Armutskonferenz warnt vor Folgen der Sparmaßnahmen auf Arme
"In Krisen heißt es oft, wir sitzen alle im selben Boot, aber ich würde sagen, wir sitzen alle im selben Sturm, aber alle in ganz unterschiedlichen Booten", verwies Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk auf die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen von Armutsbetroffenen. In den aktuellen Debatten über die Budgetkonsolidierung sei das untere Einkommensdrittel kaum vertreten, das untere Zehntel schon gar nicht, kritisiert er. Es sei klar, dass Einsparungen notwendig und Tempo gefordert seien, aber bei allen Maßnahmen müssten armutsbetroffene Haushalte mitberücksichtigt werden, forderte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Sie seien besonders betroffen durch die Streichung von Klimabonus und Energiehilfen sowie der Aussetzung des variablen Drittels der Kalten Progression.
Besonders große Sorge bereitet der Armutskonferenz die geplante Reform der Sozialhilfe. Im Regierungsprogramm würden zahlreiche Fragen offen bleiben, so Parr. Kritisiert wird die geplante Anrechnung der Familienbeihilfe auf Sozialleistungen, was für Familien mit Kindern deutliche Einschnitte bedeuten würde. Die Sozialhilfereform müsse mit der Kindergrundsicherung gemeinsam gedacht werden, sonst würden Kinder massiv verlieren, warnt Schenk. Auch die Volkshilfe, die in der geplanten Umsetzung ihrer langjährigen Forderung einer Kindergrundsicherung einen "echten Lichtblick" sieht, ortet "den Teufel im Detail". In Bezug auf die Sozialhilfe sehe man "die reale Gefahr, dass es eine Verschlechterung statt einer Verbesserung gibt", so Julia Ranftler.
Betroffen davon seien auch Menschen mit Behinderung, erklärte Gerline Heim vom Vertretungsnetz. Die erhöhte Familienbeihilfe sei für Menschen mit Behinderung oft das Zünglein an der Waage, um ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Sabine Rehbichler von der Organisation arbeit plus sieht "gute Ansätze" in der angekündigten Arbeitsmarktpolitik der Regierung. Kritik übte sie aber an der Einschränkung der Zuverdienstmöglichkeiten während der Arbeitslosigkeit, da eine geringfügige Beschäftigung für manche Menschen die einzige Chance sei, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die geplanten Ausnahmen von sechs Monaten für Langzeitarbeitslosigkeit sei zu kurz.
Alexander Machatschke von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe sieht im Regierungsprogramm zum Thema Wohnen durchaus positive Punkte, etwa das Bekenntnis zum "housing-first"-Ansatz, den Mietpreisdeckel sowie die Zweckbindung der Wohnbauförderung. Klar sei aber, wenn Einkommen gekürzt würden, werde auch die Wohnungslosigkeit wieder ansteigen, so Machatschke.
Zusammenfassung
- Die Armutskonferenz warnt, dass Sparmaßnahmen die Schere zwischen Arm und Reich vergrößern könnten, und fordert, dass benachteiligte Gruppen nicht die Hauptlast tragen sollen.
- Besondere Bedenken bestehen bezüglich der geplanten Reform der Sozialhilfe, die Familien mit Kindern durch die Anrechnung der Familienbeihilfe auf Sozialleistungen hart treffen könnte.
- Trotz positiver Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik wird die Einschränkung der Zuverdienstmöglichkeiten während der Arbeitslosigkeit kritisiert, da sie für viele die einzige Chance auf Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt darstellt.