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ATACMS-Einsatz laut Experte keine automatische Eskalation

Die Entscheidung der US-Administration von Präsident Joe Biden, der Ukraine den Einsatz von weitreichenden Waffen auf russischem Territorium zu erlauben, führe nach Ansicht des Militärexperten Markus Reisner nicht "zwangsweise zu einer Eskalation". Die Folgen dieses "Paradigmenwechsels" auf den Kriegsverlauf oder eine etwaige Verhandlungsposition der Ukraine hängen von der Reichweite und den Fähigkeiten der eingesetzten Waffensysteme ab, sagt der Bundesheer-Oberst.

Berichte aus den USA deuten laut Reisner darauf hin, dass das US-System ATACMS in der Kurzstreckenversion mit einer Reichweite von 165 km eingesetzt werden solle. Ein Einsatz im Raum Kursk - unter anderem gegen Truppenkonzentrationen russischer und nordkoreanischer Soldaten in dem russischen Gebiet - würde bedeuten, dass die USA versuchen, der Ukraine zu ermöglichen, die besetzten russischen Gebiete so lange wie möglich zu halten. "Dies würde eine etwaige Verhandlungsposition der Ukraine verbessern und nicht zwangsweise zu einer - bis jetzt von den USA immer vermiedenen - Eskalation führen."

Reisner betont: "Im Moment deutet noch nichts darauf hin, dass die Erlaubnis des Einsatzes der ATACMS-Langstreckenversion mit einer Reichweite von bis zu 300 km erteilt wurde. Erst mit dieser Fähigkeit wäre es möglich, russische Munitionsdepots und Flugplätze umfassend anzugreifen und massiven Druck auf die russische Seite auszuüben." Offen sei zudem auch, ob Großbritannien und Frankreich gleichziehen und den Einsatz von STORM SHADOW und SCALP mit einer Reichweite von 560 km ebenfalls und mit Zustimmung der USA erlauben. "Dies würde den Druck auf Russland signifikanter erhöhen."

Reisner verweist gleichzeitig auf die wiederholte Drohung des russischen Machthabers Wladimir Putin, den Einsatz derartiger weitreichender westlicher Waffensysteme auf russischem Territorium als direkte Beteiligung von NATO-Staaten am Konflikt anzusehen und sich Gegenmaßnahmen vorzubehalten. Putins wiederholt öffentlich vorgetragenes Argument sei dabei, dass die Ukraine selbst über keine technischen Fähigkeiten zur Ziel- und Zielstreckenprogrammierung verfüge. Ein derartiger Einsatz könne daher nur durch einen NATO-Staat ermöglicht werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Die USA haben der Ukraine den Einsatz von ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von 165 km erlaubt, was laut Militärexperte Markus Reisner nicht zwangsläufig zu einer Eskalation führen muss.
  • Die russische Regierung unter Wladimir Putin betrachtet den Einsatz solcher Waffensysteme als direkte NATO-Beteiligung, da die Ukraine angeblich nicht über die nötigen technischen Fähigkeiten verfügt.
  • Ein Einsatz der ATACMS-Langstreckenversion mit 300 km Reichweite wurde bisher nicht genehmigt, während Großbritannien und Frankreich den Einsatz ihrer Raketen mit 560 km Reichweite in Betracht ziehen könnten.