Anreiz zu frühem Pensionsantritt in der Kritik
Im wesentlichen geht es darum, dass man im ersten Jahr nach Pensionsantritt 100 Prozent des für die Pensionisten vereinbarten Zuwachses nur dann bekommt, wenn man im Jänner geht, danach schrumpft das Plus von Monat zu Monat weiter. Wer im November oder Dezember in den Ruhestand tritt, bekommt im darauf folgenden Jahr gar keine Erhöhung. Erst ab dem zweiten Jahr erhält man die volle Anpassung.
Heuer wird dies zu einer besonderen Situation führen. Denn angesichts dessen, dass für die Anpassung August 2022 bis Juli 2023 gerechnet wird, ist ein sehr starker Anstieg von vermutlich rund sieben bis acht Prozent fix, da es ja stets zu einer Inflationsabgeltung kommt.
Wenn man es nun früh im Jahr in die Pension schafft, bekommt man 2024 von dieser außergewöhnlich hohen Anpassung natürlich deutlich mehr als wenn man erst im Herbst den Ruhestand antritt. Da sich das ja auf das gesamte weitere Leben auswirkt, entsteht - wie davor schon die AK warnte - durchaus ein Anreiz, möglichst früh in Pension zu gehen, auch wenn man die Abschläge durch einen Antritt vor dem Regelpensionsalter mit einrechnet.
Die SPÖ sieht auf Perspektive Frauen speziell benachteiligt, was wiederum damit zusammenhängt, dass in den kommenden Jahren ab 2024 deren Antrittsalter schrittweise an jenes der Männer angeglichen wird. Denn, wer zwischen 1. Jänner und 1. Juni geboren sei, könne erst in der zweiten Jahreshälfte in Pension gehen, argumentiert die SPÖ. Wer zwischen 2. Juni und Jahresende geboren sei, gehe ebenso in der zweiten Jahreshälfte in Pension, weil diese Gruppe bereits ein Jahr länger arbeiten müsse. Das setze sich dann weiter so fort.
SP-Sozialsprecher Josef Muchitsch tritt jetzt dafür ein, dass man die Inflationsabgeltung schon im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt voll erhalten soll, egal in welchem Monat man in den Ruhestand wechselt. Es sollte der Grundsatz gelten: Längeres Arbeiten und ins System Einzahlen dürfe nicht bestraft werden. Sonst sei der Fleißige der Dumme.
Zudem wünscht sich Muchitsch, dass für die Pensionsanpassung künftig nicht mehr die Teuerung zwischen August und darauf folgendem Juli herangezogen wird, sondern die des Kalenderjahres.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sprach angesichts der Aliquotierung von "völlig falschen Anreizen" für einen frühen Pensionsantritt. "Durch die Aliquotierung werden Menschen dazu gedrängt, ihre Pension möglichst rasch anzutreten. Das ist absurd und kontraproduktiv angesichts der aktuellen Diskussionen, wie man Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen länger im Beruf halten kann."
Pro Jahr gingen in Österreich rund 100.000 Menschen in Pension, für 90.000 von ihnen würde die aliquotierte Pensionsanpassung finanzielle Nachteile bedeuten. Bei einer Pension von 1.600 Euro brutto würde der Verlust in 20 Jahren beispielsweise 35.000 Euro ergeben (Inflationsrate 7,9 Prozent, ergibt minus 126 Euro pro Monat und minus 1.769 Euro pro Jahr - in 20 Jahren summiere sich das auf rund 35.000 Euro).
Zusammenfassung
- Die hohe Inflation lässt für kommendes Jahr eine zünftige Pensionserhöhung erwarten.
- Das könnte wiederum einen Anreiz schaffen, heuer früh im Jahr in den Ruhestand zu treten.
- Denn je später man geht, umso weniger Plus bekommt man im ersten Jahr nach Pensionsantritt.
- Wer im November oder Dezember in den Ruhestand tritt, bekommt im darauf folgenden Jahr gar keine Erhöhung.
- Erst ab dem zweiten Jahr erhält man die volle Anpassung.