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Nach Watschen-Affäre: Gardiners Ersatzmann Dinis Sousa in Salzburg gefeiert

Auch wenn die Aufführung der letzten konzertanten Oper bei den Salzburger Festspielen dank eines unschönen (Hand-)Ausrutschers von Dirigent John Eliot Gardiner unter keinem guten Stern stand, machte sein Assistent Dinis Sousa sie am Samstagabend zu einem echten musikalischen Highlight.

Die konzertanten Opernaufführungen haben bei den Salzburger Festspielen in den letzten Jahren immer wieder Highlights gesetzt. Das liegt unter anderem daran, dass hier oft die Gelegenheit genutzt wurde, schwer oder uninszenierbar geltende Werke auf die Bühne zu bringen. Dies gilt für "Les Troyens" von Hector Berlioz zwar nicht unbedingt, doch mit seiner Spieldauer von insgesamt vier Stunden, ist das Werk kein leicht zu bewältigender Brocken. Schon die erste Gesamtaufführung 1890 wurde auf zwei Tage verteilt. Auch Berlioz' hohe personelle Anforderungen stellten keine leichte Aufgabe dar. Alleine neben dem Chor wollte er hundert weitere Sänger.

Auf der Bühne des Großen Festspielhauses standen letztlich nur 13 Solisten, und mehr hätte es dank deren durchwegs hoher Leistung auch nicht gebraucht. Die weiblichen Titelpartien verlangen ihren Sängerinnen einiges ab, doch weder Alice Coote als düster schwelgende Cassandre, noch Paula Murrihy als elegante und berührend tief verletzte Dido brachte das auch nur ansatzweise in die Bredouille. Besonders spielfreudig daneben auch Beth Taylor als Didos liebevolle Schwester Anna. In der Partie des Enee gab Michael Spyers sich heldisch, wenn auch nicht immer ganz durchwegig. Den Kopf musste man schütteln, als Dido im vierten Akt bedauerte, der Gesang des Hofsänger Iopas würde sie nicht berühren. In dieser Rolle glänzte der junge Tenor Laurence Kilsby mit viel Leichtigkeit und Glanz. Ebenfalls bemerkenswert, William Thomas als Narbal/Priam, der leider nicht nur wegen seines kräftig dunkelsamtigen Basses im Fokus der Aufmerksamkeit stand.

Berlioz' Opernkoloss an Land gezogen hatte Dirigent John Eliot Gardiner, der das von ihm gegründete Orchestre Revolutionnaire et Romantique und den Monteverdi Choir auch geleitet hätte, wäre ihm nicht gegenüber William Thomas hinter der Bühne bei der Aufführung in La Cote-Saint-Andre die Hand ausgerutscht, nachdem der den falschen Bühnenabgang gewählt hatte. Was darauf folgten, waren eine öffentliche Entschuldigung und eine Absage seiner Dirigate für alle weiteren geplanten Aufführungen von "Les Troyens".

Dass das Werk in Salzburg trotzdem zur Aufführung kommen konnte, war nun dem Einsatz von Dinis Sousa zu verdanken, ein Assistent Gardiners. Dass er schon länger mit Orchester und Werk vertraut ist, war von Anfang an unverkennbar. Sousa kreierte mit dem Originalklangorchester große, malerisch musizierte Momente, die Berlioz epischer Komposition alle Ehre machten. Auch den technisch exzellent einstudierten Chor hielt er stets passend auf Nähe und Distanz. Bereits zur ersten Pause spendete ihm das Publikum dafür großen Applaus und Bravo. Am Ende des insgesamt über fünfstündigen Abends rissen seine und die Leistung aller Musiker es letztlich jubelnd von den Stühlen.

ribbon Zusammenfassung
  • Schon die erste Gesamtaufführung 1890 wurde auf zwei Tage verteilt.
  • Dass er schon länger mit Orchester und Werk vertraut ist, war von Anfang an unverkennbar.