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Demokratie der Greise? Zweifel an Amtsfähigkeit von US-Politikern

Sprachliche Aussetzer und Stolperer - bei republikanischen und demokratischen Politikern über 70 häufen sich Vorfälle, die auch manche in der eigenen Partei an ihrer Amtsfähigkeit zweifeln lassen. Die Rufe nach Rücktritten werden in beiden Lagern lauter. Auch Beschränkungen der Amtszeit werden diskutiert.

"Wir hatten eine gute überparteiliche Zusammenarbeit und eine Reihe von -", begann Senator Mitch McConnell, bevor er während einer Pressekonferenz am 26. Juli vor Journalisten mitten im Satz erstarrte. Volle 21 Sekunden lang stand er stumm vor den Kameras und Mikrofonen der Reporter und schaute stur geradeaus.

Erst dann führten seine Kollegen und Mitarbeiter ihn weg. Der 81-Jährige, der erst im März nach einem Sturz eine Gehirnschüttung erlitt, wirkte sichtlich verwirrt. Etwa zehn Minuten später kehrte der führende Republikaner im US-Senat zurück und versicherte, dass es ihm "gut" gehe. 

Forderung nach Rücktritt

Seit McConnells Aussetzer häufen sich die Forderungen nach Rücktritten auch aus seiner eigenen Partei. Die republikanische Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley lobte gegenüber CBS zwar McConnells Arbeit, doch betonte auch: "Seine Zeit ist nun abgelaufen." Man müsse aufhören, "Leute zu wählen, weil sie auf einem Foto gut aussehen und ein Baby gut halten können", so die Republikanerin. 

Sie feuerte auch in Richtung der Demokraten: Die 90-jährige US-Senatorin Dianne Feinstein, der 80-jährige Präsident Joe Biden und die 83-jährige Kongressabgeordnete Nancy Pelosi sollten wissen, "wann sie abtreten müssen".

Ablauf vergessen

Dianne Feinstein machte erst kürzlich auf sich aufmerksam, als sie bei einer Abstimmung im Senat scheinbar vergaß, was zu tun war. Der Protokollführer forderte Feinstein auf, ihre Stimme abzugeben. Stattdessen begann sie, ein Statement vorzulesen, anstatt entweder mit "ja" oder "nein" zu antworten. 

Ein anderer Senator erklärte ihr schließlich, sie solle "einfach 'Aye' sagen". Laut einem Sprecher der Senatorin sei die Abstimmung verwirrend gewesen, daher Feinsteins Aussetzer. 

Aufgrund einer Gürtelrose-Erkrankung war die 90-Jährige dieses Jahr bereits zwei Monate abwesend. Da die Demokraten im Senat mit 51-49 Sitzen nur eine knappe Mehrheit haben, forderten einige Demokraten ihren Rücktritt, so etwa der Abgeordnete Ro Khanna: "Sie hat zwar ein Leben lang im öffentlichen Dienst gestanden, aber es ist offensichtlich, dass sie ihre Pflichten nicht mehr erfüllen kann."

Feinsteins vorübergehende Abwesenheit verzögerte unter anderem die Bestätigung der von Präsident Biden nominierten Richter. 

US-Senat deutlich älter als Nationalrat

Die 90-jährige Feinstein ist die älteste Gesetzgeberin im Kongress. Mit einem Durchschnittsalter von 59 Jahren handelt es sich bei den aktuellen Amtsinhaber:innen um die älteste Gruppe in der Geschichte des Kongresses, berichtete "The Post". Bei den Senatoren liegt das Durchschnittsalter mit 65 Jahren sogar noch höher.

In Österreich sind Nationalratsabgeordnete im Schnitt knapp 51 Jahre alt. Also immerhin rund acht Jahre jünger als ihre US-Kollegen.

Amtszeitbeschränkungen gefordert

Die Vorfälle stoßen in den USA eine Debatte rund um Amtszeitbeschränkungen an und betreffen auch Präsident Biden. Mit 80 Jahren ist er zwar jünger als viele US-Senatoren, doch immer noch der älteste Präsident, den die USA je hatten. Auch er neigt immer wieder zu verbalen Aussetzern und Hoppalas und stürzte in letzter Zeit einige Male.

Republikanerin Nikki Haley forderte kürzlich Amtszeitbeschränkungen für Kongressabgeordnete sowie Tests der geistigen Fähigkeiten von Politikern ab 75 Jahren.

Sollte Biden die Wiederwahl 2024 gewinnen, wäre er am Ende seiner zweiten Amtszeit bereits 86 Jahre alt.

ribbon Zusammenfassung
  • Sprachliche Aussetzer und Stolperer - bei republikanischen und demokratischen Politikern über 70 häufen sich solche Vorfälle.
  • Die Rufe nach Rücktritten werden in beiden Parteien lauter.
  • Auch Beschränkungen der Amtszeit werden diskutiert.
  • Zuletzt sorgte US-Senator Mitch McConnell für Aufregung, als er in einer Pressekonferenz plötzlich verstummte.