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Stardirigent Simon Rattle wird 70

London, Berlin oder München - überall hat Sir Simon Rattle die Herzen des Publikums und der Orchester im Sturm erobert. Queen Elizabeth II. schlug den Liverpooler 1994 gar zum Ritter. Dabei begeistert der Stardirigent die Menschen nicht nur mit Musik. Es sind auch seine Freude, sein Humor und sein Bekenntnis, "ein ewiger Kindskopf" zu sein, die ihn so nahbar machen. Am 19. Jänner wird der Wahlberliner nun 70 Jahre alt.

Musik war in diesen sieben Jahrzehnten immer dabei. Der Vater war Musiklehrer, und so bekam der Sohn eine vielfältige Ausbildung. Klavier, Geige und Schlagzeug durfte Rattle lernen - letzteres machte er so gut, dass er mit zehn Jahren in einem Jugendorchester spielte. Fünf Jahre später nahm das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra den begabten Jugendlichen in seine Percussion-Abteilung auf. 1971 dirigierte der 1954 Geborene das erste Mal ein Sinfoniekonzert.

Ein Wunderkind also, das aber nicht in einem Elfenbeinturm aufwuchs, sondern in einer Mittelklassefamilie, inklusive Besuch im berühmten Liverpooler Stadion an der Anfield Road, wie Rattle mal dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) sagte.

Sein Vater habe ihn ins Stadion mitgenommen. Seitdem begeistert ihn nicht nur der sportliche Aspekt, sondern auch das Stadiongefühl inmitten von Fans, die gemeinsam ihrer Mannschaft zujubeln - in Liverpool mit der Hymne "You'll Never Walk Alone". "Einfach diesen Sound und diese Leidenschaft zu hören und auch in der Mitte dieses unglaublichen Gesangs zu sein, also das ist wirklich eine sehr emotionale Sache für mich", verriet er dem WDR: "Wir definieren uns über Fußball."

Doch all das darf nicht vom Eigentlichen Ablenken: der Musik. Für Aufsehen sorgte Rattle etwa mit einer Aufnahme aller vier Sinfonien von Johannes Brahms mit den Berliner Philharmonikern, die 2009 erschien. Viel Lob gab es auch für seine Interpretationen der Werke von Joseph Haydn, Gustav Mahler oder Jean Sibelius.

Wenn Rattle am Pult dirigiert, springt ein Funke über, auf das Publikum ebenso wie auf das Orchester. Seine Musik soll nicht elitär sein, sondern Menschen jeden Alters und jeder Herkunft erreichen. Rattles Bandbreite reicht quer durch die Epochen, vom Barock bis zur zeitgenössischen Musik.

Ausleben konnte er diese Leidenschaft unter anderem als Chef der Berliner Philharmoniker und der Osterfestspiele Salzburger und als Musikdirektor des London Symphony Orchestra, mit dem er aktuell gerade als Gastdirigent auf Tournee ist.

Als 2021 bekannt wurde, dass Rattle Nachfolger des 2019 verstorbenen Mariss Jansons beim BR-Symphonieorchester werden sollte, war man in London geschockt. In München aber war die Freude riesig, kannte man sich doch schon von gemeinsamen Projekten.

"Selten gibt es zwischen Dirigent und Orchester von Anfang an so ein tiefes gegenseitiges, musikalisches Verständnis", erklärte der Vorstand des renommierten Ensembles. Der Chor sprach von einem Glücksfall und lobte eine "höchste musikalische Wärme" und Hingabe an alle Musikstile und Epochen.

In München kam noch eine Facette hinzu - die bayerische Blasmusik. In der ersten Spielzeit beim BR-Symphonieorchester initiierte er einen "Symphonischen Hoagascht", bei dem Profis und Laienensembles aus dem ganzen Freistaat gemeinsam spielten. "Wie hätte ich dieses fantastische Land Bayern und seine musikalischen Traditionen besser kennenlernen können als über die Blasmusik?", schwärmte Rattle danach.

Ist der Dirigent also wunschlos glücklich? Nicht ganz, zumindest was München anbelangt. Die Ausstattung mit Konzertsälen findet er für eine Musikstadt mit namhaften Ensembles nicht zufriedenstellend. Das versprochene Konzerthaus ist nach jahrelanger Planung noch nicht gebaut - und aus Kostengründen mittlerweile deutlich abgespeckt. Saal statt Haus, heißt es jetzt. Und die Planungen beginnen erneut. Rattle bot via "Süddeutsche Zeitung" der Bayerischen Staatsregierung an: "Wir werden helfen, wo wir können: damit das Projekt Presto – und nicht Andante – vorangeht."

ribbon Zusammenfassung
  • Sir Simon Rattle, der am 19. Januar 70 Jahre alt wird, ist bekannt für seine Arbeit mit den Berliner Philharmonikern und dem London Symphony Orchestra.
  • Er wurde 1994 von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen und dirigierte bereits 1971 sein erstes Sinfoniekonzert.
  • Rattle kritisiert die unzureichende Ausstattung mit Konzertsälen in München und bietet der Bayerischen Staatsregierung seine Hilfe an, um das Projekt voranzutreiben.