Etwas weniger ukrainische Flüchtlinge in Privatquartieren
Laut einem Sprecher der Bundesbetreuungsagentur (BBU) sind die Rückgänge bei den privaten Quartiergebern vorerst noch "nicht bedrohlich", auch laut den der APA aus den Ländern gemeldeten Zahlen sind sie - mit Ausnahme von Vorarlberg - noch überschaubar. In Wien leben derzeit etwa 89 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge - wie in ganz Österreich vor allem Frauen und Kinder - privat, im Juni waren es 92 Prozent. Im Burgenland mit derzeit 2.100 ukrainischen Schutzsuchenden in der Landes-Grundversorgung ist der Anteil der Ukrainer in Privatquartieren von 92 Prozent auf zuletzt 84 Prozent gesunken, in Kärnten (1.300 Ukrainer in Grundversorgung) von 78,5 auf 77 Prozent. In Salzburg sind 60 Prozent der derzeit rund 2.500 Ukrainer in Grundversorgung privat untergebracht, Ende Juni waren es noch 65 Prozent. In Oberösterreich wohnen derzeit 85 Prozent der rund 6.400 Ukrainer in Privatquartieren, im Juni waren es noch 88. Auch andere Länder melden einen "leichten Rückgang", in Niederösterreich auf nunmehr 70 Prozent, in Tirol auf 60 Prozent und in der Steiermark auf rund die Hälfte. Ausreißer ist Vorarlberg: Hier leben derzeit 40 Prozent privat und 60 Prozent in organisierten Quartieren, zu Beginn des Kriegs war das Verhältnis noch umgekehrt.
Die Gründe für den Rückgang sind dabei divers. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte zuletzt berichtet, dass Familien, die oftmals schon seit einem halben Jahr ukrainische Flüchtlinge beherbergen, wegen der hohen Energiekosten zunehmend um deren Wechsel in die Länderbetreuung bitten. Auch Christoph Riedl von der Diakonie warnte im "Kurier", dass den privaten Quartiergebern "finanziell die Luft ausgeht".
In den Ländern werden gegenüber der APA noch eine Reihe weiterer Faktoren genannt: Flüchtlinge würden in die Ukraine zurückkehren oder in ein anderes Bundesland übersiedeln. Außerdem spielt die Dauer des Krieges hinein: So würden Vermieter Eigenbedarf anmelden, weil keine derart langfristige Vermietung geplant war, und oder Familien, die den ukrainischen Flüchtlingen keine gesonderte Wohneinheit zur Verfügung stellen können, sich sukzessive wieder mehr persönlichem Freiraum wünschen. So manche Geflohene dürften sich nach Annahme der Länder außerdem mittlerweile durch die Aufnahme von Arbeit selbst erhalten können. Durch eine EU-Richtlinie haben sie vorübergehend Zugang zum Arbeitsmarkt.
Jene Flüchtlinge, die ihr Privatquartier verlassen müssen, werden je nach Land in andere private oder aber organisierte Quartiere vermittelt. Sollten künftig deutlich mehr Ukrainer als derzeit auf betreute Quartiere angewiesen sein, könnte das zu einer Verschärfung der Engpässe bei der Unterbringung von Asylwerbern aus anderen Ländern führen, die mittlerweile mangels von den Ländern zur Verfügung gestellten Plätzen zum Teil bereits in Zelten untergebracht werden. Aktuell sind laut BBU mehr als 10.000 Ukrainer in organisierten Unterkünften untergebracht - eine nicht zu vernachlässigende Zahl, gibt es doch in "normalen" Jahren zwischen 12.000 und 15.000 Asylwerber insgesamt.
Für Cornelius Granig, Präsident des Vereins Ukrainehilfe, ist der Rückgang an Privatquartieren "besorgniserregend". Viele hätten nicht damit gerechnet, dass ihre Hilfe so lange benötigt wird, sagt er gegenüber der APA. Dazu kämen nun die steigenden Kosten.
Private Unterkunftgeber sollten seit einer von Bund und Ländern vereinbarten Erhöhung im Sommer eigentlich pro Einzelperson 165, pro Familie 330 Euro bekommen. Allerdings haben bisher nur Wien, Kärnten, die Steiermark und Tirol ihre Landesgesetze angepasst. Die Möglichkeit, den höheren Satz auch bei Privatquartieren rückwirkend zu bezahlen, nutzt bisher überhaupt nur Wien. Dabei könnte gerade diese Maßnahme die Vermieter entlasten, wie man im Innenministerium gegenüber der APA betont.
Ein Hebel zur Entlastung der Quartiergeber wäre aus Granigs Sicht, die Unterbringung steuerlich absetzbar zu machen. Die Alternativen zur Privatunterkunft wäre eine staatliche Unterbringung oder eine Wohnung am freien Markt, die sich ukrainische Flüchtlinge wegen der geringen staatlichen Unterstützung allerdings kaum leisten können. Umso wichtiger wäre es für Granig, mehr Ukrainerinnen in den Arbeitsmarkt zu bringen. Dafür wären aber etwa flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten und auf Berufsgruppen maßgeschneiderte Deutschkurse notwendig. Eine Lösung für das Unterbringungsthema muss nach Granigs Meinung jedenfalls schnell her, wegen der humanitären Katastrophe in der Ukraine sei in den kommenden Monaten schließlich mit noch viel mehr Schutzsuchenden zu rechnen.
Zusammenfassung
- Rund 56.000 ukrainische Flüchtlinge befinden sich derzeit in Österreich in der Grundversorgung.
- Nur ein geringer Teil von ihnen wohnt in organisierten Quartieren der Länder, 80 Prozent leben laut Innenministerium in privaten Wohnungen oder Häusern.
- Ausreißer ist Vorarlberg: Hier leben derzeit 40 Prozent privat und 60 Prozent in organisierten Quartieren, zu Beginn des Kriegs war das Verhältnis noch umgekehrt.