Fürst an Bundes-SPÖ: "Nicht vom Statut treiben lassen"
Die Bundes-SPÖ ist seit mehreren Wochen mit sich selbst beschäftigt. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kämpft um den Verbleib an der Parteispitze, der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil möchte sie ablösen. Beide Lager waren am Dienstag im PULS 24 Talk "Pro und Contra" vertreten: auf der einen Seite die Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim, die Rendi-Wagner unterstützt, auf der anderen Seite der burgenländische SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst, naturgemäß ein loyaler Verfechter des Doskozil-Kurses.
Fürst konnte an dem losgetretenen Bewerbungsprozess - letztlich wollten sich 72 Personen und eine Giraffe (Spaßbewerbung von "Krone"-Journalist Michael Pommer) der SPÖ-Mitgliederbefragung stellen - auch Positives erkennen. "Die Sozialdemokratie hat sich jetzt für einen historisch einmaligen Prozess entschieden, wo eine Vorsitzende oder ein Vorsitzender von den Mitgliedern - dem höchsten Souverän der Bewegung - gewählt wird", sagte der Landespolitiker.
Zugleich ärgerte sich Fürst über die Haltung der Bundespartei. "Die erste große Kritik ist, die Befragung ist nicht bindend", kritisierte er. "Ich verstehe nicht, warum man sich nicht committet und sagt: Wer Erste oder Erster wird, wird am Parteitag vorgeschlagen. Punkt. Und alle haben sich hinter dem oder der zu versammeln."
Yildirim: "An die Regeln halten"
Yildirim pochte auf die Regeln im SPÖ-Statut, wonach eine Mitgliederbefragung für die Entscheidung über die Parteiführung nicht bindend sei. Laut Statut muss die Kür auf einem Parteitag erfolgen. "Demokratie funktioniert nur, wenn sich alle an die Regeln halten", betonte Yildirim. "Das ist jetzt die Frage, ob wir uns von einem Statut treiben lassen", konterte Fürst. Er plädierte bei der Findung der/des neuen Vorsitzenden für mehr Flexibilität.
Moderatorin Gundula Geiginger fragte Yildirim auch, ob Rendi-Wagner trotz der Attacken auf sie bei der kommenden Nationalratswahl noch Platz eins holen könne. "Davon bin ich zutiefst überzeugt", sagte Yildirim, die auch SPÖ-Präsidiumsmitglied ist, mit Hinweis auf deutlich bessere Umfragewerte im vergangenen Sommer.
Fußi beobachtet Demokratie-"Karikatur"
Politikberater Rudolf Fußi, der seit kurzem wieder SPÖ-Mitglied ist, warf der Partei bei der Klärung ihrer Führungsfrage einen "lächerlichen Prozess" vor. Zuerst habe es nach einem Duell zwischen Rendi-Wagner und Doskozil ausgesehen, dann habe die Parteichefin einen Sonderparteitag gefordert, Burgenlands Landeshauptmann hingegen einen Mitgliederentscheid, fasste Fußi die Chronik zusammen. Die Frage, ob die Mitgliederbefragung bindend sein wird oder nicht, sei unklar beantwortet worden.
Zuletzt hatte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch im Gespräch mit PULS 24 das Ergebnis der kommenden Mitgliederbefragung nur als "Stimmungsbild" bezeichnet. Sprich: als nicht absolut bindend für die Delegierten am folgenden Parteitag. "Das ist eine Karikatur von Demokratie", ärgerte sich Fußi bei "Pro und Contra". Er forderte von der SPÖ einen transparenten Prozess mit Hearings der Kandidat:innen, in denen Programme präsentiert werden, und einer finalen Stichwahl.
Jungwirth sieht Obfrau beschädigt
Michael Jungwirth, Leiter des Wien-Büros der "Kleinen Zeitung", vermutete, dass weder Rendi-Wagner noch der - als Parteilinker geltende - Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler bei Nationalratwahlen die SPÖ wieder ins Kanzleramt führen könnten. Dies traue er am ehesten Doskozil zu.
Zusammenfassung
- Beim PULS 24 Talk "Pro und Contra" stritten der burgenländische SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst und die Abgeordnete Selma Yildirim aus dem Rendi-Wagner-Lager über den besten Weg zur Entscheidung über die SPÖ-Spitze.
- Politikberater Fußi sah einen "lächerlichen Prozess".