Ampel-Regierung geplatzt: Scholz macht Weg für Neuwahlen frei
Scholz gab um 21.15 Uhr ein Statement im Kanzleramt ab. "Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von diesem Land abzuwenden", erklärt er.
Man brauche eine handlungsfähige Regierung. Mittags habe er Christian Lindner noch einmal ein umfassendes Angebot vorgelegt, um Lücken im Budget zu schließen "ohne Deutschland ins Chaos zu stürzen".
Auch Vorschläge der FDP seien aufgegriffen worden, das habe Lindner jedoch nicht gereicht. Scholz findet in seiner Erklärung harte Worte für seinen Finanzminister, der "verantwortungslos" gehandelt, Gesetze "sachfremd blockiert" und "kleinkariert parteipolitisch taktiert" habe. Es ginge ihm nur um das "kurzfristige Überleben der eigenen Partei".
Nun macht Scholz den Weg für Neuwahlen frei. Bis Weihnachten werde man dringende Gesetzesentwürfe beschließen, die "keinen Aufschub dulden", etwa eine Stabilisierung der Rente oder Sofortmaßnahmen für die Industrie. Er sei sich mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) einig, dass Deutschland schnell Klarheit über den weiteren politischen Kurs brauche.
Vertrauensfrage im Jänner
Am 15. Jänner soll die Vertrauensfrage gestellt werden. Scholz werde zudem "sehr schnell das Gespräch mit Friedrich Merz suchen." Die Wirtschaft könne nicht warten, bis Neuwahlen stattfinden.
Noch am Mittwoch um 22.30 Uhr soll die SPD zusammenkommen.
Lindner: "Kalkulierter Bruch der Koalition"
Der entlassene Finanzminister Lindner selbst wehrte sich am Mittwochabend gegen die heftige Kritik des Kanzlers und nannte dessen Erklärung "genau vorbereitet". Sie belege, dass es dem Bundeskanzler um den "kalkulierten Bruch der Koalition" gegangen sei. Der Kanzler habe "leider gezeigt, dass er nicht die Kraft hat, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen".
Laut Lindner habe Scholz seit Mittwochnachmittag verlangt, dass die Schuldenbremse ausgesetzt wird. Dem habe er nicht zustimmen können, ohne seinen Amtseid zu verletzen.
Seinen Vorschlag eines gemeinsamen Weges zu einer Neuwahl habe Scholz dann "brüsk zurückgewiesen".
Habeck: Ampel-Aus wäre nicht nötig gewesen
Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen erklärte in einem Statement, es fühle sich "falsch und nicht richtig" an, dass der Abend so endet. Es hätten Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch gelegen. Die größte Lösung wäre demnach gewesen, der Ukraine mehr Unterstützung zu geben. Dazu sei die FDP jedoch nicht bereit. "Wir werden jetzt zügig den Weg für Neuwahlen freimachen", sagt Habeck.
Allerdings sei die Entscheidung folgerichtig. Außenministerin Annalena Baerbock erklärte, die Grünen würden weiterhin ihrer Verantwortung gerecht werden.
Das Angebot an Lindner habe vier Kernpunkte umfasst, hatte Scholz zuvor in seinem Statement erklärt:
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Bezahlbare Energiekosten mit gedeckelten Kosten für Unternehmen
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Arbeitsplätze in der Automobilbranche und bei Zulieferbetrieben sichern
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Investitionsprämie und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten verbessern
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Unterstützung für Ukraine erhöhen
Letzteres sei insbesondere nach der Wahl in den USA ein "wichtiges Signal", so Scholz.
"Die Unterstützung der Ukraine ist und bleibt wichtig". Außerdem müsse man erheblich mehr in Bundeswehr und Sicherheit investieren, gerade nach der US-Wahl.
Krisentreffen gescheitert
Zunächst hatte die "Bild" am Mittwochabend während der noch laufenden Beratungen der Partei- und Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP im Kanzleramt berichtet. Lindner soll bei dem Krisentreffen der Ampel-Spitzen Neuwahlen vorgeschlagen haben, Scholz lehnte ab.
"Bild" berief sich auf namentlich nicht genannte Teilnehmerkreise. Lindner wolle Neuwahlen Anfang 2025 und habe sich bereit erklärt, eine geschäftsführende Bundesregierung zu tragen.
Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner waren am Mittwochnachmittag erneut im Berliner Kanzleramt eingetroffen, um mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) über die Wirtschafts- und Budgetpolitik zu beraten, wie ein Reporter der dpa berichtete. Schon in der Früh hatten die drei Politiker im kleinen Kreis gesprochen.
Die Koalition stritt grundlegend über die Wirtschaftspolitik. Unabgestimmte Gipfeltreffen und unterschiedliche Papiere hatten den Konflikt zuletzt befeuert.
Konkret müssten vor der entscheidenden Sitzung des Haushaltsausschusses zum Etat 2025 am 14. November auch noch Lücken geschlossen werden. Seit Tagen lud Scholz zu Treffen in kleinen Runden, in denen es um die Zukunft der Koalition geht.
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Zusammenfassung
- Die deutsche Ampel-Koalition ist gescheitert.
- Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entlässt Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner.
- Scholz macht den Weg für Neuwahlen frei und wird am 15. Jänner die Vertrauensfrage stellen.