Baltische Staaten kappten Stromnetz-Verbindung zu Russland
Strom beziehen Lettland, Litauen und Estland schon seit längerem nicht mehr aus Russland. Das aber bereits in den 1950er Jahren gebaute Netz verband die damaligen Sowjetrepubliken in der Region und wurde weiter genutzt. Erste Pläne sich von der Abhängigkeit zu lösen, gab es nach der russischen Annexion der Krim. Zuletzt hatten die Russland zugeschriebenen Beschädigungen von Energie- und Datenleitungen durch die Ostsee zu Nachbarstaaten die Bemühungen beschleunigt. Insgesamt 1,6 Milliarden Euro, überwiegend EU-Mittel, haben die drei Staaten dafür investiert.
Die Abkopplung von Russland macht die baltischen Staaten aber noch abhängiger von den Untersee-Leitungen. "In dieser Lage werden die Drohungen nicht weniger, sie werden erwartet", sagte Energieminister Vaiciunas mit Blick auf Russland. "Wir bereiten uns auf alle Eventualitäten vor, bis zu Extrem-Szenarien. Und wir haben Pläne, mit den Risiken umzugehen."
Für die EU bedeutet die Umstellung, dass sie eventuelle Störungen abfangen muss. "Die Leitung zwischen Polen und Litauen ist absolut kritisch", sagte ein Sprecher des polnischen Netzbetreibers PSE. "Wir werden sie um jeden Preis schützen." Sowohl Polen als auch die baltischen Staaten haben ohnehin in der Region sowohl Marine-Einheiten, Hubschrauber als auch Elite-Polizisten im Einsatz. Das litauische Militär hat Übungen zum Schutz der Überlandleitung gestartet.
Umgekehrt wird auch die russische Enklave Kaliningrad davon betroffen sein. Sie muss dann über ein sogenanntes Inselnetz ohne Anbindung nach außen versorgt werden. Russland hat rund eine Milliarde Euro investiert, die ins Netz sowie mehrere neue Gas-Kraftwerke in der Region geflossen sind.
Wie angespannt die Stimmung in den baltischen Staaten ist, zeigt der Absatz von Diesel-Generatoren. In Estland hat er sich etwa verzehnfacht. "Stromausfälle sind sehr unwahrscheinlich, aber bereiten Sie sich auf kurze Blackouts vor", warnte die estnische Regierung.
Zusammenfassung
- Die Abkopplung von Russland macht die baltischen Staaten jedoch abhängiger von Untersee-Leitungen, was neue Risiken birgt. Russland hat in Kaliningrad ein Inselnetz eingerichtet und rund eine Milliarde Euro in neue Gas-Kraftwerke investiert.