Deutscher Bundestag streicht Sitzungswoche Ende November
Scharfe Kritik an der Absage kam von der AfD (Alternative für Deutschland), der Linken und dem BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht). "Ohne Haushalt braucht es auch keine Haushaltswoche, so einfach ist das", sagte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel in der Plenardebatte. Seine SPD-Kollegin Katja Mast sprach von einer "besonderen Situation" nach dem Verlust der Regierungsmehrheit. "SPD, Grüne, FDP und Union sind sich einig: Diese Haushaltswoche ist nicht erforderlich", sagte Mast. Für Dezember seien noch zwei volle Sitzungswochen angesetzt, in denen der Bundestag anstehende Entscheidungen treffen könne.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach sich dafür aus, auch den Sitzungskalender des Deutschen Bundestags im Jänner und Februar - also vor der vorgezogenen Wahl am 23. Februar - auszudünnen. Bisher sind für die beiden Monate vier Sitzungswochen vorgesehen. Dobrindt schlug vor, nur eine Sitzungswoche im Jänner anzusetzen und im Februar vor der Bundestagswahl eine zweitägige Generaldebatte im Plenum abzuhalten. Für eine derartige Änderung des Sitzungskalenders wird eine weitere Abstimmung im Bundestag erforderlich sein.
AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann übte scharfe Kritik an der Absage der Haushaltswoche und sprach von einem Versuch, "das Parlament auszuschalten". An SPD, Union, Grüne und FDP gerichtet sagte er: "Auf diese Weise reduzieren Sie und kastrieren Sie die Parlamentsarbeit." Der Linken-Abgeordnete Christian Görke sprach von einer "großen Koalition der Verantwortungslosigkeit".
Scholz will vor der Neuwahl noch mehrere Projekte durchsetzen. In seinem "Kanzler kompakt"-Video auf der Plattform X sagte Scholz am Freitag: "Die Regierung arbeitet weiter. Auch der Bundestag ist arbeitsfähig. Natürlich müssen sich dort für jedes Gesetz Mehrheiten finden. Aber das sollte in unserer parlamentarischen Demokratie nicht unmöglich sein." Als Beispiele nannte er etwa eine Senkung der Lohnsteuer ab Jänner und die geplante Erhöhung des Kindergelds. Zudem werbe er dafür, das Deutschlandticket weiter zu finanzieren. Hier hatte die Unionsfraktion im Bundestag am Donnerstag angekündigt, für die notwendige Gesetzesänderung zu stimmen, nachdem Scholz die Vertrauensfrage gestellt und damit den Weg zur Neuwahl eröffnet hat.
Außerdem kündigte Scholz an, an der geplanten Stärkung des Bundesverfassungsgerichts festzuhalten. Diese hatte die Ampel-Koalition bereits mit der Union zusammen ausgehandelt, da sie deren Stimmen für die notwendige Grundgesetzänderung benötigte. Auch hier hatten CDU und CSU weiterhin Zustimmung signalisiert.
"Das sind überschaubare, konsensfähige Vorhaben. Aber sie machen einen Unterschied", sagte der Kanzler. Um die großen Fragen werde es mit unterschiedlichen Meinungen im Wahlkampf gehen. Doch es gebe auch einen Tag nach der Wahl, dann seien ebenfalls Kompromisse und Kooperation gefragt. Das dürfe man nicht vergessen, in den USA hätten sich tiefe Gräben aufgetan. "Ich will, dass uns das in Deutschland nicht passiert. Ich kämpfe dafür, dass wir alle als Land zusammenbleiben", betonte Scholz. Er wünsche sich daher auch für den Wahlkampf Ehrlichkeit und Respekt.
Unterdessen hat die CDU/CSU-Opposition empört auf einen Gesetzesvorstoß einer Abgeordnetengruppe zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten reagiert. Unionsfraktionschef Friedrich Merz griff vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) deswegen scharf an. Er hat den Gesetzentwurf als SPD-Abgeordneter mitunterzeichnet. Mit dem Vorstoß solle versucht werden, "den Paragrafen 218 jetzt noch im Schnellverfahren zum Ende der Wahlperiode abzuschaffen", sagte Merz. "Das ist skandalös, was der Bundeskanzler da macht." Es handle sich um ein Thema, "das wie kein zweites das Land polarisiert, das wie kein zweites geeignet ist, einen völlig unnötigen weiteren gesellschaftspolitischen Großkonflikt in Deutschland auszulösen".
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland derzeit laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches rechtswidrig. Tatsächlich bleiben sie in den ersten zwölf Wochen aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ohne Strafe bleibt ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Über die Abschaffung des Paragrafen 218 wird seit Jahren gestritten. Nach dem Vorschlag der Abgeordneten sollen Abtreibungen bis zur 12. Woche rechtmäßig werden. Die Pflicht zur Beratung bliebe bestehen, allerdings ohne die derzeit geltende Wartepflicht von drei Tagen zwischen Beratung und Abtreibung. Wenn eine Abtreibung ohne Beratungsbescheinigung vorgenommen wird, soll sich künftig nur der Arzt oder die Ärztin strafbar machen. Die Frau bliebe straffrei.
Zusammenfassung
- Der Deutsche Bundestag hat die Sitzungswoche ab dem 25. November abgesagt, da die Ampel-Koalition zerbrochen ist und kein mehrheitsfähiger Haushaltsentwurf vorliegt.
- SPD, Union, Grüne und FDP stimmten für die Absage, während AfD, Linke und BSW scharfe Kritik äußerten.
- CSU-Politiker Alexander Dobrindt regt an, den Sitzungskalender im Januar und Februar zu reduzieren, was eine weitere Abstimmung erfordern würde.
- Bundeskanzler Scholz plant vor der Neuwahl Projekte wie die Senkung der Lohnsteuer und die Erhöhung des Kindergelds durchzusetzen.
- Ein Vorstoß zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten sorgt für Kontroversen, besonders mit Kritik von CDU/CSU.