EuGH wies Österreichs Klage zu AKW Hinkley Point ab
Großbritannien hatte mit dem AKW-Betreiber, einer Tochter der französischen Elektrizitätsgesellschaft EDF, drei Hilfen vereinbart: Maßnahmen zur Preisstabilität, eine Kreditgarantie und Ausgleichszahlungen für den Fall einer vorzeitigen Abschaltung aus politischen Gründen. Die EU-Kommission hatte die Staatsbeihilfen im Oktober 2014 genehmigt. Österreich hatte gegen diesen Beschluss 2015 Klage eingebracht.
In erster Instanz hatte der EuGH die österreichische Nichtigkeitsklage 2018 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte Österreich umgehend Berufung ein, weil auf einige Punkte der österreichischen Argumentation in dem Urteil nicht eingegangen wurde. In dem Verfahren wurde Österreich von Luxemburg unterstützt, die EU-Kommission hingegen von Großbritannien, Tschechien, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumänien und der Slowakei.
Im endgültigen Urteil vom Dienstag wies der EuGH das Rechtsmittel Österreichs zurück. Der EuGH bejaht, dass der Bau eines Kernkraftwerks in den Genuss einer von der EU-Kommission genehmigten staatlichen Beihilfe kommen kann. Staatliche Beihilfen für den Neubau eines Atomkraftwerks seien mit dem europäischen Binnenmarkt vereinbar. Es sei nicht erforderlich, "dass mit der geplanten Beihilfe ein Ziel von gemeinsamem Interesse verfolgt wird", teilte das Gericht mit. Dem Vereinigten Königreich stehe es frei, die Zusammensetzung seines Energiemixes zu bestimmen.
In Österreich war ob der Entscheidung die Enttäuschung groß. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach von einem "ernüchternden Ergebnis". Die Entscheidung des EU-Höchstgerichts sei "eine Fehlentwicklung in Europa, gegen die wir entschieden auftreten werden", kündigte Gewessler am Dienstag vor Journalisten an. Nachdem ein "veralteter Euratom-Vertrag" Basis der Entscheidung gewesen sei, müsse Österreich mit aller Kraft auf eine Reform von Euratom drängen. Gewessler sucht nun Verbündete, um eine "Vertragsstaatenkonferenz" der Mitgliedsländer für eine grundlegende Reform des Vertrages einzuberufen. Magnus Brunner (ÖVP), Staatssekretär im Umweltministerium, bezeichnete die EuGH-Entscheidung als "völlig falsches Signal und auch rechtlich unverständlich".
"Atomkraft ist keine nachhaltige Form der Stromerzeugung", pflichtete Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) laut Aussendung bei und sprach ebenfalls von einem "falschen Signal". "Damit lösen wir keine Probleme, sondern verschieben sie in die Zukunft und überlassen sie den nächsten Generationen", sagte sie. "Höchstgerichtliche Urteile sind natürlich zu akzeptieren. Festzuhalten ist allerdings, dass Gerichte auf Basis der geltenden Rechtslage urteilen." Österreich werde sich daher auch weiterhin vehement gegen Atomkraft und den entsprechenden rechtlichen Rahmen auf EU-Ebene einsetzen.
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sah in der EuGH-Entscheidung einen "herben Rückschlag für den Ausbau der erneuerbaren Energie in Europa". Es sei "unverständlich, dass nun Atomkraft mit Steuergeld gefördert werden kann. Österreich wird seinen Kampf gegen diese gefährliche Technologie fortsetzen", betonte die frühere Umweltministerin am Dienstag auf Twitter.
Dass Atomkraft nicht nur gefährlich, sondern unwirtschaftlich sei, betonten die ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, Angelika Winzig, der SPÖ-Umweltsprecher im EU-Parlament, Günther Sidl, SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll und Martin Litschauer, grüner Anti-Atom-Sprecher, unisono.
Global 2000 verwies zwar darauf, dass der EUGH in seinem Urteil "immerhin" anerkenne, dass die Argumentation des Gerichts falsch war, dass 'Atom über Allem' stehe. "Dennoch argumentiert der Gerichtshof, dass Atomkraft in die freie Wahl der Energieträger der Mitgliedsstaaten fällt - das hat niemand bestritten, sondern dass die unwirtschaftliche, veraltete Technologie Atomkraft mit unbegrenzten Mengen von Steuergeld der einzelnen Staaten gefördert werden kann. Im Sinne des freien Wettbewerbs der immer günstiger werdenden Erneuerbaren Energieträgern würde dies eine massive Marktverzerrung verursachen", warnte Reinhard Uhrig, Atomsprecher der Umweltorganisation.
In Großbritannien selbst ist das Projekt Hinkley Point C in der Nähe von Bristol an der Küste in Südwestengland wegen seiner Kosten nicht unumstritten. Nach den ursprünglich 18 Milliarden Pfund war zuletzt in Medienberichten von Kosten bis zu 22,5 Milliarden Pfund (24,56 Mrd. Euro) die Rede. Der vom französischen Staat kontrollierte Stromkonzern EDF will das AKW unter Beteiligung des chinesischen Konzerns CGN bauen. Es sollen zwei Druckwasserreaktoren vom Typ EPR erstellt werden. Das Kraftwerk soll 2023 in Betrieb gehen und 60 Jahre laufen. Die Inbetriebnahme könnte sich allerdings verschieben.
Zusammenfassung
- Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag die österreichische Klage gegen britische Staatshilfen für das geplante Atomkraftwerk Hinkley Point endgültig abgewiesen.
- "Der Gerichtshof bestätigt den Beschluss, mit dem die Kommission die britischen Beihilfen zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C genehmigt hat", teilte der EuGH am Dienstagvormittag mit.
- Die EU-Kommission hatte die Staatsbeihilfen im Oktober 2014 genehmigt.