Corona-Gesetze passierten Gesundheitsausschuss
SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried reklamierte die jüngsten Änderungen, etwa die kürzere Befristung bis Juni 2021, sowie weitere Änderungen im Corona-Gesetzespaket als Erfolge für seine Partei. Die Regierung habe den Sommer verschlafen und dann in einer "Husch-Pfusch-Aktion" ein schlechtes Gesetz vorgelegt. "Wir haben erreicht, dass ein neues Gesetz vorgelegt wurde und wir haben erreicht, dass dieses neue Gesetz auch begutachtet wurde", sagte Leichtfried. Die Bedenken der NEOS wies er zurück und betonte, alle bedeutenden Verfassungsjuristen hätten die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes anerkannt.
Der Abänderungsantrag enthält unter anderem eine Klarstellung der Zuständigkeiten, eine Einschränkung der Kontrollen durch die Behörden auf alle Unterlagen, die mit der Einhaltung des Covid-19-Maßnahmengesetzes in Zusammenhang stehen sowie eine Regelung bezüglich der unverzüglichen Löschung von Daten, wenn diese nicht mehr für das Contact Tracing erforderlich sind. Das Covid-19-Maßnahmengesetz wird zudem nicht wie ursprünglich vorgesehen bis Ende 2021 verlängert, sondern nur bis 30. Juni 2021. Für Kritik sorgte aber, dass eine Verlängerung um ein halbes Jahr per Verordnung möglich sein können soll.
Scharfe Kritik übte der SPÖ-Vizeklubchef aber am sonstigen Umgang der Regierung mit dem Parlament: "Es gibt de facto auf parlamentarische Anfragen keine vernünftigen Antworten mehr." Und den Unterausschuss zur Kontrolle der Corona-Hilfsmaßnahmen gebe es immer noch nicht. Die SPÖ will Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) daher in einer Anfragebesprechung mit der Kritik konfrontieren.
Außerdem will die SPÖ am Mittwoch eine 15- bis 30-minütige Maskenpause für Mitarbeiter nach zwei Stunden Arbeit mit Mund-Nasenschutz beantragen. Die NEOS wollen im Plenum einen erneuten Anlauf zum griechischen Flüchtlingslager Moria starten. Es sei eine "Frage der politischen Mitte", ob man bereit sei, in Europa an einem Strang zu ziehen, meinte Meinl-Reisinger.
Mit ÖVP-Grüne-SPÖ-Mehrheit angenommen wurde zudem noch ein Antrag, durch den die Österreichische Gesundheitskasse zur Beschaffung von Schutzausrüstung für bestimmte Berufsgruppen im Gesundheits- und Sozialbereich verpflichtet wird, sofern dies nicht eine Gebietskörperschaft übernimmt. Die Kosten ersetzt der Bund der ÖGK.
Auch soll niedergelassenen Ärzten und Fachärzten ermöglich werden Covid-19-Tests durchzuführen. In einer Ausschussfeststellung wurde präzisiert, dass die Krankenversicherungsträger dafür einen Pauschaltarif einführen sollen. Auch in diesem Fall trägt der Bund die Kosten. Die Mittel dafür sollen aus dem Krisenbewältigungsfonds kommen. Diese Initiative fand die Zustimmung von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS, so die Parlamentskorrespondenz.
Um weitere 5 Mio. Euro soll der Fonds zur Förderung der Beiträge von selbständigen KünstlerInnen zur gesetzlichen Sozialversicherung aufgestockt werden. Eine entsprechende Änderung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes (K-SVFG) passierte den Gesundheitsausschuss einhellig.
Die FPÖ will unterdessen wegen der Coronagesetze in der kommenden Nationalratssitzung einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung einbringen. Klubobmann Herbert Kickl sprach am Dienstag in einer Pressekonferenz von einer "Corona-Rollkommando-Politik" - ein Vergleich mit der NS-Zeit, der ihm schon einmal scharfe Kritik eingebracht hatte. Türkis-grün wolle "ein System der Corona-Blockwarte" etablieren.
Den Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung begründete Kickl unter anderem damit, dass die Koalition aus ÖVP und Grünen mit ihren Maßnahmen gegen die Pandemie die gesamte Gesellschaft spalte. Die Eingriffe seien unverhältnismäßig, es werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen oder versucht, mit einem Hammer eine Fliege zu erschlagen, wobei allerdings nur das Mobiliar zertrümmert werde.
Umgefallen sieht der FPÖ-Klubmann die SPÖ, die einen Misstrauensantrag gegen die Regierung seiner Meinung nach eigentlich unterstützen müsste. Für die Freiheitlichen sei es hingegen "ein Akt der Pflicht" und der "politischen Notwehr", diesen Schritt im Nationalrat zu setzen, denn: "Wir sind keine Komplizen einer offenbar verrückt gewordenen schwarz-grünen Bundesregierung." Man treffe auf Borniertheit und Ignoranz statt auf Diskussionsbereitschaft.
Ebenso angriffig zeigte sich FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst. Sie kritisierte vor allem die Möglichkeit für den Gesundheitsminister, die Maßnahmen per Verordnung auf unbestimmte Zeit verlängern zu können. Der morgige Tag im Plenum werde daher "der schlimmste Tag seit langen" in Bezug auf die Grundrechte. Fürst warnte zudem von einem drohenden Polizeistaat aufgrund der ihrer Meinung nach drohenden Ermächtigungen der Exekutive.
Dass bereits eine zweite Welle der Coronapandemie in Österreich begonnen hat, glauben die FPÖ-Politiker weiterhin nicht. In den Medien würden "Horrorzahlen" verbreitet, befand Fürst. Sie verglich - wie auch Kickl - das Virus mit einer Grippewelle und stellte die allgemeine Gefahr durch Covid-19 infrage. Gezielt geschützt gehörten hingegen besonders gefährdete Personengruppen.
Zusammenfassung
- Der überarbeitete Entwurf zu den Corona-Gesetzen hat am Montag den Gesundheitsausschuss passiert.
- Der Antrag, der am Mittwoch im Nationalrat zum Beschluss ansteht, wurde nach einem mehrstündigen Expertenhearing mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und auch der SPÖ angenommen.
- Eine entsprechende Änderung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes (K-SVFG) passierte den Gesundheitsausschuss einhellig.