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Prado-Schau löst Diskussion über Frauenfeindlichkeit aus

Die Ausstellung sollte eine späte Wiedergutmachung werden. Jahrhundertelang wurden Frauen in der Kunstwelt ignoriert und unterdrückt. Auch in der 200-jährigen Geschichte des Madrider Prado-Museums verschwanden die meisten Werke von Künstlerinnen meistens im Keller. Mit "Invitadas" versucht der Prado nun, seine eigene frauenfeindliche Geschichte zu beleuchten und lange ignorierten und vergessenen Malerinnen eine Plattform zu geben.

Insgesamt 60 Werke von Künstlerinnen aus dem 19. und 20. Jahrhundert werden ausgestellt. Die meisten stammen aus dem Bestand des Prado. In weiteren 70 Werken von männlichen Künstlern wird die Rolle der Frauen in der Gesellschaft und in der Kunstwelt jener Epoche dargestellt.

Die Idee ist zwar drei Jahre nach der #MeToo Bewegung nicht mehr ganz originell, dennoch lobenswert und gut. Prado-Direktor Miguel Falomir sprach bereits früh im Namen seines Museums ein "Mea Culpa" aus. "Wir sind Erben einer Sichtweise, und es ist die Pflicht der Museen, diesen Kanon zu überprüfen", erklärte Falomir vor Jahren und ließ seinen Worten Taten folgen. So würdigte die weltberühmte Madrider Pinakothek bereits Clara Peeters in einer großen Einzelausstellung und im vergangenen Jahr auch die beiden großen Renaissance-Künstlerinnen Sofonisba Anguissola und Lavinia Fontana.

Der Wille zur Wiedergutmachung, Entschuldigung und Selbstkritik ist da, wie auch die noch bis zum 14. März laufende Ausstellung "Invitadas" zeigt. Dennoch reißt die Kritik um die Schau nicht ab. Einige Vorwürfe sind berechtigt, andere nicht. Zu Recht stören sich feministische Künstlerinnen-Verbände an dem ungeschickt ausgewählten Titel der Ausstellung. "Invitadas" bedeutet "Eingeladene". "Indirekt suggeriert der Prado damit, dass Frauen immer noch nicht ganz zum Kunstbetrieb dazugehören. Das war vielleicht nicht so gemeint. Aber ein großer kommunikativer Fehler", ärgert sich die bekannte spanische Kunstkritikerin Rocio de la Villa im Gespräch mit der APA.

Das spanische Observatorium für Frauen in der bildenden Kunst bezeichnet die Ausstellung als eine "verpasste Gelegenheit, eine beschämende Lücke in unserer Geschichte zu schließen". Mehr noch: "Die Frauenfeindlichkeit des 19. Jahrhunderts wird weiterhin unter dem Vorwand ihrer historischen Nachbildung auf die Werke dieser Künstler projiziert", heißt es weiter in einer offiziellen Mitteilung.

Natürlich zeigen viele der ausgestellten Bilder Frauen mit Kindern, Blumen, am Herd, beim Nähen. Mit den künstlerischen Darstellungen von Frauen und ihrer Rolle in jener Epoche soll aber doch nur die Ignoranz und das Fehlverhalten der Gesellschaft und der damaligen wie teils heutigen Kunst- und Museumswelt aufgezeigt und kritisiert werden.

Der Ausstellung zudem vorzuwerfen, sie reproduziere lediglich die Unterdrückung weiblicher Kreativität in der Vergangenheit, ist auch nicht haltbar. Es ist eine Tatsache, wie die Ausstellung zeigt, dass auch Künstlerinnen wie Aurelia Navarro Moreno, Jane Clifford oder Flora Lopez Castrillo häufig nur zur Fertigung von Stillleben engagiert wurden. Selten bekamen Künstlerinnen wichtige Aufträge, verdienten ihren Lebensunterhalt häufig als Kopisten großer, männlicher Meister. Das sogar in einer eigenen Sektion zu zeigen, heißt nicht, diese Tatsache zu rechtfertigen oder die künstlerische Qualität der "weiblichen" Werke gering zu schätzen.

"Es ist keine Biennale über Malerinnen oder Archetypen. Es geht darum, den Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts und den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Sichtbarkeit zu verleihen und die patriarchalische Form zu erklären, mit der sie konfrontiert waren", macht Ausstellungskurator Carlos Navarro klar.

Vielen fällt es aber anscheinend schwer, im 21. Jahrhundert in einem Museum Werke mit frauenfeindlichen, gesellschaftlichen Stereotypen und Klischees aus dem 19. Jahrhundert zu sehen. Vielleicht sollte der Besucher die Ausstellung einfach wie Raimundo Madrazo in einem seiner gezeigten Gemälde betrachten. Es handelt sich um eine Atelierszene. Das zuvor gemalte Modell greift selber zum Pinsel und malt den Künstler als Stichmännchen neben sich ins Gemälde. Damit nimmt Madrazo die damals herrschende Regel, Männer malen, Frauen werden gemalt, anscheinend mit Ironie und Witz auf die Schippe.

An der Kritik, das Prado-Museum hätte sich bemühen können, weltweit die Werke großer Künstlerinnen für die Sonderausstellung zu leihen, ist etwas dran. Doch in Covid-Zeiten ist das derzeit mit Sicherheit kein einfaches Unterfangen. Welche Bedeutung der Prado der Ausstellung gibt, zeigt allein die Tatsache, dass es die erste Sonderschau nach dem Lockdown ist. Einige, derzeit besonders schlimm von der Coronapandemie betroffene Regionen wie Andalusien oder Katalonien haben den Kunst- und Kulturbetrieb größtenteils wieder auf Eis gelegt. In anderen Regionen wie Madrid sind Museen, Theater und Kinos einem reduzierten Publikum und unter hohen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen aber geöffnet. Dennoch ärgerlich, dass nicht mehr Museumsbesucher wegen der Covid-Einschränkungen diese interessante wie wichtige Ausstellung "Invitadas" sehen können.

ribbon Zusammenfassung
  • Jahrhundertelang wurden Frauen in der Kunstwelt ignoriert und unterdrückt.
  • Auch in der 200-jährigen Geschichte des Madrider Prado-Museums verschwanden die meisten Werke von Künstlerinnen meistens im Keller.
  • Insgesamt 60 Werke von Künstlerinnen aus dem 19. und 20. Jahrhundert werden ausgestellt.
  • Der Wille zur Wiedergutmachung, Entschuldigung und Selbstkritik ist da, wie auch die noch bis zum 14. März laufende Ausstellung "Invitadas" zeigt.