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Neues Buch

Plan gegen Islamismus: "Müssen weg von Showpolitik"

Heute, 07:02 · Lesedauer 5 min

"Es ist nicht gut, dass es dieses Buch braucht". Das sagt Stefan Kaltenbrunner, der mit Clemens Neuhold das Buch "Allahs mächtige Influencer. Wie TikTok-Islamisten unsere Jugend radikalisieren" schrieb. Die beiden Journalisten tauchten ein in die Welt der Online-Prediger und zeigen Wege, wie diese Welt zurückgedrängt werden könnte.

Beran A., ein damals 19-jähriger Niederösterreicher mit nordmazedonischer Migrationsgeschichte, soll einen Anschlag auf das Taylor Swift-Konzert im August in Wien geplant haben.

Ebenfalls im Augst tötete ein 26-jähriger Syrer in Solingen drei Menschen

Am 22. Jänner tötete ein 28-jähriger Afghane in Aschaffenburg zwei Menschen, im Februar raste ein 24-jähriger Afghane mit einem Auto in eine Demo in München.  

Mitte Februar tötete ein 23-jähriger Syrer in Villach einen 14-Jährigen mit einem Messer

Ende Februar wurde in Wien ein 14-jähriger Schüler festgenommen. Er soll einen Anschlag auf den Westbahnhof geplant haben. 

Das sind nur einige Beispiele für islamistisch motivierte Anschläge und Anschlagspläne, die sich während der Recherchen des ehemaligen PULS 24 Chefredakteurs Stefan Kaltenbrunner und des "Profil"-Journalisten Clemens Neuhold ereigneten.

Die digitale Parallelwelt der Online-Prediger

Bei allen Fällen spielten soziale Medien und das Internet eine wesentliche Rolle bei der Radikalisierung. Für ihr Buch "Allahs mächtige Influencer" tauchten die beiden Journalisten tief ein in diese Welt. 

Im Sommer 2024 entstand die Idee zu dem Buch. Doch man musste es ständig umschreiben, weil immer wieder ein neuer Anschlag passierte. "Erschütternd" war, dass man auch die Opferzahlen ständig nach oben korrigieren musste, so Kaltenbrunner im Gespräch mit PULS 24. "Leider" erscheint das Buch genau zur richtigen Zeit. Es sei eigentlich "nicht gut, dass es dieses Buch braucht", sagt er.

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Stefan Kaltenbrunner und Clemens Neuhold

Das Werk liefert einen Überblick über die digitale Parallelwelt der Online-Prediger und Influencer, die die Hinterhofmoscheen bei der Radikalisierung oft schon ersetzt haben. Nicht nur Pädagog:innen, Sozialarbeiter:innen oder Politiker:innen sei dieser alarmierende Einblick ans Herz gelegt.

Von Clan-Chefs und "Schattenpredigern"

Das Buch arbeitet die salafistische Ideologie der ersten Internet-Prediger wie Pierre Vogel oder Abul Baraa auf. Es werden die Clan-Bosse wie Bushidos Ex-Manager Arafat Abou-Chaker oder die "Schattenprediger" aus dem Ausland thematisiert.

Das Buch zeigt aber auch die Gefahren der neueren, moderner auftretenden Influencer, die sich etwa mit Antworten auf Alltagsfragen oder sogar mit vermeintlichen Ratschlägen an Frauen profilieren wollen.

Kaltenbrunner und Neuhold wagten einen Selbstversuch auf TikTok und zeigen so die Gefahr des Algorithmus und des Abdriftens ins Radikale auf: Islamistische Scouts durchforsten die Kommentare, um mögliche Komplizen zu finden. 

Hunderttausende Follower, Millionen Aufrufe. "Die Masse hat uns wahnsinnig überrascht", sagt Kaltenbrunner. Überrascht habe ihn aber auch die Professionalität der Videos, mit welchem Selbstverständnis und wie unterschiedlich die Influencer auftreten: "Es ist für alle was dabei". Im Buch wird auch das Phänomen von Konvertit:innen erläutert. 

"Das verfestigt sich bei den Jugendlichen", warnt Kaltenbrunner. Die radikale Auslegung des Islams in den Videos habe mit der theologischen Auslegung oft wenig zu tun. Dennoch seien die Inhalte "identitätsstiftend".

"Wir müssen verhindern, dass das Pop wird"

Die Inhalte geben mit einfachen Antworten in einem komplexen Alltag Orientierung. Und sie liefern das Gefühl, einer Einheit anzugehören, der 'wahren Lehre' zu folgen - eine Erhöhung gegenüber allen anderen. Es wird eine "Wir-gegen-sie-Mentalität", gegen den Westen, gegen Andersgläubige, gegen säkulare Muslim:innen vermittelt. "Wir müssen verhindern, dass das Pop wird", sagt der Autor. 

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"Allahs mächtige Influencer"

Das Buch endet mit einem "12-Punkte-Plan gegen Online Islamismus", der Vorschläge "zur Diskussion" stellt, wie das gelingen könnte. 

"Man wird aktuell nicht alle Anschläge verhindern können", sagt Kaltenbrunner. Damit sich das irgendwann ändert, müsse man sich aber "die Wurzel des Übels" anschauen. Hauptforderungen der Autoren sind eine Reglementierung von TikTok und die Plattform für Unter-14-Jährige zu verbieten. Das Medienrecht sollte auch auf dort verbreitete Inhalte angewendet werden - mit Meinungsfreiheit habe das nämlich nichts mehr zu tun, so der Autor. 

Man müsse aber auch eine Debatte über Geflüchtete und den Islam führen, sagt der Journalist. Dabei müsse man "weg von der Showpolitik". Debatten über Kreuze in Klassenzimmern oder angebliche Nikolaus-Verbote würden nichts bringen. 

"Anti-Islamismus-Charta" und Gegenöffentlichkeit

Er fordert hingegen von Asylwerber:innen eine Unterschrift auf eine "Anti-Islamismus-Charta". Werte wie die Gleichstellung von Frauen, Homosexuellen oder das Existenzrecht Israels müssen von allen, die hier leben wollen, anerkannt werden. Bei Missachtung müsse es auch Konsequenzen geben.

Als "Ultima Ratio" wird im Buch auch ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam genannt, auch wenn Gesinnungsgesetze in Demokratien schwer umsetzbar seien. 

Im Gegensatz zur "Wir-gegen-sie-Mentalität" der Islamisten sollte die Mehrheitsgesellschaft in Österreich anerkennen, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind. Dazu könnte etwa ein Einwanderungsmuseum beitragen, schlagen die Autoren vor. In den Schulen sollten Kinder nicht in verschiedene Religionsunterrichte getrennt werden - es sollte einen Unterricht für alle Religionen und Demokratieunterricht geben. 

Zudem schlagen die Autoren eine "Brandmauer gegen Islamismus, errichtet von Muslimen" vor. Im Buch werden die konservativen muslimischen Religionsgemeinschaften in die Verantwortung genommen. Ihnen würde eine Rolle bei der Errichtung einer "authentischen Gegenöffentlichkeit" im Netz zukommen. Wie im Untertitel des Buches festgehalten, geht es schließlich um "UNSERE Jugend", hält Kaltenbrunner fest. 

"Allahs mächtige Influencer. Wie TikTok-Islamisten unsere Jugend radikalisieren" erscheint am 15. März bei "edition a" und kostet 25 Euro. 

Video: Mehr Sicherheit durch Messenger-Überwachung und TikTok-Verbot?

Zusammenfassung
  • "Es ist nicht gut, dass es dieses Buch braucht". ""Leider" erscheint dieses Buch genau zur richtigen Zeit.
  • Das sagt Stefan Kaltenbrunner, der mit Clemens Neuhold das Buch "Allahs mächtige Influencer. Wie TikTok-Islamisten unsere Jugend radikalisieren" schrieb.
  • Die beiden Journalisten tauchten ein in die Welt der Online-Prediger und zeigen Wege, wie diese Welt zurückgedrängt werden könnte.