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Fahrplan: So geht es nach der Nationalratswahl weiter

Nach der Nationalratswahl sind Parteien und Bundespräsident am Zug. Nun wird neben parteiinternen Beratungen auch zwischen Obmänner und -frauen beratschlagt. Am Ende soll eine mehrheitsfähige Regierung stehen - doch was muss bis dahin passieren?

Rund 6,36 Millionen Wahlberechtigte hatten am Sonntag die Möglichkeit, den Nationalrat neu zu wählen. Die FPÖ, die sich schon in Umfragen seit Monaten eisern auf der Eins hielt, ging als Wahlsieger hervor. Die ÖVP landete auf Platz Zwei, die SPÖ erstmals weit abgeschlagen auf Platz Drei. Schon kurz nach den ersten Hochrechnungen begannen zahlreiche Medien mögliche Koalitionen zusammenzustöpseln.

Das Ziel für den Rest des Jahres ist es, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Schon am Mittwoch wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Startschuss für die Formalitäten rund um eine neue Regierung geben. Ein Überblick über den Fahrplan bis zur neuen Regierung. 

1. Türkis-Grün bietet Rücktritt an

Wie üblich wird die Bundesregierung mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) an der Spitze Van der Bellen ihren Rücktritt anbieten. Am Mittwoch wird der Bundespräsident sie entheben und anschließend mit der Weiterführung der Verwaltung betrauen. Sie bleibt dann im Amt, bis eine neue Regierung steht.

2. Endgültiges Ergebnis wird bekanntgegeben 

Zu Mitternacht verkündete am Sonntag das Innenministerium das vorläufige Ergebnis der Nationalratswahl. Das endgültige Ergebnis wird am 16. Oktober stehen. Die Bundeswahlbehörde verkündet dann offiziell, welche Parteien die 4-Prozent-Hürde übersprungen oder ein Grundmandat erreicht haben. Außerdem beginnt die vierwöchige Frist, in der das Wahlergebnis angefochten werden kann. 

3. Van der Bellen spricht mit Parteichefs

Anschließend führt der Bundespräsident Gespräche mit den Spitzenkandidaten und -kandidatinnen aller Parteien. Sie werden in der Reihenfolge ihres Wahlergebnisses in die Hofburg eingeladen - den Anfang wird also FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl machen, als Letzter kommt Grünen-Chef Werner Kogler.

Konkrete Termine gibt es noch keine. Laut einer Pressemitteilung soll die erste Runde der Gespräche allerdings voraussichtlich Anfang kommender Woche beendet sein. Zuvor besprechen die Parteien das Wahlergebnis und ihr weiteres Vorgehen intern - am heutigen Montag und am Dienstag finden in allen Parlamentsparteien Gremiensitzungen statt.

Video: Österreich hat gewählt

4. Van der Bellen gibt Regierungsauftrag 

Üblicherweise betraut der Bundespräsident danach den Spitzenkandidaten oder die Spitzenkandidatin der stärksten Partei mit der Regierungsbildung. Dieser Auftrag ist - anders als etwa die Ernennung des Bundeskanzlers durch den Bundespräsidenten - nicht in der Verfassung festgelegt, sondern gelebte Praxis.

Unklar ist, wie Van der Bellen nach dem Wahlsieg der FPÖ vorgehen wird, hat er doch in der Vergangenheit verlauten lassen, Parteichef Kickl in diesem Fall nicht automatisch einen Regierungsbildungsauftrag zu erteilen. Wen er beauftragen wird, hat er auch in seiner Rede am Wahlsonntag offen gelassen, und betont, darauf achten zu wollen, dass die Grundpfeiler der liberalen Demokratie bei der Regierungsbildung respektiert werden.

5. Parteien sondieren 

Anschließend finden Sondierungsgespräche zwischen den Parteien statt. Dabei wird ausgelotet, zwischen welchen Parteien, die miteinander über eine Mehrheit im Nationalrat verfügen, eine Zusammenarbeit möglich ist. Minderheitsregierungen sind zwar grundsätzlich möglich, kamen in Österreich seit Anfang der 1970er-Jahre aber nie vor.

Sind die Gespräche erfolgreich, wird ein Regierungsprogramm erstellt. Der neue Bundeskanzler schlägt dem Bundespräsidenten dann seine Regierungsmitglieder vor. Wenn dieser den Vorschlag annimmt, wird die neue Bundesregierung angelobt.

Im Schnitt dauert die Regierungsbildung in Österreich 62,4 Tage. Sollte die oben genannte Dreierkoalition im Raum stehen, könnte es noch länger dauern. Auch Van der Bellen kündigte am Sonntag in einer Rede an, dass die Gespräche länger dauern könnten. 

6. Nationalrat konstituiert sich 

Einen konkreten Termin gibt es mit dem 24. Oktober für die konstituierende Sitzung des neuen Nationalrates. Bis dahin bleibt er in seiner aktuellen Besetzung im Amt, Sitzungen hält er nach der Wahl üblicherweise keine ab. In der ersten Nationalratssitzung werden die Abgeordneten angelobt und u.a. die drei Präsidenten oder Präsidentinnen des Nationalrats gewählt.

Die Klubbildung im Nationalrat muss spätestens einen Monat nach der konstituierenden Sitzung bekanntgegeben werden.

Was passiert, wenn sich keine Koalition ergibt? 

Sollte sich nach den Sondierungsgesprächen keine mehrheitsfähige Koalition ergeben, gibt es mehrere Möglichkeiten. 

1. Neuwahlen 

Sollte sich nun keine mehrheitsfähige Koalition finden, wären wohl Neuwahlen der einfachste Ausweg. Dafür reicht ein Beschluss mit einfacher Mehrheit im Nationalrat aus. Sollte der Fall von Neuwahlen tatsächlich eintreten, könnte Van der Bellen eine Expert:innenregierung ernennen, wie auch schon 2019. 

2. Minderheitsregierung

Sollten die Parteien daran scheitern, eine Koalition zu bilden, gibt es noch die Möglichkeit einer Minderheitsregierung. Sie braucht allerdings für jedes Vorhaben eine weitere Partei im Parlament, um etwa für Gesetzesbeschlüsse eine Mehrheit zu finden. Der Nachteil ist, dass diese Variante wenig Stabilität verspricht. 

Nach derzeitigem Ergebnisstand würde sich nur mit der FPÖ eine stabile Zwei-Parteien-Mehrheit ausgehen. Möglich sind daher FPÖ-ÖVP oder FPÖ-SPÖ.  Nach derzeitigem Auszählungsstand hätten ÖVP und SPÖ eine äußerst knappe Mehrheit, die wahrscheinlich sehr instabil wäre. Wenn sie einen dritten Juniorpartner, etwa die Grünen oder die NEOS dazunehmen, hätten sie eine stabile Mehrheit. 

Video: Nationalratswahl - Die Analyse

ribbon Zusammenfassung
  • Nach der Nationalratswahl sind Parteien und Bundespräsident am Zug.
  • Nun wird neben parteiinternen Beratungen auch zwischen Obmänner und -frauen beratschlagt.
  • Am Ende soll eine mehrheitsfähige Regierung stehen - doch was muss bis dahin passieren?