APA/SPÖ ALSERGRUND/MANUEL DOMNANOVICH

"Ich gebe die SPÖ nicht auf": Dafür steht Nikolaus Kowall

Der Wiener Partei-Rebell Nikolaus Kowall will die SPÖ retten. Er möchte sich als dritter Kandidat gegen Rendi-Wagner und Doskozil der Wahl zum Parteichef stellen. Doch wofür steht der 40-jährige Ökonom?

2014 hat Nikolaus Kowall die Politik vorübergehend verlassen, nun will er zurückkehren. "Ich gebe die SPÖ nicht auf, ebenso wenig den Glauben, dass sie viel stärker verändert werden kann, als wir und andere das bisher erreicht haben", schrieb er damals in seinem Blog. Auch heute scheint ihm an der Partei noch einiges zu liegen. Er will  "dem rechten Populismus Einhalt gebieten" und die "Parteidemokratie in der SPÖ" stärken.

2014 war Nikolaus Kowall, Jahrgang 1982, Chef der "Sektion 8" der Wiener SPÖ. Die Sektion trat immer wieder gegen die Wiener, aber auch die Bundesparteispitze auf. Sie gilt als linker Flügel der SPÖ, der sich für eine Demokratisierung der Partei einsetzt. Bekannt wurde sie spätestens mit dem Wiener Parteitag 2011. Dort brachte die "Sektion 8" einen Antrag für ein Verbot des Kleinen Glücksspiels gegen den Willen der Parteispitze und setzte ihn durch. Einer ihrer größten Erfolge. 2015 zog "Niki" Kowall aber für einen Job nach Deutschland.

Hofer zu Kowall: Chancenlos, aber "Finger in die Wunde"

Ökonom sammelte Erfahrung in Deutschland

Dort zog es den Partei-Rebellen immer wieder hin. Kowall, der in Niederösterreich aufgewachsen ist und schon als Schulsprecher am Gymnasium Lilienfeld bei der Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) andockte, studierte Volkswirtschaft an der WU Wien, machte danach seinen Zivildienst in Argentinien in einem Tagesheim für Straßenkinder und arbeitete in der Kanzlei eines Wiener Wirtschaftsanwalts. Bereits 2011 machte er ein Praktikum in Düsseldorf, wo er für die SPD eine Website über Steuermythen mitaufbaute. Seine Doktorarbeit schrieb er über "Wettbewerbsfähigkeit im Außenhandel", die Ergebnisse wurden selbst von der Wirtschaftskammer veröffentlicht.

Ab 2015 leitete er - wieder in Düsseldorf - die Geschäftsstelle eines Forschungsinstituts, von 2017 bis 2019 war er Vertretungsprofessor für "International Economics" an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Seit 2019 ist er Inhaber einer Stiftungsprofessur der Arbeiterkammer für Internationale Makroökonomie an der Fachhochschule des BFI in Wien. 

Mieterhöhungen "überhaupt nicht gerechtfertigt"

Erst kürzlich trat er in dieser Rolle in einem PULS 24 Interview für eine Mietpreisbremse ein. Er argumentierte wissenschaftlich und in keynesianischer Manier. Eine Bremse würde unten und mittleren Einkommen helfen und die Inflation insgesamt dämpfen. Ohne Bremse würde eine Umverteilung von kleinen und mittleren Unternehmen, dem "hochproduktiven Teil der Wirtschaft", zu Immobilienbesitzern erfolgen. Die Bundesregierung habe mit ihren Teuerungshilfen bisher den oberen Einkommen am meisten "zugeschanzt", kritisierte er.

Mit solchen Argumenten will der Ökonom, der seit 2021 Vizeparteivorsitzende der SPÖ im Wiener Bezirk Alsergrund ist, Wähler:innen - auch von der FPÖ - zurückgewinnen. Die anderen Kandidat:innen würden das nicht schaffen. Doskozil ist für Kowall "selbst nicht frei davon, die rechtspopulistische Klaviatur zu bedienen", er habe "Angst, Hysterie und Paranoia, die nach der Flüchtlingsbewegung 2015 einen neuen Höhepunkt erreichten, politisch ausgeschlachtet".

"Rendi-Wagner kann rechten Populismus nicht aufhalten"

Die aktuelle Vorsitzende Rendi-Wagner hat sich in Kowalls Augen wiederum "inhaltlich nie klar gegen diese Linie gestellt und erst im letzten November wieder einmal Doskozils Linie beim Thema Asyl übernommen", kritisierte Kowall. "Pamela Rendi-Wagner kann den rechten Populismus nicht aufhalten, wie die letzten Jahre verdeutlicht haben." Das Thema Migration sei nicht das einzige, wo man sich den Rechten argumentativ entgegenstellen müsse, aber das dringlichste.

Nikolaus Kowall bei WildUmstritten

Schon bei WildUmstritten Anfang März überlegte Kowall laut, "ob sich nicht doch noch eine dritte Seite findet". Das sei "nicht völlig unwahrscheinlich" sagte er damals. Dass es er selbst sei würde, gab er damals noch nicht bekannt. Er sprach sich jedenfalls - neben der Personaldebatte - auch für eine inhaltliche Diskussion in der SPÖ aus.

Es gebe in der SPÖ bei allen "neuen Fragen" zwei Auffassungen - beim Klima, bei der Migration, bei Verkehr, Corona und in der Außenpolitik, sagte er. Das müsse ausdiskutiert werden, dann solle man schauen, welche Person dazu passe. Geht es nach Kowall, sollte es aber nicht bei einer Urabstimmung in der SPÖ bleiben. Kandidat:innen direkt zu wählen, wäre schließlich "nicht ganz unelegant", sagte er. 

"Ein Ende des Schreckens"

Ob es aber überhaupt dazu kommt, ist noch nicht gewiss. Der Druck aufs Parteipräsidium, die Mitgliederbefragung für mehr als zwei Kandidaten zu öffnen, steigt mit seiner Ankündigung jedenfalls. Die konkreten Rahmenbedingungen für die Mitgliederbefragung sollen bei einer Präsidiumssitzung am morgigen Mittwoch festgelegt werden.

Am Dienstag waren so gut wie alle Fragen zum Ablauf - etwa den Zeitpunkt der Befragung oder ob auch neu eingetragene Mitglieder abstimmen dürfen - offen. Rendi-Wagner wollte am Dienstag vor dem Parteipräsidium nicht näher auf den Ablauf der Mitgliederbefragung eingehen. Alle offenen Fragen sollen in den internen Gesprächen am Mittwoch geklärt werden. 

Kowall jedenfalls hofft auf "ein Ende des Schreckens" statt "Schrecken ohne Ende", wie er bei PULS 24 sagte. Er gibt die SPÖ nicht auf.

Nikolaus Kowall ist am Dienstag gegen 16:30 Uhr im PULS 24 Interview.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Wiener Partei-Rebell Nikolaus Kowall will die SPÖ retten.
  • Er möchte sich als dritter Kandidat der Wahl gegen Rendi-Wagner und Doskozil zum Parteichef stellen.
  • Doch wofür steht der 40-jährige Ökonom?