Israels Oppositionschef Lapid soll Regierung bilden

Israels Oppositionschef Jair Lapid wurde mit der Regierungsbildung beauftragt. Das verkündete Israels Präsident Reuven Rivlin am Mittwoch. Eine Neuwahl ist allerdings weiterhin nicht ausgeschlossen.

Nach dem gescheiterten Anlauf von Benjamin Netanyahu hat Israels Präsident Reuven Rivlin den Auftrag zur Regierungsbildung neu vergeben. Der bisherige Oppositionsführer Jair Lapid von der Zukunftspartei soll nun eine Koalition formen, wie das Präsidialamt am Mittwochabend mitteilte. Rivlin erklärte, Lapid habe Empfehlungen von 56 Abgeordneten erhalten. Die Probleme bei der Regierungsbildung liegen im Ergebnis der Parlamentswahl vom März begründet, das nicht eindeutig war.

Naftali Bennett von der ultrarechten Jamina-Partei, der wie Lapid zuvor das Mandat zur Regierungsbildung erbat, bekam demnach nur sieben Empfehlungen. Dem Parlament, der Knesset, gehören 120 Abgeordnete an. Lapid erklärte: "Ich werde alles dafür tun, dass so schnell wie möglich eine israelische Einheitsregierung gebildet wird, damit wir mit der Arbeit für die Bürger Israels beginnen können."

Neuwahl nicht ausgeschlossen

Lapids Partei Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft) gehört zur politischen Mitte, sie wurde Ende März bei der vierten Parlamentswahl binnen zwei Jahren zweitstärkste Kraft. Damit steht das Lager der Gegner Netanyahus vor einer Chance, die Ära des 71-Jährigen als Regierungschef zu beenden. Ob ihnen dies gelingt, ist noch völlig offen. Eine Neuwahl ist weiterhin nicht ausgeschlossen. Israel verharrt in seiner politischen Krise.

Um eine Mehrheit von 61 Abgeordneten zu erreichen, müsste er jedoch eine Reihe von Parteien und Listen hinter sich vereinen, die im politischen Spektrum weit auseinanderliegen. Beobachtern zufolge dürfte dies nicht einfach werden. Eine Neuwahl ist weiterhin nicht ausgeschlossen.

Der 57-Jährige war nach einer Karriere als Fernsehmoderator in die Politik eingestiegen. In einer früheren Netanyahu-Regierung diente er als Finanzminister. Nun strebt er ein Bündnis ohne Beteiligung Netanyahus an. Bei der vergangenen Wahl war die Zukunftspartei hinter dessen rechtskonservativem Likud zweitstärkste Kraft geworden.

Netanyahus-Partei verfehlte absolute Mehrheit

Israel steckt in einer politischen Krise. Die vierte Parlamentswahl binnen zwei Jahren hatte im März erneut keine klaren Mehrheitsverhältnisse ergeben. Netanyahu war nach dem Urnengang im März zuerst mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Seine Likud-Partei war bei der Wahl mit 30 von 120 Parlamentssitzen stärkste Kraft geworden, verfehlte die absolute Mehrheit von 61 Sitzen aber deutlich. Die Suche nach möglichen Koalitionspartnern war angesichts unklarer Mehrheitsverhältnisse von Anfang an kompliziert. Netanyahu ist seit zwölf Jahren durchgängig im Amt und der am längsten amtierende Regierungschef in Israels Geschichte. Gegen ihn läuft ein Korruptionsprozess. Er weist die darin erhobenen Vorwürfe zurück.

Die Parteienlandschaft ist sehr zersplittert. Netanyahu hatte als erster Politiker das Mandat zur Regierungsbildung erhalten. Dem 71-Jährigen gelang dies jedoch nicht. Er gab sein Mandat kurz vor Ablauf einer Frist in der Nacht auf Mittwoch zurück. Er ist seit zwölf Jahren Ministerpräsident und der am längsten amtierende Regierungschef in der Geschichte des Landes.

Der vom Präsidenten beauftragte Kandidat hat vier Wochen Zeit für die Bildung einer Koalition und kann noch eine zweiwöchige Verlängerung beantragen. Sollte es zu einer Neuwahl kommen, hätte auch Netanyahu möglicherweise wieder die Chance, Ministerpräsident zu werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Israels Präsident Reuven Rivlin hat am Mittwoch Oppositionschef Jair Lapid von der Zukunftspartei mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
  • Er habe mit Lapid gesprochen und ihm das Mandat erteilt, sagte Rivlin an seinem Amtssitz in Jerusalem.
  • Zuvor war der amtierende rechtskonservative Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nach dem nicht eindeutigen Ergebnis der Parlamentswahl vom März mit der Bildung einer neuen Regierung gescheitert.