Corona-Antikörperstudie: 349.000 bis Oktober infiziert, 61% davon nicht registriert
Statistik Austria und das Bildungsministerium präsentierten am Freitag die erste bundesweite Antikörperstudie. Bis inklusive Oktober, also noch vor den hohen Fallzahlen der zweiten Welle, waren 349.000 Österreicherinnen und Österreicher mit dem Coronavirus Covid-19 infiziert. 61 Prozent der positiv auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 getesteten Personen waren zuvor nicht als Corona-Fälle registriert. Die sogenannte Seroprävalenz ist im Westen höher als im Osten.
Zwischen dem 12. bis 14. November wurde im Rahmen der vom Bildungsministerium in Auftrag gegebenen, von Statistik Austria in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und der Medizinischen Universität Wien durchgeführten repräsentativen "Covid-19 Prävalenzstudie" 2.229 Personen über 16 Jahren Blut abgenommen. Gegen eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus schützende, neutralisierende Antikörper wurden in insgesamt 92 Proben festgestellt. Da man davon ausgeht, dass es zur Bildung einer derartigen Immunantwort um die drei Wochen dauert, spiegelt dieser Wert also den Stand um Mitte bzw. Ende Oktober wieder.
Daraus lasse sich in der Hochrechnung schließen, dass seit Pandemiebeginn in etwa 349.000 Menschen in österreichischen Privathaushalten die Erkrankung durchgemacht haben. Die statistische Schwankungsbreite, die die Studie zulässt, liegt zwischen 282.000 und 420.000 betroffenen Personen über dem Alter von 16 Jahren.
61 Prozent der Fälle behördlich unbekannt
Unter den im Rahmen der Untersuchung positiv auf Antikörper getesteten Personen waren insgesamt 57 Teilnehmer, also 61 Prozent, vorher nicht im Epidemiologischen Meldesystems (EMS) registriert gewesen. 26 dieser 57 Studienteilnehmer berichteten, sie hätten nur ein oder gar kein Covid-19-Symptom gehabt. Der Großteil ging auch davon aus, nicht oder nur sehr unwahrscheinlich infiziert gewesen zu sei.
In der Antikörperstudie, die im Zuge der Prävalenzstudie zur Abschätzung der aktuell Infizierten durchgeführt wurde (Dunkelzifferstudie), ergab sich auch ein West-Ost-Gefälle bei den bereits durchgemachten Infektionen. So lag die Seroprävalenz in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich mit 5,7 Prozent über dem für Wien, Niederösterreich und das Burgenland errechneten Wert von 3,8 Prozent.
Durchseuchung "moralisch undenkbar"
Die Studie zeige, dass eine etappenweise Durchseuchung der Bevölkerung keine Option sei, um eine Herdenimunität zu erreichen, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Das bestätigte auch der Virologe Lukas Weseslindtner von der Medizinischen Universität Wien. Bei der momentanen Entwicklung würde es Jahre dauern, bis dieser Wert erreicht sei. Bis dahin wären "viele Tausend Tote" zu beklagen.
Es sei "moralisch undenkbar, das Virus ungebremst zirkulieren zu lassen" und brauche daher den Eingriff in das Infektionsgeschehen mit einer "sicheren Impfung", sagte Weseslindtner. Auch für Faßmann kann "der Weg aus Pandemie nur über eine Impfung erfolgen", dann werde sich die Risikosituation in der Gesellschaft verändern.
Der Minister rief am Freitag abermals zum Mitmachen bei den aktuellen Massentests auf. Auch die Seroprävalenz-Studie habe gezeigt, wie viele Menschen von einer Covid-19-Infektion mitunter kaum etwas bzw. gar nichts bemerken.
Zusammenfassung
- Rund 349.000 Personen oder 4,7 Prozent der Bevölkerung haben österreichweit bis Mitte bzw. Ende Oktober eine Covid-19-Infektion durchgemacht.
- 61 Prozent der positiv auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 getesteten Personen waren zuvor nicht als Corona-Fälle registriert.
- Studienteilnehmer, deren Infektion nicht bekannt war, berichteten, sie hätten nur ein oder gar kein Covid-19-Symptom gehabt. Der Großteil ging auch davon aus, nicht oder nur sehr unwahrscheinlich infiziert gewesen zu sei.
- Die sogenannte Seroprävalenz, also der Anteil der Menschen mit Antikörpern, ist im Westen höher als im Osten.