Iranische Justiz will Begnadigung von Gefangenen prüfen
Die iranische Justiz will die mögliche Begnadigung von einigen Gefangenen, die sich wegen der Coronakrise im Hafturlaub befinden, prüfen. "Auf Anweisung des Justizchefs werden in diesem Zusammenhang 500 Komitees der Justizbehörde ab morgen (Sonntag) das Thema untersuchen", sagte Justizsprecher Gholamhossein Esmaili am Samstagabend.
Eine Entscheidung über eventuelle Begnadigungen sowie Strafmilderungen soll bis zum 29. April getroffen werden, wie der Sprecher im Staatssender IRIB ausführte. Was die Kriterien für eine Begnadigung sind und ob sie auch für politische Gefangene gelten werden, sagte er nicht.
Wegen der Coronakrise hatten Mitte März Zehntausende Gefängnisinsassen im Iran vorübergehend Hafturlaub bekommen. Zunächst galt der Hafturlaub nur bis zum Ende der persischen Neujahrsferien am 2. April, dann aber wurde er zuerst bis Mitte und dann bis Ende April verlängert. Schon vor dem persischen Neujahr am 20. März wurden 10.000 von ihnen begnadigt. In den Hafturlaub durften auch einige politische Gefangene.
Unter ihnen war auch die britische Staatsbürgerin Nazanin Zaghari-Ratcliffe. Die Projektmanagerin der Thomson Reuters Stiftung, die auch die iranische Staatsbürgerschaft besitzt, war nach einem Besuch bei ihren Eltern 2016 verhaftet und wegen angeblicher Spionage zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden.
Begnadigt wurde vergangenen Monat auch der französische Wissenschafter Roland Marchal. Er durfte nach neuneinhalb Monaten Haft im Iran wieder zurück nach Frankreich. Der 64-Jährige und seine französisch-iranische Ehefrau Fariba Adelkhah waren im Juni 2019 wegen angeblicher Verbreitung regimefeindlicher Propaganda am Flughafen von Teheran festgenommen worden. Adelkhah musste jedoch weiter im Iran bleiben.
Keinen Hafturlaub erhielt dagegen die renommierte Anwältin Nasrin Sotoudeh. Die 56-Jährige sitzt seit mehr als einem Jahr wegen angeblicher Spionage, staatsfeindlicher Propaganda und Beleidigung des obersten iranischen Führers im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran. Gegen die Verweigerung des Hafturlaubs hat sie mit einem neuen Hungerstreik protestiert.
Zusammenfassung
- "Auf Anweisung des Justizchefs werden in diesem Zusammenhang 500 Komitees der Justizbehörde ab morgen das Thema untersuchen", sagte Justizsprecher Gholamhossein Esmaili am Samstagabend.
- Wegen der Coronakrise hatten Mitte März Zehntausende Gefängnisinsassen im Iran vorübergehend Hafturlaub bekommen.
- Begnadigt wurde vergangenen Monat auch der französische Wissenschafter Roland Marchal.
- Adelkhah musste jedoch weiter im Iran bleiben.