Israels Außenminister erteilt Zweistaatenlösung Absage
Die im Gazastreifen herrschende Islamistenorganisation hatte mit ihrem Großangriff auf Israel im Oktober 2023 den Gazakrieg ausgelöst. Die Zweistaatenlösung sieht einen unabhängigen, mit Israel friedlich koexistierenden Palästinenserstaat vor.
Saar betonte, dass er es nicht für realistisch halte, die Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten auf Saudi-Arabien auszuweiten. Donald Trump, der in der vergangenen Woche erneut zum US-Präsidenten gewählt wurde, hatte die Abkommen in seiner ersten Amtszeit auf den Weg gebracht. Sie führten zu einer Normalisierung der Beziehungen Israels zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko.
In Riad kamen am Montag Dutzende arabische und muslimische Länder zusammen, um bei einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga und der Organisation Islamischer Zusammenarbeit (OIC) über die Kriege im Gazastreifen und im Libanon zu beraten. Saudi-Arabien hatte kürzlich eine neue "internationale Allianz" ins Leben gerufen, um die Schaffung eines palästinensischen Staates voranzutreiben.
Unterdessen droht Israel eine Einschränkung der US-Militärhilfe. Seit Beginn der Kampfhandlungen vor mehr als einem Jahr unterstützte Washington Israel mit Milliarden. Mit Ablauf einer von den USA am 13. Oktober gesetzten 30-tägigen Frist, binnen derer Israel die humanitäre Lage im Gazastreifen verbessern sollte, drohen dem jüdischen Staat jedoch Einschränkungen dieser Unterstützung.
"In dieser Woche werden wir entscheiden, welche Fortschritte sie (Israel) gemacht haben", sagte Präsident Joe Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan im Sender CBS. Dann werde man über eine entsprechende Reaktion entscheiden.
Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter und mit Abstand größter Waffenlieferant. Welche Waffen genau von etwaigen Kürzungen betroffen sein könnten, ist unklar. Eine solche Maßnahme könnte Israel auf jeden Fall empfindlich treffen. Für die USA ist es ein Dilemma: Sie wollen Israel in der Gaza-Frage zur Bewegung zwingen, gleichzeitig aber nicht die Verteidigungsfähigkeit des Landes gegen seine Feinde, allen voran den Iran, einschränken. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass vor allem Angriffswaffen betroffen sein könnten, nicht jedoch Abwehrsysteme etwa gegen Raketenangriffe aus dem Iran.
Die USA haben trotz ihrer Kritik an der israelischen Kriegsführung bisher darauf verzichtet, die Militärhilfe einzuschränken. Sollte es nun wirklich dazu kommen, kann die Regierung von Benjamin Netanyahu auf einen alten Verbündeten hoffen: Die neue US-Führung unter Donald Trump könnte etwaige Einschränkungen im kommenden Jahr wieder rückgängig machen.
US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin hatten im Oktober in einem scharf formulierten Brief ihre "tiefe Besorgnis" über die humanitäre Lage in Gaza geäußert und "dringende und nachhaltige Maßnahmen" seitens der israelischen Regierung gefordert. Vor einer Woche hatte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, zugestanden, Israel habe wichtige Schritte für mehr humanitäre Hilfe unternommen. Jedoch sei mehr nötig, um die Not der Menschen in dem dicht besiedelten, abgeriegelten und nach mehr als einem Jahr Krieg weitgehend zerstörten Küstengebiet zu lindern.
Die israelische Armee verkündete kurz vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der US-Forderungen eine Ausweitung der sogenannten humanitären Zone im umkämpften Gazastreifen. In der Zone gebe es Feldkrankenhäuser, Zelte sowie Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente, teilte der Sprecher der Armee in arabischer Sprache mit.
Einwohner Gazas verweisen jedoch darauf, dass es keinen sicheren Ort im Küstenstreifen gebe. Auch in der als sicher deklarierten Zone hatte es immer wieder tödliche Angriffe der Armee gegeben.
Hilfsorganisationen haben eindringlich vor einer Hungersnot besonders im Norden des Küstenstreifens gewarnt. Die USA fordern Medienberichten zufolge unter anderem, dass Israel mindestens 350 Lastwagen pro Tag durch alle vier Grenzübergänge in den Gazastreifen lasse und dass ein fünfter Übergang geöffnet wird.
Nach Darstellung Israels werden Hilfslieferungen immer wieder von der islamistischen Hamas geplündert, die die Güter dann zu Wucherpreisen an die Bevölkerung verkaufe und so ihre fortwährende Herrschaft sichern wolle. Die linksliberale israelische Zeitung "Haaretz" berichtete, im Bereich der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens hätten sich bewaffnete Banden organisiert, die Hilfstransporte plünderten. Die israelische Armee verhindere dies nicht aus Sorge, dass beim Eingreifen internationale Hilfsarbeiter zu Schaden kommen könnten. Dies wiederum könne internationale Kritik an Israel noch verstärken. Die Plünderungen zeigten "die komplette Anarchie, die in Gaza herrscht, weil es keine funktionierende zivile Regierung gibt", schrieb das Blatt.
Die israelische Nachrichtenseite "Ynet" berichtete, die politische Führung in Israel erwäge mit Blick auf die Hilfslieferungen drei Optionen. Eine sei, nichts gegen den gegenwärtigen Zustand zu unternehmen, obwohl Hamas Hilfslieferungen abgreife. Die anderen Optionen seien die Verteilung der Hilfsgüter durch die israelische Armee - obwohl sie das ablehnt - oder dass ein US-Sicherheitsunternehmen die Verteilung übernimmt.
Die von der internationalen Gemeinschaft angestrebte Übernahme der Kontrolle im Gazastreifen durch die palästinensische Autonomiebehörde lehnt Israels Regierung ab - ebenso wie eine Zweistaatenlösung.
Zusammenfassung
- Israels neuer Außenminister Gideon Saar erteilt der Zweistaatenlösung im Nahost-Konflikt eine Absage, da er diese für unrealistisch hält.
- Die USA drohen Israel mit Einschränkungen der Militärhilfe, falls die humanitäre Lage im Gazastreifen nicht verbessert wird, nachdem die Frist am 13. Oktober abgelaufen ist.
- Saudi-Arabien hat eine neue internationale Allianz gegründet, um die Schaffung eines palästinensischen Staates voranzutreiben.
- Die israelische Armee hat eine humanitäre Zone im Gazastreifen eingerichtet, doch Berichte sprechen von Plünderungen durch bewaffnete Banden.
- US-Präsident Joe Biden und seine Berater prüfen die Fortschritte Israels bei der humanitären Hilfe und könnten Maßnahmen ergreifen.