Wenders 3-D-Doku über Maler Kiefer in Cannes präsentiert
Wenders (77) folgt in der Doku dem Leben und Arbeiten von Kiefer (78). Es geht um den Lebensweg des Malers, seine Inspirationen und seinen kreativen Prozess. Die beiden kennen sich seit Anfang der 1990er-Jahre.
Mehr als zwei Jahre hat Wenders Kiefer für den Dokumentarfilm begleitet. Einiges wurde in dessen riesigem, etwa 40 Hektar großen Ateliergelände in Südfrankreich gefilmt, das Kiefer in den 1990er-Jahren bezog. Dort gibt es verschiedene Bauten - Pavillons, unterirdische Krypten und sogar ein Amphitheater. "So etwas hatte ich noch nie gesehen", beschreibt es Wenders. Dann ist der Künstler bei der Arbeit in seinem aktuellen Atelier nahe Paris zu sehen. Die Hallen sind so groß, dass Kiefer sich mit einem Fahrrad von Kunstwerk zu Kunstwerk bewegt.
Wenders Idee, Kiefers Kunst mit 3-D zum Leben zu erwecken, ist nachvollziehbar - schließlich ist sie für ihren texturreichen Charakter bekannt. Kiefer verwendet Blei, Erde, Asche oder Stroh, seine Bilder sind düster, oft grau oder schwarz. Die Kamera macht diese monumentalen und materialreichen Kunstwerke plastisch. Wir sehen Kiefer bei der Arbeit zu. Wie er mit einem Spachtel Farbe auf ein Bild hämmert. Mit einer speziellen Vorrichtung Säure darauf träufelt. Oder ein Bild mit einem Flammenwerfer traktiert.
Viel geht es um die ästhetischen Beweggründe von Kiefer. Er war einer der ersten Künstler, die sich offensiv mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzten. Dafür wurde er anfangs angefeindet. "Man kann doch eine Landschaft nicht einfach malen, wenn Panzer durchgefahren sind", lautete sein Credo. Die deutsche Geschichte wurde sein großes Thema. Inspiriert war er von Denkern wie Paul Celan, der in der Doku viel Raum bekommt. In einer historischen Tonaufnahme etwa liest Celan sein berühmtes Gedicht "Todesfuge".
Wenders spürt auch der Biografie Kiefers nach. Dieser wurde zwei Monate vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Luftschutzkeller eines Krankenhauses in Donaueschingen geboren. In den 1960er-Jahren studierte er Kunst in Freiburg. Erst arbeitete er zurückgezogen im Odenwald, bevor er in den 1990er-Jahren nach Frankreich ging. In Rückblenden spielt sein Sohn Daniel Kiefer den Künstler in jüngeren Jahren. Anton Wenders, der Großneffe des Filmemachers, spielt Kiefer als Kind.
In einer fantastischen Szene des Films sehen wir Kiefer mit einer riesigen verdorrten Sonnenblume in der Hand über die Trümmerlandschaften im Nachkriegsdeutschland balancieren. Nicht nur in dieser Szene werden Erinnerungen an Wenders (1987 in Cannes mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichneten) Film "Der Himmel über Berlin" wach, dessen Schauplatz ebenfalls vom Kriegserbe Deutschlands zeugt. Beide Werke sind überaus poetisch - und hallen lange nach.
(S E R V I C E - www.festival-cannes.com/f/anselm)
Zusammenfassung
- Der Regisseur und der Künstler wurden am Mittwoch auf dem roten Teppich von Kiefers Sohn Daniel sowie dem Großneffen von Wenders, Anton Wenders, begleitet - beide haben eine Rolle in dem Film.
- Mit "Anselm" hat Wenders ein Porträt des Künstlers geschaffen - und zwar in 3-D-Technik.
- Wenders (77) folgt in der Doku dem Leben und Arbeiten von Kiefer (78).
- Die Hallen sind so groß, dass Kiefer sich mit einem Fahrrad von Kunstwerk zu Kunstwerk bewegt.