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Gaza

Europäer fordern Waffenruhe, Israel droht mit "Annexion"

Heute, 07:30 · Lesedauer 5 min

Deutschland, Frankreich und Großbritannien fordern eine sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand in Nahost. Israels Verteidigungsminister Katz drohte mit der "Annexion" von Gebieten.

"Die Wiederaufnahme der israelischen Angriffe in Gaza ist ein dramatischer Rückschritt für die Menschen in Gaza, die Geiseln, ihre Familien und die gesamte Region. Wir sind entsetzt über die Opfer unter der Zivilbevölkerung und fordern dringend die sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand", hieß es am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung der drei Länder.

"Wir fordern alle Parteien auf, wieder Verhandlungen aufzunehmen, um sicherzustellen, dass der Waffenstillstand vollständig umgesetzt wird und dauerhaft ist", heißt es in der Erklärung. Dazu gehöre auch, dass die radikal-islamisch Hamas die Geiseln freilasse.

Ein dauerhafter Waffenstillstand sei der einzige glaubwürdige Weg zu einem nachhaltigen Frieden, einer Zweistaatenlösung und dem Wiederaufbau des Gazastreifens.

Katz drohte mit "Annexion" 

Israels Verteidigungsminister Israel Katz hat der Hamas unterdessen drei Tage nach der Wiederaufnahme der massiven israelischen Angriffe auf den Gazastreifen mit der "Annexion" von Gebieten in dem Palästinensergebiet gedroht. "Je länger sich die Hamas weigert, die Geiseln freizulassen, desto mehr Gebiet wird sie verlieren, das dann von Israel annektiert wird", erklärte er.

Katz erklärte am Freitag, er habe den Streitkräften befohlen, "mehr Gebiete im Gazastreifen einzunehmen" und drohte mit einer "permanenten Besetzung" von "Pufferzonen" innerhalb des Gazastreifens.

Damit bezog sich der Verteidigungsminister auf Pläne einiger Sicherheitsbeamter, einen "Sicherheitsstreifen" insbesondere im Norden des Palästinensergebiets einzurichten, der einen Puffer zwischen dem Gazastreifen und den angrenzenden Ortschaften in Israel bilden würde.

Katz erklärte weiter, die Kämpfe würden in der Luft, am Boden und auf See intensiviert und die Bodenoffensive würde ausgeweitet werden, bis alle Geiseln frei seien und die Hamas besiegt sei. Dafür würden alle "militärischen und zivilen Druckmittel" eingesetzt.

Israels Armee hatte am Dienstag die massivsten Luftangriffe im Gazastreifen seit Inkrafttreten einer Waffenruhe im Jänner geflogen, am Mittwoch gab sie den Beginn eines neuen Bodeneinsatzes in dem Gebiet bekannt. Die Wiederaufnahme der Angriffe sei eine Reaktion auf "die wiederholte Weigerung der Hamas" die Geiseln freizulassen, hatte die Regierung erklärt.

Erste Phase der Waffenruhe lief Anfang März aus

Die erste Phase der seit dem 19. Jänner geltenden Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas war am 1. März ausgelaufen, eine Einigung über die zweite Phase konnte trotz intensiver Bemühungen der Vermittler USA, Ägypten und Katar bisher nicht erzielt werden. In der ersten Phase hatte die radikalislamische Hamas 33 von ihr als Geiseln verschleppte Menschen an Israel zurückgegeben, darunter acht Leichen.

58 Geiseln befinden sich noch in Gefangenschaft im Gazastreifen. 34 dieser Geiseln sind nach Angaben der israelischen Armee tot.

Wie die Nachrichtenagentur AFP am Freitag aus palästinensischen Verhandlungskreisen erfuhr, liegt der Hamas ein von Ägypten und Katar erarbeiteter Vorschlag zur Wiederherstellung der Waffenruhe und dem Austausch von Gefangenen vor. Dabei gehe es auch um humanitäre Hilfe für den Gazastreifen. Israel hatte Anfang März eine Blockade von Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet verkündet.

Seit der Wiederaufnahme der massiven Angriffe durch Israel wurden nach Angaben der Zivilschutzbehörde im Hamas-geführten Gazastreifen mehr als 500 Menschen getötet. Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner des Gebiets wurden erneut vertrieben.

Israel griff ehemaliges Krankenhaus an

Die israelische Armee griff am Freitag nach eigenen Angaben ein von der radikalislamischen Hamas genutztes früheres Krankenhaus im Gazastreifen an. Das Gebäude im Zentrum des Gazastreifens sei schon seit "mehr als einem Jahr" nicht mehr als Krankenhaus genutzt worden.

Das türkische Außenministerium hingegen warf Israel einen "gezielten" Angriff vor. Ankara verurteilte "die Zerstörung des Krankenhauses der türkisch-palästinensischen Freundschaft durch Israel".

Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium im Gazastreifens handelte es sich um das "einzige Krankenhaus zur Behandlung von Krebspatienten im Gazastreifen".

Weiter erklärte die israelische Armee am Freitag, am Vortag den Chef des militärischen Geheimdienstes der Hamas für den Süden des Gazastreifens getötet zu haben.

Israels Militär: Drei Raketen aus dem Libanon abgefangen

Das israelische Militär fing Samstag früh nach eigenen Angaben am Morgen drei Raketen aus dem Libanon im Norden Israels ab. Zuvor seien in der Stadt Metula die Warnsirenen zu hören gewesen. Es gab zunächst keine Berichte über Schäden oder Verletzte.

Die mit dem Iran verbündete schiitische Hisbollah-Miliz aus dem Libanon beschießt Israel seit Beginn des Gaza-Krieges.

Eigentlich gilt seit November eine Waffenruhe. Diese sieht einen vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Süden des Libanon vor. Dieser ist inzwischen zwar weitgehend erfolgt, es gibt aber immer noch fünf israelische Militärposten in Grenznähe. Die libanesische Führung wertet den Verbleib der Truppen als Verstoß gegen die Vereinbarung und protestierte mehrfach dagegen.

Video: Israel greift Gazastreifen an

Zusammenfassung
  • Deutschland, Frankreich und Großbritannien fordern eine sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand in Nahost.
  • Israels Verteidigungsminister Katz drohte mit der "Annexion" von Gebieten.
  • "Die Wiederaufnahme der israelischen Angriffe in Gaza ist ein dramatischer Rückschritt für die Menschen in Gaza, die Geiseln, ihre Familien und die gesamte Region.
  • Wir sind entsetzt über die Opfer unter der Zivilbevölkerung und fordern dringend die sofortige Rückkehr zu einem Waffenstillstand", hieß es am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung der drei Länder.
  • Seit der Wiederaufnahme der massiven Angriffe durch Israel wurden nach Angaben der Zivilschutzbehörde im Hamas-geführten Gazastreifen mehr als 500 Menschen getötet. Zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner des Gebiets wurden erneut vertrieben.