Einigung auf dreitägige Feuerpause in Afghanistan
Die afghanische Regierung und die radikalislamischen Taliban haben sich auf eine dreitägige Waffenruhe verständigt. Nach der überraschenden Ankündigung der Islamistenmiliz, während der Feiern zum Ende des Ramadan von Sonntag an sämtliche Angriffe vorübergehend einzustellen, sagte auch Präsident Ashraf Ghani eine Kampfpause der Armee zu.
Ghani kündigte am Sonntag zudem die Freilassung von bis zu 2.000 gefangenen Taliban-Kämpfern an und erklärte sich zu sofortigen Friedensgesprächen bereit. Die Taliban hatten am Samstag angekündigt, während der Eid-al-Fitr-Feiertage auf "offensive Einsätze gegen den Feind" zu verzichten. Ghani begrüßte die Initiative umgehend und kündigte ebenfalls eine Feuerpause an.
Am Sonntag ging der afghanische Staatschef noch einen Schritt weiter: Sein Sprecher erklärte im Onlinedienst Twitter, als "Geste des guten Willens" sollten bis zu 2.000 inhaftierte Taliban-Kämpfer freigelassen werden. Auf diese Weise solle "der Erfolg des Friedensprozesses sichergestellt werden". Ghani hatte zuvor erklärt, eine Regierungsdelegation stehe zur sofortigen Aufnahme von Friedensgesprächen mit den Aufständischen bereit.
Die Vereinigten Staaten und die Taliban hatten sich Ende Februar auf einen Teilabzug der US-Truppen verständigt. Das Abkommen zwischen beiden Seiten sieht zudem vor, dass bis zu 5.000 gefangene Taliban-Kämpfer und bis zu 1.000 verschleppte afghanische Soldaten freikommen. Danach sollen innerafghanische Friedensverhandlungen beginnen. Kabul hat bisher rund 1.000 inhaftierte Taliban-Kämpfer auf freien Fuß gesetzt, während die Islamistenmiliz etwa 3.000 afghanische Sicherheitskräfte freiließ.
Es ist das erste Mal seit dem Einmarsch der US-Truppen im Jahr 2001, dass die Miliz selbst eine Waffenruhe verkündet. Davor hatte es erst einmal eine Feuerpause gegeben, Ghani hatte sie 2018 ebenfalls anlässlich des Eid-al-Fitr-Festes verkündet. Damals sorgte sie für spontane Feiern auf den Straßen.
Der Schritt der Taliban wurde international begrüßt. US-Außenminister Mike Pompeo rief dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen und Friedensgespräche aufzunehmen. Er erwarte zudem, dass die Taliban sich an ihre Zusage hielten, freigelassene Gefangene nicht wieder für Kämpfe einzusetzen, erklärte er am Sonntag. Die vereinbarte Waffenruhe sei ein "positiver Schritt nach vorne, der Anlass zu Hoffnung gibt", erklärten die Außenminister von Deutschland, Indonesien, Katar, Norwegen und Usbekistan am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung.
Die dreitägige Waffenruhe sei eine "bedeutende Chance, die man nicht verstreichen lassen sollte", erklärte der US-Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad: "Die USA werden ihren Teil beitragen, um zu helfen." NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte alle Beteiligten auf, "diese Möglichkeit für Frieden zu ergreifen - zum Wohle aller Afghanen".
Khalilzad hatte mit den Taliban über Monate das im Februar unterzeichnete Abkommen ausgehandelt. Taliban-Chef Haibatullah Ahunzada hatte die USA am Mittwoch aufgefordert, die Chance auf ein Ende des jahrzehntelangen Konflikts nicht verstreichen zu lassen. Die Taliban fühlten sich dem Abkommen weiter "verpflichtet", erklärte er. Auch die "andere Seite" solle sich an ihre Zusagen halten und diese "entscheidende Chance" nicht vertun.
Die geplanten innerafghanischen Friedensgespräche soll der Erzrivale von Präsident Ghani, Abdullah Abdullah, leiten. Er war am vergangenen Wochenende zum Vorsitzenden des Nationalen Aussöhnungsrates gekürt worden, um den andauernden Machtkampf mit Ghani zu beenden.
Zusammenfassung
- Die afghanische Regierung und die radikalislamischen Taliban haben sich auf eine dreitägige Waffenruhe verständigt.
- Ghani kündigte am Sonntag zudem die Freilassung von bis zu 2.000 gefangenen Taliban-Kämpfern an und erklärte sich zu sofortigen Friedensgesprächen bereit.
- Der Schritt der Taliban wurde international begrüßt.
- US-Außenminister Mike Pompeo rief dazu auf, die Gelegenheit zu nutzen und Friedensgespräche aufzunehmen.