EU-Gipfel - Startschuss für Bosnien-Beitrittsgespräche?
Der EU-Gipfel startet Donnerstagmittag mit einem Arbeitsessen mit UNO-Generalsekretär António Guterres. Im Zentrum dürfte dabei die Lage in Nahost stehen. Aufgrund der sich zuspitzenden humanitären Lage im Gazastreifen ist auch die Forderung nach Feuerpausen wieder auf der Agenda. Alle 27 Mitgliedstaaten sind sich einig, dass die humanitäre Notlage den Zugang zu Hilfe erfordert. Ob schlussendlich die Forderung nach einer "humanitären Feuerpause" oder "Pausen" oder einem "nachhaltigen Waffenstillstand" im verabschiedeten Text steht, dürfte (wieder einmal) für Diskussionen sorgen.
Nehammer hatte sich am Montag im Hauptausschuss des Wiener Parlaments zuversichtlich zum Startschuss für Bosnien gezeigt. Nach wie vor gebe es Mitgliedstaaten, die skeptisch seien. Keine Beitrittsgespräche mit Bosnien zu starten, wäre aber "ein großer Fehler". Österreich hatte vergangene Woche gemeinsam mit sechs weiteren EU-Staaten - darunter Italien und Kroatien - in einem offenen Brief an die Ratspräsidentschaft und Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi für ein Ja geworben. Frankreich hat hier nicht unterzeichnet: Europa-Staatssekretär Jean-Noël Barrot sagte am Dienstag in Brüssel, Bosnien habe seit dem Dezember-Gipfel "begrenzte" Anstrengungen unternommen.
In ihrer Anfang März vorgelegten Verteidigungsstrategie hat die EU-Kommission die EU-Mitgliedstaaten zu mehr gemeinsamen Militäreinkäufen aufgefordert. Zudem will die Kommission Investitionen in militärische Produktionskapazitäten finanziell unterstützen. Beim EU-Gipfel dürfte primär die Finanzierung diskutiert werden. Insgesamt sollen über das EDIP getaufte Förderprogramm 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2025 bis 2027 aus dem EU-Budget fließen. Österreich werde sich im Einklang mit der Neutralität an der EU-Strategie beteiligen, betonte der Bundeskanzler im Hauptausschuss.
Neben den Mitgliedstaaten soll auch die Ukraine von dem neuen Programm profitieren können. Eine große Frage beim EU-Gipfel wird auch sein, ob aufgrund der Sanktionen eingefrorene russische Vermögensgüter zum Kauf militärischer Güter für die Ukraine verwendet werden dürfen. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell will am Mittwoch vorschlagen, dass die EU 90 Prozent der Einnahmen für den Kauf von Waffen für die Ukraine über die Europäische Friedensfazilität verwende. Zehn Prozent sollten in den EU-Haushalt fließen, um die Kapazitäten der ukrainischen Verteidigungsindustrie zu stärken.
Der EU-Gipfel wird auch seine volle Unterstützung für die Ukraine bekräftigen. Bisher haben die EU und ihre Mitgliedstaaten über 138 Milliarden Euro an Unterstützung geleistet. Ein Austausch zu Migration und die Reaktion der EU auf die Anliegen der Landwirtschaft runden die Agenda ab. Der EU-Gipfel schließt am Freitag mit dem Euro-Gipfel der Euro-Staaten. Hier wird es primär um die Vollendung der Kapitalmarktunion gehen.
Zusammenfassung
- Der kommende EU-Gipfel könnte den Startschuss für EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina geben, wobei Österreich und sechs weitere EU-Staaten dafür plädieren.
- Die EU-Kommission fordert mehr gemeinsame Militäreinkäufe der EU-Mitgliedstaaten und will 1,5 Milliarden Euro für Verteidigungsprojekte im Rahmen des EDIP-Förderprogramms bereitstellen.
- Über 138 Milliarden Euro Unterstützung hat die EU der Ukraine bereits zukommen lassen; ein weiteres Thema des Gipfels ist die mögliche Nutzung eingefrorener russischer Vermögensgüter für den Kauf militärischer Güter für die Ukraine.