Finanzgipfel sucht Antworten auf Armut und Klimakrise
UNO-Generalsekretär António Guterres sagte bei dem Treffen, man müsse nicht auf eine große Reform warten, sondern könne bereits jetzt Maßnahmen ergreifen und einen riesigen Schritt hin zu globaler Gerechtigkeit gehen. Bei dem von Macron initiierten zweitägigen Treffen geht es um Beratungen zu einem solidarischeren Finanzsystem. Bindende Entscheidungen dürften nicht getroffen werden, erwartet wurde aber ein Leitfaden zur Überwindung der wachsenden Kluft zwischen den Industriestaaten und den Ländern des globalen Südens, die von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen sind.
Wie Macron vor dem Treffen sagte, geht es um eine Reform des Finanzsystems mit der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie öffentlichen und privaten Fonds, um sich der doppelten Herausforderung von Armut und Klimawandel zu stellen.
In einem gemeinsamen Beitrag zum Pariser Gipfel betonten 13 Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Präsident Joe Biden, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie der britische Premier Rishi Sunak, ihren Einsatz zur Verbesserung des Wohlergehens der Weltbevölkerung. "Wir sind davon überzeugt, dass ein gerechter ökologischer Wandel, der niemanden zurücklässt, ein wichtiger Faktor bei der Armutsbekämpfung und der Unterstützung einer nachhaltigen und solidarischen Entwicklung sein kann." Dazu müssten überall auf der Welt langfristige Investitionen getätigt werden und für hoch verschuldete Länder Lösungen gefunden werden.
Um Armut zu bekämpfen und den Klimawandel zu bewältigen, müssten innovative Finanzierungen gefunden, Schuldenrückkäufe vorgenommen und die Sektoren in die Pflicht genommen werden, die von der Globalisierung am meisten profitiert haben. "Solidarität und gemeinsames Handeln stehen im Mittelpunkt unserer Zusammenarbeit, um die Schwierigkeiten der Entwicklungsländer zu mildern und unsere globalen Ziele zu erreichen", hieß es in der von der Zeitung "Le Monde" veröffentlichten Erklärung.
Konkret geht es bei dem Gipfel um Investitionen in vom Klimawandel besonders betroffene Länder. Macron pochte angesichts steigender Ungleichheit auf deutlich mehr öffentliche und private Gelder. Bisher werde in beiden Bereichen nicht genug getan. "Ohne den Privatsektor werden wir diese Herausforderung nicht meistern."
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher vertrat Bundeskanzler Karl Nehammer (beide ÖVP) bei dem Summit. "Um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, bedarf es nicht nur öffentlicher Investitionen, sondern auch entscheidender Anreize für privates Kapital", sagte Kocher am Donnerstag laut Aussendung. "Indem wir einen Rahmen schaffen, der private Unternehmen dazu ermutigt, nachhaltige Lösungen zu entwickeln und zu finanzieren, können wir das volle Potenzial des Unternehmertums und der Innovation nutzen."
Die Entwicklungsorganisation One verlangte von dem Treffen, wirtschaftsschwache Länder müssten leichter Geld zur Bewältigung von Krisen erhalten. Bisher seien die Bedingungen der Kreditvergabe für diese Länder oftmals unfair reguliert. Die Bundesregierung müsse bei Reformen von Entwicklungsinstitutionen wie der Weltbank Druck machen.
Auch der Umgang mit Schulden wird auf dem Gipfel diskutiert. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte im Sender RFI, die Schulden in extrem armen Ländern mit zu heftigen Schulden müssten umstrukturiert werden. "Das wollen wir gemeinsam mit unseren chinesischen Partnern machen." Derzeit sei man mit Blick auf Sri Lanka und Sambia nahe daran, eine Einigung zu finden.
Frankreich hatte gemeinsam mit Japan und Indien eine Verhandlungsplattform unter den Gläubigerstaaten Sri Lankas ins Leben gerufen. Im April war jedoch noch unklar, ob sich China als größter bilateraler Gläubiger dem Prozess anschließen werde. Sri Lanka hatte zum vergangenen September Auslandsschulden in Höhe von 35,1 Milliarden Dollar (31,9 Mrd. Euro). 19 Prozent davon entfielen nach Angaben des japanischen Finanzministeriums auf China, sieben Prozent auf Japan und fünf Prozent auf Indien.
Ein altes Versprechen der G-20-Staaten an ärmere Staaten ist nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) endlich eingelöst: "Wir erreichen das Ziel, wir haben 100 Milliarden", sagte IWF-Chefin Kristalina Georgieva am Donnerstag in Paris bei einem Klimagipfel. Die G20-Staaten hatten 2021 versprochen, sogenannte Sonderziehungsrechte im Wert von 100 Milliarden Dollar für ärmere Länder umzuwidmen, damit diese sich besser gegen die Folgen des Klimawandels wappnen können.
Dieses Versprechen war bisher nicht umgesetzt worden. Sonderziehungsrechte (SZR) wurden vom IWF bereits 1969 geschaffen und unter anderem in der Finanzkrise 2009 und während der Corona-Pandemie eingesetzt. Sie stellen eine Art künstliche Währungsreserve dar. Die Premierministerin des karibischen Inselstaates Barbados, Mia Mottley, hatte sich dafür eingesetzt, dieses Instrument für den Klimaschutz zu nutzen. Daneben gibt es ein weiteres Versprechen, das auf die Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 zurückgeht. Demnach sollten Entwicklungsländer bereits ab 2020 jährlich 100 Milliarden für den Klimaschutz erhalten. Dies wurde bisher nicht umgesetzt.
UNO-Generalsekretär António Guterres sagte bei dem Treffen, die Liste, der Dinge, die man machen könne, sei lang. Man müsse nicht auf eine große Reform warten, sondern könne bereits jetzt Maßnahmen ergreifen und einen riesigen Schritt hin zu globaler Gerechtigkeit gehen.
In der Corona-Pandemie sind die Schulden zahlreicher armer Staaten explodiert. Weil nun die Zinsen deutlich steigen, droht vielen davon der Kollaps. Eine wichtige Rolle bei geplanten Hilfen spielt die Weltbank. Sie kündigte Maßnahmen an, um Ländern im Falle von Naturkatastrophen entgegenzukommen. Dafür sprach sich auch US-Finanzministerin Janet Yellen aus.
Der neue Weltbank-Chef Ajay Banga will bei einer Rede am Donnerstag laut Manuskript mehrere Möglichkeiten aufzeigen, um Entwicklungsländern stärker zu helfen. Dazu gehörten die Aussetzung von Schuldentilgungen oder mehr Flexibilität bei plötzlichen Katastrophen. Es sei Zeit für eine neue Vision der Weltbank, einer in Washington ansässigen Entwicklungsbank, deren größter Anteilseigner die USA sind. Banga verwies zur Begründung auf den Krieg in der Ukraine, die Klimakrise und die zunehmende Ungleichheit in der Welt.
In einem Reuters vorliegenden Entwurf einer Gipfelerklärung hieß es, die Staats- und Regierungschefs wollten sich hinter Pläne stellen, dass Entwicklungsbanken mehr Kapital einsetzen sollten. So könnten mehr Kredite an arme Länder vergeben werden, solange dadurch nicht die Top-Bonitätsnote "AAA" verloren gehe. Verbindliche Entscheidungen bei dem Gipfeltreffen werden Insidern zufolge allerdings nicht erwartet. Es dürfte eher auch starke Bekenntnisse zur Unterstützung armer Länder hinauslaufen.
Zusammenfassung
- Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mahnte zum Auftakt: "Kein Land sollte zwischen der Reduzierung der Armut und dem Schutz des Planeten wählen müssen."
- UNO-Generalsekretär António Guterres sagte bei dem Treffen, man müsse nicht auf eine große Reform warten, sondern könne bereits jetzt Maßnahmen ergreifen und einen riesigen Schritt hin zu globaler Gerechtigkeit gehen.
- In der Corona-Pandemie sind die Schulden zahlreicher armer Staaten explodiert.