Dubowy: Russlands Bevölkerung unterstützt Krieg "durch ihr Schweigen"
Seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges in der Ukraine mehren sich im russischen Staatsfernsehen Sendungen und Berichte, in welchen ganz offen über mögliche Atomangriffe auf Großstädte des Westens diskutiert wird oder taktische Strategien für einen möglichen Dritten Weltkrieg besprochen werden.
"Zielsetzungen" des Staatsfernsehens
Im Interview mit PULS 24 meint der Politikanalyst und Osteuropa-Experte Alexander Dubowy, dass man diese Aussagen "nicht allzu ernst" nehmen sollte. Sie sind für Dubowy "weder neu noch allzu überraschend". Die Aufgabe des russischen Staatsfernsehen ist es "bestehende Positionen des Kremls und der Eliten" darzulegen und so die "Bevölkerung auf unterschiedliche Optionen vorzubereiten".
Die "eigentliche Zielsetzung" - abseits des "Propagandaaspekts" - liegt in der "Unterhaltung des außenpolitisch interessierten Publikums" sowie in der "Erweckung des Anscheins unterschiedlicher Positionen", damit sich alle gesellschaftlichen Gruppen im Land vertreten fühlen, so der Politikanalyst. Allerdings sei es hier "wichtig", dass immer die "Großmachtrolle Russlands" als eine "gemeinsame" Position für alle hervorgehoben werde.
Was kommt nach dem Ukraine-Krieg?
"Aus heutiger Sicht ist dieses Szenario nicht realistisch", meint der Osteuropa-Experte auf die Frage, ob es möglich wäre, dass Russland auch andere Staaten in Europa oder des NATO-Bündnisses angreifen würde. Dubowy erklärt, dass Russland derzeit "alles auf eine Entscheidungsschlacht" bzw. eine "Vielzahl" kleinerer Schlachten im Donbass setzt.
"Der eigentliche Höhepunkt dieser Operation wird vermutlich nächste Woche erreicht werden", so der Politikanalyst. Der Ausgang "des Kampfes im Donbass" werde über den weiteren Verlauf des Krieges entscheiden. Durch die unterschiedlichen Positionen und "Scheinmeinungen im Staatsfernsehen" werde "die russische Bevölkerung" auf unterschiedliche Optionen "vorbereitet".
Dies ermögliche es, dass Russlands Machthaber Wladimir Putin eine Entscheidung treffen könne, die stets "von der öffentlichen Meinung" gedeckt zu sein scheint – sowohl bei militärischen als auch bei diplomatischen Entscheidungen.
Sollte tatsächlich ein Angriff auf weitere Staaten geplant sein – "wovon wir aktuell nicht ausgehen sollten" – dann wird die "Entnazifizierung" einer der Punkte sein, womit man dies begründen könne. Für Dubowy ist es allerdings wahrscheinlicher, dass nach einem Sieg der russischen Armee im Donbass - bzw. nachdem diese etwas erzielt habe, "was man als Sieg verkaufen kann" - ein "Einfrieren des Konflikts" passieren werde. Eine "nachhaltige diplomatische Lösung, ein belastbarer Friedensvertrag" ist für den Politikanalysten aktuell "kaum vorstellbar".
Bevölkerung Russlands
"Dieser Krieg ist nicht nur ein Krieg von Wladimir Putin allein", meint Dubowy, der erklärt, dass ein Großteil der Bevölkerung den Krieg "auch durch ihr Schweigen" unterstützt. Die russische Bevölkerung glaube einerseits, dass sie "an der Politik" in Russland nichts ändern könne. Andererseits möchte man auch "sämtliche Verantwortung von sich weisen" und man "verlagert (...) die Schuld" auf die "Schultern des Staates".
Auf diese Weise könne man laut Dubowy sagen "der Staat und die russische Führung wird schon die richtige Entscheidung treffen" - darauf wurde die Bevölkerung durch die Propaganda "vorbereitet". Man gehe davon aus, dass die Schuld des Krieges jedenfalls "bei der Ukraine oder im Westen oder bei beiden" und zuallerletzt "im Kreml liegt".
Der Weg in die Diktatur
"Die Situation ist gefährlich", meint der Osteuropaexperte in Anbetracht auf die Entwicklungen in der Russischen Föderation. Für Dubowy befindet sich Russland "auf dem geradlinigsten Weg in die Diktatur". Noch sei man nicht in einer "totalitären Diktatur" angekommen, der "Weg ist allerdings vorgezeichnet". Nun liege es an "den russischen Eliten" dies "abzuwenden" und sich auch gegen Putin zu stellen. Nur dann könnte es sein, dass man diese Entwicklungen noch abwenden könnte, meint Dubowy.
Alle aktuellen Entwicklungen:
Zusammenfassung
- Seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges in der Ukraine mehren sich im russischen Staatsfernsehen Sendungen und Berichte, in welchen ganz offen über mögliche Atomangriffe auf Großstädte des Westens diskutiert werden.
- Im Interview mit PULS 24 meint der Politikanalyst und Osteuropaexperte Alexander Dubowy, dass man diese Aussagen "nicht allzu ernst" nehmen sollte.
- Die Aufgabe des russischen Staatsfernsehen sei es "bestehende Positionen des Kremls und der Eliten" darzulegen und so die "Bevölkerung auf unterschiedliche Optionen vorzubereiten".
- "Aus heutiger Sicht ist dieses Szenario nicht realistisch", meint der Osteuropa-Experte auf die Frage, ob es möglich wäre, dass Russland auch andere Staaten in Europa oder des NATO-Bündnisses angreifen würde.
- "Dieser Krieg ist nicht nur ein Krieg von Wladimir Putin allein", meint Dubowy, der erklärt, dass ein Großteil der Bevölkerung den Krieg "auch durch ihr Schweigen" unterstütze.
- "Die Situation ist gefährlich", meint der Osteuropaexperte in Anbetracht auf die Entwicklungen in der Russischen Föderation. Für Dubowy befindet sich Russland "auf dem geradlinigsten Weg in die Diktatur".