keine "ehrlichen Verhandlungen"
Der ÖVP-nahe und mächtige Bauernbund kritisierte Kickl per Aussendung ebenfalls scharf. Es habe sich gezeigt, "dass Herbert Kickl nie an ernsthaften, ehrlichen Verhandlungen zur Bildung einer tragfähigen Bundesregierung interessiert war".
Ähnlich formulierte es Ingrid Korosec, Präsidentin der ÖVP-Senioren. "Mit Herbert Kickl ist aber kein Staat zu machen. Er ist zu Kompromissen nicht bereit."
Wirtschaftsbund: "Blockadepolitik"
Die Schuld für das Ende der Koalitionsverhandlungen gibt auch der ÖVP-nahe Wirtschaftsbund dem Chef der Freiheitlichen. "Die FPÖ hat mit ihrer Blockadepolitik gezeigt, dass es ihr nur um Macht und Posten geht. Statt Lösungen für den Standort, Inflation und Arbeitskräftemangel zu suchen, ließ Kickl die Verhandlungen mutwillig scheitern - mit fatalen Folgen für die Wirtschaft", heißt es in einer Aussendung.
-
Mehr lesen: Chronologie des Tag "X"
Dass Investoren Vertrauen verlieren, dafür sei "allein Kickl verantwortlich", so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger.
Zusammenfassung
- Nach dem Scheitern der FPÖ-ÖVP-Koalition mehrt sich die Kritik am Chef der Freiheitlichen.
- "Herbert Kickl ist ein Sicherheitsrisiko für dieses Land", erklärte etwa der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer.
- Auch der Wirtschaftsbund meldete sich bereits zu Wort.
- Eine Dreierkoalition zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS wird nun wieder in den Raum gestellt - dann aber ohne Andreas Babler, so zumindest die Forderung einiger führender ÖVP-Politiker.