35 Prozent haben Verständnis für Corona-Proteste
Zustimmung finden die Proteste aktuell am häufigsten bei Menschen, die infolge der Krise von Job- oder Einkommensverlust betroffen sind, bei Arbeitern, in den unteren Einkommensgruppen, sowie bei Verschwörungstheoretikern. "Die Wahrnehmung der Protestierenden könnte in der Bevölkerung unterschiedlicher nicht sein: Von den einen werden die Demonstranten auf das gängige Klischee einer obskuren Gemeinschaft der Querdenker und Covididioten reduziert, von den anderen als eine besorgte, unter den Maßnahmen besonders leidende, um Freiheitsrechte kämpfende Bevölkerungsgruppe gesehen", kommentiert Gallup-Chefin Andrea Fronaschütz die Ergebnisse.
So stellt sich die Mehrheit der Demo-Gegner die Protestierenden als Corona-Leugner (84 Prozent), Verschwörungstheoretiker (79 Prozent), Rechtsradikale (70), Berufsprotestler und Querulanten (68) sowie rücksichtslose Menschen (65 Prozent) vor. Aus Sicht der Demo-Sympathisanten gehen hingegen jene Menschen auf die Straße, die das Vertrauen in die Regierung verloren haben (73 Prozent), von Existenzängsten geplagt werden (72), auf Missstände aufmerksam machen wollen (63), sich "den Mund nicht verbieten" lassen wollen (63), Selbständige (57) und besorgte Eltern (51 Prozent). Die Generation 50+ hat ein deutlich negativeres Bild der Corona-Demonstranten als Jüngere.
Die Befürworter von Demonstrationen zeichnen sich durch kein übersteigertes politisches Engagement aus. 15 Prozent geben an, auch vor der Corona-Krise an Demonstrationen teilgenommen zu haben, dies entspricht dem Bevölkerungsdurchschnitt von 14 Prozent. Etwas mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt (57 Prozent) haben sich in der Vergangenheit an Bürgerinitiativen beteiligt (63 Prozent). Bisher haben 17 Prozent der Sympathisanten an öffentlichen Corona-Protesten tatsächlich teilgenommen und/oder sind Mitglied einer Online-Protestgruppe.
Das Interesse an Politik liegt bei den Demo-Sympathisanten mit 42 Prozent knapp unter dem Bevölkerungsdurchschnitt (45 Prozent), nur 14 Prozent davon geben an, sich "sehr stark" für Politik zu interessieren (17 Prozent in der Gesamtbevölkerung). Sie sind nicht häufiger als andere Bevölkerungsgruppen in politischen Parteien oder Organisationen aktiv.
Wenn es um die Parteiaffinität geht, sympathisieren mit der Protestbewegung am häufigsten FPÖ-Anhänger (76 Prozent). NEOS-Affine befürworten die Demonstrationen zu 45, SPÖ-Sympathisanten zu 31 Prozent. Die Anhänger der Regierungsparteien stimmen den Protesten am wenigsten zu (ÖVP 14, Grüne 21 Prozent).
Derzeit erklären sich 38 Prozent der Befürworter von Demonstrationen (knapp 14 Prozent der Gesamtbevölkerung) bereit, künftig an öffentlichen Demonstrationen gegen die Corona-Politik auch tatsächlich teilzunehmen. 81 Prozent begründen ihre Demonstrationsbereitschaft mit den Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft Österreichs, 73 Prozent mit Einschränkungen der Freiheitsrechte. Je 69 Prozent sind der Ansicht, dass die Bürger von der Regierung belogen werden bzw. die Corona-Maßnahmen die Demokratie bedrohen. 68 Prozent machen sich Sorgen um das Wohl der Kinder und 64 Prozent finden die Maßnahmen übertrieben.
Gelitten hat in der Krise auch die Zustimmung zur Demokratie. Stimmten im April 2020 noch 79 Prozent der Bevölkerung der Aussage zu, dass die Demokratie in der Krise die beste Regierungsform ist, sind derzeit nur noch 68 Prozent dieser Ansicht. Menschen, die mit der Protestbewegung sympathisieren, sind nur noch zu 55 Prozent davon überzeugt. Die Zustimmung zu den Regierungsmaßnahmen liegt in der Bevölkerung ähnlich wie im Februar auf dem niedrigen Niveau von 42 Prozent.
Zusammenfassung
- 35 Prozent der Österreicher haben Verständnis für die Demonstrationen und Proteste gegen die Corona-Maßnahmen, 62 Prozent nicht.
- Der Anteil der Demo-Sympathisanten ist zwar seit Jänner relativ stabil, gegenüber dem November-Wert ist aber ein Anstieg zu erkennen.
- NEOS-Affine befürworten die Demonstrationen zu 45, SPÖ-Sympathisanten zu 31 Prozent.
- Gelitten hat in der Krise auch die Zustimmung zur Demokratie.