BUWOG-Affäre
Grasser-Urteil: Diese Möglichkeiten hat der OGH
2004 verkaufte die Republik unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) ein Paket von 60.000 Wohnungen. Im März 2025 ist das juristische Nachspiel noch immer nicht vorbei.
Sieben Jahre wurde ermittelt, in einem Monsterprozess fiel nach drei Jahren und 168 Prozesstagen im Dezember 2020 ein Urteil. Und genau dieses liegt nun vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).
Acht Jahre Haft für Grasser - oder nicht?
Denn die nicht rechtskräftig Verurteilten in der BUWOG-Affäre legten Rechtsmittel, etwa eine Nichtigkeitsbeschwerde, ein und zogen damit vor den OGH, das Höchstgericht. Der Prominenteste: Karl-Heinz Grasser. Er wurde 2020 zu acht Jahren Haft verurteilt.
Seine Anwälte wettern in der Berufungsverhandlung über ein "unerträglich falsches" Urteil, das noch dazu "inhaltlich schlecht" sei, so Norbert Wess. Auch Manfred Ainedter ist sich sicher, dass es nicht standhalten könnte.
Video: "Unerträglich!“ – Grassers Anwalt kritisiert Verfahren
Grasser-Verteidiger Manfred Ainedter im PULS 24 Interview.
Grasser hat "reines Gewissen"
Am Freitag meldete sich dann auch Grasser selbst zu Wort. Er habe "keinen Geheimnisverrat begangen", niemandem Informationen weitergegeben. Grasser habe nichts Unrechtes getan, wie er beteuert: "Ich habe ein reines Gewissen".
Vor allem die enorm lange Verfahrensdauer kritisiert er. "Man kann sagen, es dauert 16 Jahre, wenn man nicht selbst davon betroffen ist, kann man diese Zahl nicht erfassen."
-
Mehr lesen: Grasser vor Gericht: "Habe ein reines Gewissen"
Es sei ein Drittel seines Lebens, hänge wie ein Damoklesschwert über ihm. "Dieses Verfahren ist für mich zur Höchststrafe geworden", so Grasser.
"Sie entscheiden am Ende des Tages über mein Leben, über mein Schicksal", meinte er zu den Höchstrichter:innen.
Was der OGH überprüft
Aber was entscheidet der OGH am Dienstag? Strafrechtsexperte Robert Kert, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), erläutert im Gespräch mit PULS 24 die unterschiedlichen Szenarien.
Video: Der BUWOG-Prozess rund um Grasser einfach erklärt
Der Oberste Gerichtshof (OGH) befasst sich mit dem Urteil in der BUWOG-Affäre – dem größten Korruptionsprozess der Zweiten Republik. PULS 24 Redakteur Lukas Raithofer fasst über 20 Jahre zusammen.
Einerseits prüft das Höchstgericht etwaige Verfahrensfehler. Darunter fallen etwa die "Befangenheit eines Richters oder verletzte Verfahrensrechte, zum Beispiel durch nicht behandelte Beweisanträge", so Kert.
Zudem prüfe der OGH, ob "die Begründung schlüssig" sei, sagte der Strafrechtsexperte. Im Falle des erstinstanzlichen Urteils in der BUWOG-Causa kommt diese Urteilsbegründung auf stolze 1.300 Seiten.
Ebenso wird geprüft: "Ist die rechtliche Beurteilung richtig? Könnte es ein anderer Tatbestand, oder gar nicht strafbar sein? Liegt eine Verletzung einer der zwingenden Bestimmungen über die Strafbemessung vor? "
Daraus ergeben sich dann mögliche Szenarien nach einer Entscheidung des OGH, die für Dienstag um 10.00 Uhr angekündigt wurde.
Bestätigung
Gelangt der OGH zur Erkenntnis, dass in dem Urteil des Schöffensenats unter Richterin Marion Hohenecker keine Mängel zu finden sind, bestätigt er das Urteil.
Dann wären die Schuldsprüche rechtskräftig, Grasser müsste in Haft. "Der OGH ist die letzte Instanz, danach wird die Strafe vollzogen", sagt Kert.
Bestätigung, aber ...
Eine Bestätigung muss aber nicht vollumfänglich sein. Kommt der OGH zum Schluss, dass das Urteil hält, "aber die Strafe zu hoch ist, könnte sie herabgesetzt werden", so Kert.
So kann es auch passieren, dass "ein Teil bestätigt und ein Teil aufgehoben wird", erklärt der Professor. Wie es dann weitergeht, hängt vom Fehler ab.
Aufhebung
Wird ein Verfahrensfehler festgestellt, z.B. die Befangenheit der Richterin, "wird das Urteil aufgehoben und an die erste Instanz zur Entscheidung zurückverwiesen", sagt Kert. Dann müsste der Prozess komplett neu aufgerollt werden.
Bei einem Fehler in der rechtlichen Beurteilung "kann der OGH selbst entscheiden". Kommen die Höchstrichter etwa zum Schluss, dass keine Untreue, sondern Bestechung vorlag, kann das selbst korrigiert werden.
Wieder ein BUWOG-Prozess?
Kann etwa der Vorsatz für eine Straftat nicht nachgewiesen werden, der für einen Schuldspruch nötig ist, kann das der OGH nicht selbst entscheiden. Denn dafür bräuchte es neue Beweise, die das Höchstgericht aber nicht aufnimmt.
"Alles, was eine neue Beweisaufnahme verlangt, würde bedeuten, dass aufgehoben und an die erste Instanz zurückverwiesen wird", erklärt der Universitätsprofessor. Dann mussten (Teile) des Monsterprozesses neu aufgerollt und neu verhandelt werden.
Kommt er zum Ergebnis, dass das festgestellte Verhalten keine strafbare Handlung ist, könnte der OGH die erstinstanzlich Verurteilten aber auch zur Gänze freisprechen.
Zusammenfassung
- Der Oberste Gerichtshof (OGH) entscheidet am Dienstag über die Urteile in der BUWOG-Affäre rund um Karl-Heinz Grasser.
- Womöglich ein Schlussstrich unter einer Causa, die seit über 20 Jahren andauert.
- Aber womit ist zu rechnen? Alle Szenarien im Überblick.