Bundesheer-Offizier: Könnte "zu einem Bürgerkrieg ausarten"
Die Lage in Russland ist undurchsichtig. Am Samstag ließ der Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin wissen, man habe die Kontrolle über das Militärkommando in der russischen Stadt Rostow übernommen.
Doch wie konnte zu diesem Aufstand in den russischen Reihen kommen? Es hat normalerweise schon einen Grund, "warum Soldaten und nicht Söldner einen Krieg führen", erklärte Bundesheer-Offizier Albin Rentenberger im PULS 24 Interview. In der Ukraine seien die Wagner-Söldner aber sehr nützlich gewesen: Verluste bei der Wagner-Gruppe würden die russische Bevölkerung "weitaus weniger" treffen als "eigene Wehrpflichtige, die durch den Wehrdienst im Einsatz sind", so Rentenberger.
Man habe Prigoschin jedoch "zu viel Spielraum gelassen, hat ihn zu groß werden lassen". Den Konflikt zwischen dem Militär und Prigoschin habe man wohl "unterschätzt".
Wagner-Truppe sucht "seinesgleichen"
"Zwischen 20.000 und 25.000" Truppenmitglieder werden momentan innerhalb der Wagner-Gruppe vermutet. Die militärische Stärke dieser Söldnereinheit würde "seinesgleichen" suchen, so Rentenberger.
"Die Truppen sind sicher besser ausgebildet und ausgestattet als die regulären russischen Streitkräfte". Wagner habe aber keine Kräfte in der Luft und auch keine weitreichende Artillerie.
Auch in den Kämpfen um Bachmut sei man deshalb auf die Unterstützung der russischen Streitkräfte angewiesen gewesen. Auf Dauer würden die Wagner-Truppen so nicht gegen die russischen Truppen durchhalten.
"Fast schon verstörend aus russischer Sicht"
Die Lage in Rostow, wo Wagner-Truppen mutmaßlich die Kontrolle übernommen haben, sei "schon sehr überraschend". Hier habe "anscheinend kein Kampf stattgefunden und dieses Gespräch zwischen Prigoschin und dem stellvertretenden russischen Verteidigungsminister ist ja fast schon verstörend aus russischer Sicht", so Rentenberger.
Die regulären Streitkräfte hätten sich demnach in Rostow nicht gewehrt, in anderen Bereichen würde gekämpft, laut dem Bundesheer-Offizier würden sich die russischen Streitkräfte aber "vorsichtig zurückhalten". Er vermutet, dass "die Verwirrung sehr sehr groß sein muss", wenn ehemalige Verbündete nun eigene Ziele verfolgen.
Ein "Bürgerkrieg könnte sich im Laufe der Zeit entwickeln"
Kämpfe auf russischen Gebiet auf offenen Territorium hält Rentenberger für möglich, in Städten jedoch für "sehr unwahrscheinlich". Darunter würde besonders die russische Bevölkerung leiden und Rentenberger glaubt nicht, dass Putin "diese Kollateralschäden in Kauf nimmt".
Wie sich die Lage weiterentwickelt, ist ungewiss. Ein "Bürgerkrieg könnte sich natürlich im Laufe der Zeit entwickeln", jetzt sei zunächst aber die Reaktion der russischen Streitkräfte entscheidend. Zu einem ähnlichen Schluss kam auch Russland-Experte Gerhard Mangott am Samstag auf PULS 24.
Sollten manche Einheiten wirklich auf die Seite Prigoschins wechseln, "dann könnte das eventuell auch zu einem Bürgerkrieg ausarten".
Was bedeutet das für die Ukraine?
"Etwas Besseres hätte der ukrainischen Gegenoffensive nicht passieren können", analysiert Rentenberger das Chaos in den russischen Reihen. Jetzt müsse die Ukraine aber ihre Operation neu planen, eventuell ändern sich die Ziele der Gegenoffensive.
Wenn man nun die richtigen Schlüsse auf ukrainischer Seite ziehe, gibt es jedoch eine Chance, "dass es hier gelingen könnte, diese Situation auszunutzen", sagte der Bundesheer-Offizier.
Zusammenfassung
- Eine Söldnerarmee wie die Wagner-Gruppe sucht "Seinesgleichen", die Lage könnte zu einem "Bürgerkrieg ausarten" und der Ukraine hätte nichts "besseres passieren" können - so die erste Einschätzung von Bundesheer-Offizier Albin Rentenberger.
- Doch wie konnte zu diesem Aufstand in den russischen Reihen kommen? Man habe Prigoschin "zu viel Spielraum gelassen, hat ihn zu groß werden lassen".
- "Zwischen 20 und 25 Tausend" Truppenmitglieder werden momentan innerhalb der Wagner-Gruppe vermutet. Die militärische Stärke dieser Söldnereinheit würde "Seinesgleichen" suchen, so Rentenberger. "Die Truppen sind sicher besser ausgebildet und ausgestattet
- Wie sich die Lage nun weiterentwickelt, ist ungewiss. Ein "Bürgerkrieg könnte sich natürlich im Laufe der Zeit entwickeln", jetzt sei zunächst aber die Reaktion der russischen Streitkräfte entscheidend.
- "Etwas Besseres hätte der ukrainischen Gegenoffensive nicht passieren können", analysiert Rentenberger das Chaos in den russischen Reihen.