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Amnesty beklagt "Doppelmoral" bei Menschenrechten

Eine "Doppelmoral des Westens" beklagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International" in ihrem Jahresbericht 2022/23. "Wir haben gesehen, wie weltweit russische Völkerrechtsverstöße verurteilt, Verbrechen untersucht und Grenzen für Geflüchtete geöffnet wurden", so die internationale Generalsekretärin von Amnesty International Agnès Callamard. "Diese Reaktion muss eine Vorlage dafür sein, wie wir allen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen entgegentreten."

Der "resolute und begrüßenswerte Ansatz" gegenüber Russland stehe in "scharfem Kontrast zu völlig unzureichenden Maßnahmen angesichts gegenwärtiger Konflikte", heißt es in dem Bericht. Als Beispiele werden Äthiopien sowie Myanmar genannt. Ebenso ungleich sei der Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine und Menschen, die aus Syrien, Afghanistan oder Libyen fliehen würden. Indem die EU-Mitgliedsstaaten ihre Grenzen für Ukrainerinnen und Ukrainer öffneten, hätten sie bewiesen, dass die Europäische Union "durchaus in der Lage ist, eine große Anzahl schutzsuchender Personen aufzunehmen und ihnen Zugang zu Gesundheitsleistungen, Bildungsmöglichkeiten und Wohnraum zu geben".

Die "Doppelmoral des Westens" habe Ländern wie China, Ägypten und Saudi-Arabien "die nötige Deckung" gegeben, um Kritik an ihrer Menschenrechtsbilanz auszuweichen. Obwohl 2022 beispielsweise in China massive Menschenrechtsverletzungen gegen die Uigurinnen und Uiguren begangen worden seien wurden, sei Peking einer internationalen Verurteilung durch die Generalversammlung, den Sicherheitsrat und den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen entkommen.

Rund um den Globus würden Demonstrationen eingeschränkt und Kritik unterdrückt. Im Iran etwa reagierten die Behörden auf die beispiellosen Massenproteste gegen Jahrzehnte der Unterdrückung mit äußerster Brutalität. Großes Augenmerk im Jahresbericht erhält auch der Nahost-Konflikt: Für Palästinenserinnen und Palästinenser im besetzten Westjordanland sei 2022 "eines der tödlichsten Jahre seit Beginn der systematischen Erfassung der Opferzahlen durch die Vereinten Nationen im Jahr 2006" gewesen. Demnach seien mehr als 150 Menschen von israelischen Streitkräften getötet worden. Nach wie vor würden Palästinenserinnen und Palästinenser durch israelische Behörden vertrieben. Anstatt ein Ende dieser Menschenrechtsverletzungen zu fordern, gingen viele westliche Regierungen dazu über, diejenigen anzugreifen, die dieses Unrecht anprangern", meinen die Autorinnen und Autoren des Berichts.

Amnesty International fordert eine "dringende Reform" des UNO-Sicherheitsrats, sowie die Stärkung der internationalen Institutionen, die "unsere Rechte schützen" sollen. Dafür müssten nach Ansicht der Organisation "zunächst die UNO-Menschenrechtsmechanismen vollständig finanziert werden". Nur so könnten die notwendigen Untersuchungen getätigt werden, die eine Rechenschaftspflicht ermöglichen und für Gerechtigkeit sorgen würden.

"Die Kriegsverbrechen, die im Rahmen des Angriffskriegs auf die Ukraine verübt werden, sind grobe Menschenrechtsverletzungen auf europäischem Boden. Darüber hinaus darf man auch andere Krisenregionen nicht vergessen", sagte die ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler am Dienstag in einer Aussendung als Reaktion auf den Jahresbericht. Die westliche Wertegemeinschaft müsse in dieser Situation für die Menschenrechte eintreten. "Das tut Österreich auch entschieden", so Kugler. Bezugnehmend auf den von Amnesty geforderten Schutz von Geflüchteten aus allen Teilen der Welt erklärte Kugler, dass "insbesondere die illegale Migration durch Menschen, die unter dem Vorwand eines Asylgesuchs nach Europa einreisen wollten, speziell das österreichische Asylsystem überlasten" würde.

ribbon Zusammenfassung
  • "Diese Reaktion muss eine Vorlage dafür sein, wie wir allen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen entgegentreten."
  • Der "resolute und begrüßenswerte Ansatz" gegenüber Russland stehe in "scharfem Kontrast zu völlig unzureichenden Maßnahmen angesichts gegenwärtiger Konflikte", heißt es in dem Bericht.
  • Dafür müssten nach Ansicht der Organisation "zunächst die UNO-Menschenrechtsmechanismen vollständig finanziert werden".