HTS-Militärchef zu Syriens Verteidigungsminister ernannt
Abu Kasra spielte beim Sturz des langjährigen syrischen Herrschers Bashar al-Assad eine wichtige Rolle. HTS-Kämpfer und mit ihr verbündete Milizen waren vom Norden aus unglaublich schnell auf Damaskus zugerückt und hatten die brutale Herrschaft Assads am 8. Dezember beendet.
Abu Kasra hatte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP Mitte Dezember angekündigt, dass die HTS-Kämpfer in die regulären Streitkräfte eingegliedert würden. Er betonte zudem, dass die neue Staatsmacht ihre Kontrolle auch auf die halb-autonome Kurdenregion im Nordosten ausdehnen werde. Er kritisierte auch die wiederholten Angriffe Israels auf syrischem Gebiet.
Der neue De-facto-Herrscher in Syrien ist HTS-Chef Ahmed al-Sharaa, der zuvor unter seinem Kampfnamen Mohammed al-Jolani aufgetreten war. Der Übergangsregierungschef bis März ist Mohammad al-Bashir, der zuvor schon in der abtrünnigen Provinz Idlib im Nordwesten der Regierungschef war.
Die von Islamisten dominierte Übergangsregierung in Syrien verlieh zudem wichtige offizielle Posten an Frauen. Mouhzina al-Mahithaui wurde laut SANA zur Gouverneurin der Provinz Suwayda im Süden des Landes ernannt. Die Angehörige der drusischen Gemeinde studierte an der Universität Damaskus und leitete zuvor eine größere Bank in der Provinz Suwayda, aus der sie auch stammt.
Aiham al-Shoufi, eine Aktivistin in der Region, bezeichnete al-Mahithaui als eine der führenden Figuren in den Protesten gegen die inzwischen gestürzte Regierung von Machthaber Bashar al-Assad. Sie sei "eine der ersten Frauen bei der friedlichen Bewegung in der Provinz Suwayda gegen die Regierung" gewesen. Trotz Schikanen der Regierung habe sie sich dabei nicht vom Weg abbringen lassen, sagte al-Shoufi der Deutschen Presse-Agentur.
Bereits zuvor war aus Zentralbankkreisen verlautet worden, die schon für die Organisation tätige Maysaa Sabrine solle vorläufig "die Geschäfte führen". Die Finanzexpertin war bereits seit 2018 die erste Stellvertreterin des Gouverneurs der syrischen Zentralbank gewesen.
Es gibt nun bereits drei Frauen aufhöheren offiziellen Posten rund um die Übergangsregierung. Auch das Büro für Frauenangelegenheiten hat mittlerweile eine Leiterin. Diese sorgte freilich gleich für Aufregung. Sie sagte dem türkischen Fernsehsender TRT, Frauen sollten sich nicht "ihrer von Gott gegebene Natur" widersetzen, insbesondere "ihrer erzieherischen Rolle in der Familie".
Die Islamisten in Damaskus sind aber offenbar um ein moderates, demokratisches Image bemüht. Der syrische Außenminister Assaad Hassan al-Shibani versuchte, die von der Aussage ausgelösten Wogen zu glätten. Im Onlinedienst X versicherte er, dass die Behörden "an der Seite" der Frauen stünden und "ihre Rechte voll unterstützen".
Der Sicherheitschef des Iran, Ali Akbar Achmadian, drohte unterdessen mit neuen Gruppen, die in Syrien entstehen würden, um gegen Israel zu kämpfen, wie die iranische Nachrichtenagentur IRNA berichtete. Ein neuer Widerstand sei in Syrien geboren, der sich in den kommenden Jahren zeigen werde. Der Iran als Unterstützer von Assad hatte durch den Sturz des syrischen Herrschers selbst massiv an Einfluss in der Region eingebüßt.
Frankreich gab unterdessen bekannt, zwei Stellungen der islamistischen Miliz Islamischer Staat (IS) in Syrien bombardiert zu haben. Verteidigungsminister Sébastien Lecornu teilte im Onlinedienst X am Dienstag mit, Rafale-Jagdflugzeuge hätten insgesamt sieben Bomben auf IS-Stellungen in Zentralsyrien abgeworfen. Der letzte Angriff auf IS-Stellungen durch Frankreich, das Teil der internationalen Anti-IS-Koalition ist, hatte im September 2022 stattgefunden. Die westlichen Länder wollen vermeiden, dass der IS nach dem Sturz von Assad wieder an Kraft gewinnt.
Im Norden Syriens töteten pro-türkische Kämpfer unterdessen drei kurdische Sicherheitskräfte. Sie griffen ihren Kontrollposten in der Stadt Aleppo auch mit einer Drohne an, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und kurdische Sicherheitskräfte mitteilten. Laut Beobachtungsstelle wurden zudem sieben Kurden schwer verletzt. Es war demnach die erste derartige Attacke in dem Gebiet seit dem Sturz Assads, in anderen Gebieten im Norden Syriens gibt es seit Wochen heftige Kämpfe zwischen kurdischen Sicherheitskräfte und pro-türkischen Milizen.
Der deutsche EU-Diplomat Michael Ohnmacht traf den Außenminister der syrischen Übergangsregierung, Asaad Hassan al-Shaibani. Ohnmacht habe betont, dass die Sicherheit, Einheit und Unabhängigkeit der syrischen Gebiete wiederhergestellt werden müsse, teilte das syrische Außenministerium mit.
Die EU unterstütze dabei einen friedlichen Machtwechsel. Minister al-Shaibani forderte demnach stärkere diplomatische Beziehungen zur Europäischen Union und den Beginn eines neuen Kapitels nach dem Sturz der syrischen Regierung von Machthaber Bashar al-Assad.
Ohnmacht hatte schon vor zwei Wochen erste Gespräche mit Vertretern der neuen Machthaber in Syrien geführt. Ziel der Gespräche sei es, mit den neuen Behörden in Kontakt zu treten, ihre Pläne zu verstehen und eigene Botschaften zu platzieren, hieß es damals. Die EU hält unter anderem für wichtig, dass die neue syrische Regierung - die aus der islamistischen Rebellengruppe HTS hervorgeht - auch die Rechte von Minderheiten und Frauen berücksichtigt.
Zusammenfassung
- Murhaf Abu Kasra, 41, wurde zum syrischen Verteidigungsminister ernannt, nachdem er eine Schlüsselrolle beim Sturz von Bashar al-Assad am 8. Dezember spielte.
- Die HTS plant, ihre Kämpfer in die regulären Streitkräfte zu integrieren und die Kontrolle auf die Kurdenregion im Nordosten auszuweiten.
- Drei Frauen, darunter Mouhzina al-Mahithaui als Gouverneurin von Suwayda, erhielten wichtige Posten in der Übergangsregierung.
- Frankreich bombardierte zwei IS-Stellungen in Syrien mit sieben Bomben, um ein Wiedererstarken der Miliz zu verhindern.
- Pro-türkische Kämpfer töteten drei kurdische Sicherheitskräfte in Aleppo, was die erste derartige Attacke seit dem Sturz Assads darstellt.