Klenk zu den Sidelettern: "Was oben paktiert wird, wird unten auch gelebt"
Nachdem bekannt wurde, dass es neben den offiziellen Koalitionsabkommen zwischen ÖVP und FPÖ und zwischen ÖVP und den Grünen noch geheime Sideletter gibt, entbrannte eine heftige Diskussion über mutmaßlichen Postenschacher und Besetzungen nach Parteibuch.
Die Politik-Insider: Wie viel wird im Geheimen paktiert?
Daniela Kittner, Innenpolitik-Ressortleiterin beim "Kurier" sagt, dass es auch schon zur Zeit der großen Koalitionen Sideletter gegeben habe - sie hätten aber einen anderen Charakter gehabt, weil etwa der "ORF" ohnehin schon "eingeschwärzt" oder "eingerötet" war. Dieses System gebe es so jetzt nicht mehr, es werde von der ÖVP aber weiterpraktiziert. Die ÖVP praktiziere das in größerem Ausmaß, weil sie die meisten Ministerien besetze.
"Falter"-Chefredakteur Florian Klenk merkt an, dass im Sideletter von ÖVP und Grünen weniger konkrete Namen genannt werden als im Sideletter von ÖVP und FPÖ. "Aber natürlich ist das peinlich", sagt Klenk in Richtung der Grünen, rechnet Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) aber an, dass sich dieser entschuldigt hat.
"Die Partei hat ein Problem mit Korruption"
Dennoch hätten die Grünen eine andere Möglichkeit gehabt, sagt Daniela Kittner. Der Effekt davon, dass sie nicht anderes taten, sei beim ORF etwa, dass sich niemand anderes beworben hätte. "Jeder hat gewusst, dass das nur Scheinbewerbungen sind [...], da hätten die Grünen nicht mitmachen dürfen", so Kittner. Es würden sich nicht die besten bewerben, wenn nach Parteibuch entschieden werde. Das sei auch ein Problem in der Verwaltung, wo man aber "gute Leute" brauchen würde, wie die Pandemie zeige. Zudem gehe Vertrauen in Justiz und Polizei verloren.
Klenk verweist auf die BMI-Chats, die Postenbesetzungen bei der Polizei nach Parteibuch nachweisen würden, auf die Studien im Finanzministerium und auf die Chats von Thomas Schmid in der Causa Siegfried Wolf, wo Schmid einem Beamten schrieb: "Wir sind die Hure der Reichen". "Die Partei hat ein Problem mit Korruption", schlussfolgert Klenk über die ÖVP. "Was oben paktiert wird, wird unten auch gelebt" - die Korruption setze sich auf Beamtenebene fort. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) wäre aber eine "historische Figur", wenn er das Antikorruptionsvolksbegehren umsetzen würde, so Klenk.
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"Kann den Herrn Hanger nicht ernst nehmen"
ÖVP-Abgeordneter Andreas Hander kündigte zuletzt Besserung an. "Ich kann den Herrn Hanger nicht ernst nehmen", sagt Klenk dazu. Hanger hätte gegen Korruptionsermittler "geschossen" und rote und linke Netzwerke in der Justiz gesehen. "Jetzt, wo alles offen liegt, will er sauber werden", das sei für Klenk nicht glaubwürdig.
"Der ÖVP fällt das voll auf den Kopf", sagt Kittner, zudem würden Wahlen in Niederösterreich anstehen. Es gebe laut der "Kurier"-Innenpolitik-Chefin also "Zeichen" dafür, dass die ÖVP jahrelange Blockaden etwa bei der Informationsfreiheit aufheben könnte.
Zusammenfassung
- Bei den "Politik-Insidern" diskutierten "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk und "Kurier"-Innenpolitik-Ressortleiterin Daniela Kittner über die geheimen Koalitionsabsprachen zwischen ÖVP und Grünen.
- Daniela Kittner sagt, dass es auch schon zur Zeit der großen Koalitionen Sideletter gegeben habe - sie hätten aber einen anderen Charakter gehabt, weil etwa der "ORF" ohnehin schon "eingeschwärzt" oder "eingerötet" war.
- Dieses System gebe es so jetzt nicht mehr, es werde von der ÖVP aber weiterpraktiziert. Die ÖVP praktiziere das in größerem Ausmaß, weil sie die meisten Ministerien besetze.
- "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk merkt an, dass im Sideletter von ÖVP und Grünen weniger konkrete Namen genannt werden als im Sideletter von ÖVP und FPÖ. "Aber natürlich ist das peinlich".
- Das sei auch ein Problem in der Verwaltung, wo man aber "gute Leute" brauchen würde, wie die Pandemie zeige. Zudem gehe Vertrauen in Justiz und Polizei verloren, so Kittner.
- "Was oben paktiert wird, wird unten auch gelebt" - die Korruption setze sich auf Beamtenebene fort. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) wäre aber eine "historische Figur", wenn er das Antikorruptionsvolksbegehren umsetzen würde, so Klenk.