APA/APA (AFP)/JANEK SKARZYNSKI

Ex-Staatschefs boykottieren Polens Präsidentenwahl

Im Streit um die Präsidentenwahl in Polen gerät die nationalkonservative PiS-Regierung in Warschau immer stärker unter Druck. In einem offenen Brief erklärten mehrere frühere polnische Staats- und Regierungschefs am Donnerstag, sie würden an der für den 10. Mai geplanten Abstimmung nicht teilnehmen. Sie riefen auch die Bürger zum Boykott auf.

Im Streit um die Präsidentenwahl in Polen gerät die nationalkonservative PiS-Regierung in Warschau immer stärker unter Druck. In einem offenen Brief erklärten mehrere frühere polnische Staats- und Regierungschefs am Donnerstag, sie würden an der für den 10. Mai geplanten Abstimmung nicht teilnehmen. Sie riefen auch die Bürger zum Boykott auf.

Zuvor hatte bereits der frühere EU-Ratschef und ehemalige polnische Ministerpräsident Donald Tusk an seine Landsleute appelliert, nicht zu wählen. Bei der Abstimmung, die die PiS wegen der Coronavirus-Epidemie als reine Briefwahl abhalten will, handle es sich um eine "Pseudowahl", heißt es in dem gemeinsamen Schreiben, das der Ex-Ministerpräsident Leszek Miller per Twitter veröffentlichte. Unterzeichnet wurde es von den ehemaligen Staatspräsidenten Lech Walesa, Aleksander Kwasniewski und Bronislaw Komorowski sowie von sechs früheren Regierungschefs, die aus verschiedenen politischen Lagern stammen.

Die Opposition in Polen verlangt wegen der Corona-Epidemie und der Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Verlegung der Wahl. Die PiS ist dagegen. Ihr Kandidat, Amtsinhaber Andrzej Duda, kann nach jüngsten Umfragen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen rechnen. Er hat damit gute Chancen, die Wahl gleich im ersten Durchgang zu gewinnen.

Ein Grund ist unter anderem, dass die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann, wovon der Amtsinhaber profitiert - der mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus regelmäßig in den Medien präsent ist. Duda ist eng mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski verbündet.

Die PiS will den Termin retten, indem sie die Abstimmung ausschließlich per Briefwahl abhält. Doch eine dafür nötige Änderung des Wahlrechts wird voraussichtlich erst in einigen Tagen dem Parlament zur endgültigen Abstimmung vorliegen - und damit wenige Tage vor der Wahl. Zudem gibt es Zweifel daran, ob die polnische Post die logistische Aufgabe bewältigen kann, mehr als 30 Millionen Wahlunterlagen rechtzeitig zuzustellen.

In ihrem Brief kritisieren die früheren Staats- und Regierungschefs, die von der PiS forcierte Briefwahl sei verfassungswidrig. Die Wahl werde "weder allgemein noch fair sein". Es gebe keine Garantie, dass alle Wähler ihre Wahlunterlagen erhalten würden und dass das Wahlgeheimnis gewährleistet bleibe. Auch bedeute eine Wahl in Zeiten der Corona-Epidemie eine Bedrohung für die Gesundheit und das Leben der Bürger. "Wir werden deshalb nicht teilnehmen. Und wir hoffen, dass sich alle Kandidaten und Wähler ähnlich verhalten werden, wenn sie unsere Sorge um eine demokratische Zukunft Polens teilen."

Die früheren Staats- und Regierungschefs schlagen vor, die Regierung solle wegen der Pandemie den Ausnahmezustand ausrufen. Dies würde nach der Verfassung eine Verschiebung des Wahltermins um mehrere Monate bedeuten.

Am Mittwoch hatte bereits der EVP-Chef und frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk in einer Videobotschaft zum Boykott aufgerufen. "Wenn alle ehrlichen und anständigen Polen sagen: 'Das ist keine Wahl und wir nehmen nicht teil', dann gibt die PiS im letzten Moment auf", sagte Tusk. Die Präsidentschaftskandidatin des größten polnischen Oppositionsbündnisses, Malgorzata Kidawa-Blonska, hatte zudem angekündigt, sie ziehe ihre Kandidatur zurück, wenn die Wahl am 10. Mai oder einem anderen Datum ausschließlich per Post abgehalten werden solle.

ribbon Zusammenfassung
  • Im Streit um die Präsidentenwahl in Polen gerät die nationalkonservative PiS-Regierung in Warschau immer stärker unter Druck.
  • In einem offenen Brief erklärten mehrere frühere polnische Staats- und Regierungschefs am Donnerstag, sie würden an der für den 10. Mai geplanten Abstimmung nicht teilnehmen.
  • In ihrem Brief kritisieren die früheren Staats- und Regierungschefs, die von der PiS forcierte Briefwahl sei verfassungswidrig.