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ÖVP und FPÖ wollen einsparen, sagen aber nicht wie

6,4 Milliarden Euro will eine mögliche neue Koalition von FPÖ und ÖVP einsparen. Die Parteichefs blieben am Montag noch recht vage, wie das gehen soll. Grobe Bereiche für "Reformen" - also meist Kürzungen - nannten sie aber schon.

Vor allem die ÖVP war am Montag bemüht, die rasche Einigung mit der FPÖ auf einen Budgetpfad für sieben Jahre mit der Vorarbeit in den Verhandlungen mit SPÖ und NEOS zu begründen. Schlagzeilen wie: "Mit den Blauen geht es plötzlich schnell", wollte man wohl vermeiden. FPÖ-Verhandler Arnold Schiefer gestand das den Türkisen sogar zu. Kickl betonte allerdings, dass man in drei Tagen geschafft habe, was andere in hundert Tagen nicht geschafft hätten.

6,39 Milliarden Euro wollen FPÖ und ÖVP 2025 einsparen und damit ein EU-Defizitverfahren abwenden. Neue Steuern wollen die beiden Parteien nicht einführen. Größere Investitionen oder Projekte seien laut FPÖ-Chef Herbert Kickl dann erst ab 2026 möglich. 

Größte Kürzungen bei Förderungen

Aber wo konkret wollen die beiden Parteien die Milliarden einsparen? Laut einer PULS 24 vorliegenden, von ÖVP-Chef Stocker und Kickl unterzeichneten, Absichtserklärung, mit der sich Finanzminister Gunter Mayr nach Brüssel wenden soll, soll der größte Teil - 3,18 Milliarden Euro - durch eine "Reduktion" der Förderquote" erreicht werden.

1,1 Milliarden Euro sollen durch einen "Stabilitätsbeitrag" der Ministerien aufgetrieben werden. 0,95 Milliarden sollen durch "weitere Maßnahmen" und 0,92 Milliarden durch "Anpassungen im Steuersystem" aufgetrieben werden. 

Sparplan Blau-TürkisScreenshot/Bundesministerium für Finanzen

Screenshot aus dem Brief von Blau-Türkis, den Finanzminister Gunter Mayr der EU-Kommission präsentieren soll.

Was das konkret heißen soll, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Die EU-Kommission wird wohl eines mit mehr Details, über die FPÖ und ÖVP laut Schiefer am Donnerstag informieren wollen, erhalten.

Bei der Pressekonferenz am Montag verrieten die blau-türkisen Verhandler lediglich, dass es jedenfalls "Reformen" - also Kürzungen - beim Klimabonus, der ganz abgeschafft werden könnte, und der Bildungskarenz geben werde. Kickl nannte - ohne konkret zu werden - auch Maßnahmen gegen Steuerflucht und steuerliche Schlupflöcher.

Dass ÖVP und FPÖ keine neuen Steuern wollen, stand schon vorher fest. Kickl schloss nun auch aus, dass die bestehende Mehrwertsteuer, die Mineralölsteuer oder die Körperschaftssteuer für Unternehmen erhöht werden. 

Welche Förderungen werden gekürzt?

Gespart wird also ausgabenseitig, so viel steht fest. Und zwar vor allem bei den Förderungen. Darunter fallen in Österreich zahlreiche unterschiedliche Zahlungen: beispielsweise Beihilfen nach Katastrophenschäden, Förderungen für klimafreundliche Sanierungen oder Photovoltaikanlagen, Mittel für die Transformation der Industrie.

Aber auch klimaschädliche Förderungen wie das Dieselprivileg, die Pendlerförderung oder das Dienstwagenprivileg gehören dazu.

Die größten Brocken machen Familienleistungen, Förderungen für den Agrarsektor und Forschungsförderungen aus. Tatsächlich fördert Österreich mehr als der EU-Schnitt. Welche Leistungen FPÖ und ÖVP genau streichen wollen, verrieten sie aber noch nicht. 

Detailarbeit

Je nach Förderungen, können Kürzungen gravierende Auswirkungen haben. Das zeigt sich aktuell etwa beim Fördertopf für die Umstellung von Heizungen auf umweltfreundlichere Varianten, wie etwa Wärmepumpen. Dieser ist derzeit nämlich ausgeschöpft - es können keine Förderanträge mehr gestellt werden. Manfred Denk, Bundesinnungsmeister der Heizungsinstallateure forderte im Ö1-"Morgenjournal" von der Regierung eine Fortsetzung - 5.000 Menschen könnten in der Branche sonst ihren Job verlieren, warnte er. 

Das konkrete Beispiel zeigt auch, dass Sparen bei den Förderungen ziemliche Detailarbeit sein kann: Denn bei der Heizungstauschförderung gab es bisher neben der Bundesförderung zusätzlich Förderungen der Bundesländer in unterschiedlicher Höhe. Hier könnte man durchaus reformieren: Bei entsprechender Dotierung der Bundesförderungen bräuchte man keine Landesförderungen mehr, so ein Vorschlag der Wirtschaftskammer.

Zweifel an Machbarkeit

Expert:innen zweifeln aber ohnehin daran, dass 6,4 Milliarden Euro nur ausgabenseitig eingespart werden können. "Ich glaube, ganz ohne einnahmenseitige Maßnahmen wird es zumindest so kurzfristig nicht gehen", sagte Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut im Ö1-"Mittagsjournal". 

Milliarden-Sparpaket

Paul Batruel analysiert das blau-türkise Vorhaben.

Skeptisch äußerte sich auch Johannes Holler vom Fiskalratsbüro: Die 6,39 Milliarden rein ausgabenseitig bereits 2025 einzusparen "erscheint uns äußerst schwierig" - denn außer dem Klimabonus "und vielleicht der Bildungskarenz" gibt es kaum Möglichkeiten, um große Summen zu stemmen, sagte er im Ö1-Radio.

Die Abschaffung des Klimabonus würde demnach 2,3 Milliarden Euro bringen, jene der Bildungskarenz maximal 300 Millionen. Aber selbst diese Millionen bezweifelt Holler, weil viele Anträge schon genehmigt seien.

Viel zu holen wäre laut dem Experten, wenn man den Familienbonus streichen würde - nämlich 1,2 Milliarden Euro. Es sei aber "nicht zu erwarten, dass die ÖVP und FPÖ als Familien- und Arbeiterparteien wirklich den Familienbonus abschaffen", sagte er. Bei vielen anderen potenziellen Sparmaßnahmen brauche es gesetzliche Änderungen, die mit Vorlaufzeiten und Fristen verbunden seien. Dies würde dazu führen, dass nur ein geringer Teil des tatsächlichen Einsparungspotenzials schon im Jahr 2025 umgesetzt werden könnte. 

PÖ-ÖVP wollen 6,3 Milliarden-Euro einsparen

Nadja Buchmüller analysiert die Ergebnisse der ersten Verhandlungen.

ribbon Zusammenfassung
  • 6,4 Milliarden Euro will eine mögliche neue Koalition von FPÖ und ÖVP einsparen.
  • Erste Bereiche für "Reformen" - also meist Kürzungen - nannten sie aber schon.
  • Laut einer PULS 24 vorliegenden, von ÖVP-Chef Stocker und Kickl unterzeichneten, Absichtserklärung soll der größte Teil - 3,18 Milliarden Euro - durch eine "Reduktion" der Förderquote" erreicht werden.
  • Dass ÖVP und FPÖ keine neuen Steuern wollen, stand schon vorher fest. Kickl schloss nun auch aus, dass die bestehende Mehrwertsteuer, die Mineralölsteuer oder die Körperschaftssteuer für Unternehmen erhöht werden. 
  • Gespart wird also ausgabenseitig, so viel steht fest. Und zwar vor allem bei den Förderungen.