Familienministerin Raab blockt bei Wohnsitzauflage ab
Man habe sich in mehreren Studien die Gründe angesehen, warum Asylwerber bzw. -berechtigte nach Wien kommen, berichtete Raab. Dabei spiele einerseits die bestehende Community eine Rolle, meinte Raab. Auf der anderen Seite sei aber auch die Höhe der Sozialleistungen ein Faktor für die sogenannte Sekundärmigration. Wenn Wien höhere Sozialhilfe als andere Bundesländer auszahle, führe dies zum stärkeren Zuzug von Flüchtlingen innerhalb Österreichs.
Debattieren möchte Raab aber nicht, wo man Flüchtlinge am längsten in der Sozialhilfe halte, sondern wie man sie am schnellsten in den Arbeitsmarkt überführe. Sie frage sich, warum es nicht möglich sei, Migranten in den Westen auf einen Arbeitsplatz im Tourismus oder in der Gastronomie zu vermitteln. Erneut sprach sie sich auch dafür aus, die volle Höhe von Sozialleistungen erst nach fünf Jahren Aufenthalt auszuzahlen.
Die Bundeshauptstadt hat zuletzt wiederholt beklagt, dass der Familiennachzug das Bildungssystem unter Druck bringt. Aufgrund der stark gestiegenen Anzahl an Familienzusammenführungen kamen vermehrt Kinder im schulpflichtigen Alter nach Wien.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekräftigte indes am Dienstag die von NEOS und SPÖ in der Bundeshauptstadt erhobene Forderung. Wien habe Verantwortung übernommen, gab er in einer Pressekonferenz zu bedenken. Man erwarte sich aber eine entsprechend gerechte Verteilung - also das, was Österreich auch auf Ebene der EU verlange. Der Bund habe die Kompetenz in dem Themenfeld. Man dränge aber auch auf Solidarität der anderen Bundesländer, "die sich da auch nicht zurücklehnen können".
Man werde nicht auf Dauer die Verantwortung für ganz Österreich tragen können, meinte Ludwig. Vorwürfe, wonach Wien höhere Sozialleistungen auszahle und so für verstärkte Zuwanderung nach Wien sorge, wies der Bürgermeister zurück. Das betreffe lediglich Leistungen für Kinder, da man Kinderarmut verhindern wolle. "Sonst liegen wir bei allen anderen Leistungen und Sozialhilfen im Schnitt. Es gibt Bundesländer, die sind in manchen Bereichen sogar höher", versicherte der Bürgermeister.
Man werde das weiter ansprechen, kündigt Ludwig an. Wien dränge auch schon seit geraumer Zeit auf eine gerechte Verteilung. "Man hat manchmal den Eindruck, es gibt durchaus den gewünschten Effekt, in Wien Probleme zu verursachen." Sonst könne man sich nicht erklären, warum von Seite des Bundes keine großen Aktivitäten gesetzt würden. "Wir in Wien haben das nie parteipolitisiert", beteuerte er. Es werde nun aber nicht weiter möglich sein, dass sich die Verantwortlichen zurücklehnen und Wien dann in die "Auslage" stellen, sagte Ludwig.
Harsche Kritik an der Forderung, die gestern auch im Gemeinderat mittels rot-pinker Resolution erhoben worden ist, kam von den Grünen. "Das Vorhaben einer Wohnsitzauflage ist grundrechtlich höchstproblematisch, weil es die Bewegungsfreiheit einschränkt und daher geflüchtete Menschen diskriminiert", hielt die Wiener Parteichefin Judith Pühringer in einer Aussendung fest. Das wahre Problem sei, dass die restlichen Bundesländer ihre Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen seit Jahren bei weitem nicht erfüllen würde.
Zusammenfassung
- Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) lehnt die von Wien geforderte Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge ab und kritisiert die Bundeshauptstadt für ihre Sozialpolitik.
- Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verteidigt die Sozialleistungen Wiens, insbesondere zur Bekämpfung der Kinderarmut, und verlangt eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Österreich.
- Die Grünen kritisieren die Wohnsitzauflage als grundrechtlich problematisch und bemängeln, dass andere Bundesländer ihre Aufnahmequoten für Flüchtlinge nicht erfüllen.