Hinweis auf Terrorpläne ging ans Heeresnachrichtenamt
Wie Nehammer Donnerstagabend in der "ZiB2" bestätigt hat, gelangten die Informationen im aktuellen Fall über das Heeresnachrichtenamt an den zivilen heimischen Geheimdienst DSN. APA-Recherchen zufolge hat das Heeresnachrichtenamt vor etwa zehn bis 14 Tagen Informationen von zwei befreundeten militärischen Nachrichtendiensten aus dem Ausland bekommen. Diese Informationen sollen noch recht unkonkret gewesen sein, weshalb das Heeresnachrichtenamt weitere Recherchen anstellte und das Ergebnis schließlich der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst übergab, die sich weiter darum kümmerte.
Die FPÖ reagierte am Freitag empört: Wenn das Heeresnachrichtenamt bereits vor zehn bis 14 Tagen von ausländischen Diensten den Gefahrenhinweis bekommen hat, seien Kanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) "endgültig rücktrittsreif", findet FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. "Hätten sie nicht aus Unfähigkeit und politischem Kalkül ein bis zwei Wochen zugewartet, dann hätten die zigtausenden Fans das Taylor-Swift -Konzert besuchen können." Denn dann hätte der Hauptverdächtige mit seinen Komplizen schon längst aus dem Verkehr gezogen werden müssen und nicht erst am Tag vor dem Konzert, als auch schon Menschen vor dem Ernst-Happel-Stadion waren, meinte Schnedlitz und verlangte eine Erklärung, "warum so lange zugewartet wurde und ob eiskaltes politisches Kalkül der Hintergrund dafür war".
Das österreichische Bundesheer verfügt über zwei Geheimdienste: das Abwehramt und das Heeresnachrichtenamt. Das Abwehramt agiert grundsätzlich im Inland und ist zuständig für alles, was militärische Rechtsgüter des Bundesheers betrifft. Aufgabe des Abwehramtes ist es beispielsweise, zu verhindern, dass radikale Personen ins Heer kommen.
Das Heeresnachrichtenamt wiederum ist zuständig für die strategische Auslandsaufklärung und soll der obersten politischen und militärischen Führung als Frühwarnorganisation dienen. Es ist überall dort tätig, wo österreichische Soldaten im Auslandseinsatz sind, aber auch dort, wo österreichische - nicht nur militärische - Interessen im Ausland vorhanden sind. Das Heeresnachrichtenamt prüft zum Beispiel vor einem neuen Auslandseinsatz des Bundesheers die Lage vor Ort.
Die Arbeit der Nachrichtendienste des Bundesheeres verläuft fast ausschließlich abseits der öffentlichen Wahrnehmung, mit medialen Auftritten hält man sich grundsätzlich zurück. Diese Verschwiegenheit gilt als wichtigste Währung im Informationsaustausch mit anderen Nachrichtendiensten. Da militärische Nachrichtendienste ausschließlich mit anderen militärischen Diensten (und keinen zivilen Nachrichtendiensten) kommunizieren, soll das Heeresnachrichtenamt auch nie vom zwischenzeitlich schlechten Image des österreichischen Geheimdienstes betroffen gewesen sein.
Die DSN dagegen musste sich ihren Ruf bei anderen Nachrichtendiensten erst wieder erarbeiten, denn ihr Vorgänger, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), war nach Skandalen in den vergangenen Jahren zunehmend international isoliert, ausländische Partnerdienste waren bei der Informationsweitergabe zurückhaltend. Das BVT wurde 2021 im Zuge einer Reform als Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst neu aufgestellt.
Seit der Reform konnte die nunmehrige DSN das Image wieder ein bisschen verbessern, befand Geheimdienstexperte Siegfried Beer am Freitag im Gespräch mit der APA. "Sie sind auf einem guten Weg." Allerdings sei das in diesem sensiblen Geschäft eine Frage der Zeit, "da muss man sich beweisen" und zeigen, dass man anders arbeite als die Vorgängerbehörde und dass man gute, qualifizierte Kräfte habe, meinte Beer. So müsse man auch ausländischen Diensten zuarbeiten, "das ist ein 'give and take'". Die Kooperation der österreichischen Nachrichtendienste untereinander sei mittlerweile jedenfalls besser als früher.
Zum konkreten Fall ist Beer nicht in die Details eingeweiht, als langjähriger Experte scheint ihm allerdings die Absage der drei Konzerte "übertrieben". Er sei "sehr, sehr skeptisch", ob die Verdächtigen überhaupt in der Lage gewesen wären, wirklich einen Terroranschlag auszuführen, denn für so etwas seien akribische Planung und eine Vielzahl an Fähigkeiten notwendig, und den beiden jungen Männern "traue ich das überhaupt nicht zu". So glaubt Beer denn auch, dass man die Kapazitäten der Sicherheitsbehörden nicht richtig eingeschätzt habe und die Konzerte durchaus stattfinden hätten können. "Ich traue den Sicherheitsorganen zu, dass sie das geschafft hätten."
Zusammenfassung
- Die FPÖ kritisierte die Regierung scharf und forderte den Rücktritt von Kanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner, da die Hinweise bereits zehn bis 14 Tage vor den Konzerten vorlagen.
- Geheimdienstexperte Siegfried Beer äußerte Zweifel an der Notwendigkeit der Konzertabsagen und der tatsächlichen Bedrohung durch die Verdächtigen.