Nach angekündigtem Erl-Aus: Loebe enttäuscht über Vorgehen
"Ich wurde schließlich im Jahr 2018 geholt, um die Festspiele zu retten, was auch geglückt ist", betonte Loebe und ortete mangelnden Respekt gegenüber seiner Arbeit. Weshalb man auf diese Art und Weise mit ihm umgehe, könne er nicht beantworten: "Ich weiß nicht, ob es Land, Bund oder der Vorstand sind". Zwischen den Zeile lese er aber alles in allem heraus, dass man "eigentlich in Zukunft eine Frau will."
Für die Erl-Zukunft sei das gegenwärtige Agieren jedenfalls "eine ziemliche Katastrophe". Das Publikum kehre nach den Corona-Lockdowns zunehmend und dankbar zurück, die Auslastung sei wieder gut und mit Erik Nielsen habe man mittlerweile einen hochmusikalischen Chefdirigenten gefunden. Das Rad laufe also, die Zusammenarbeit mit Nielsen und Orchester sei fruchtbar und auch der künstlerische und personelle Austausch zwischen Erl und Frankfurt werde mittlerweile von den Besucherinnen und Besuchern verstanden und gewürdigt.
Er hätte jedenfalls gerne "künstlerisch gerne noch mehr riskiert" und in das von ihm langfristig angelegte "Projekt Erl" auch noch verstärkt zeitgenössische oder außereuropäische Musik mit hereingeholt, betonte Loebe, der seit mehr als zwei Jahrzehnten Intendant der Frankfurter Oper ist. Auch die Arbeit an der "Durchmischung des Publikums" mittels pädagogischer Vermittlungskonzepte wäre ihm in den nächsten Jahren sehr am Herzen gelegen.
Auch an der Flexibilität des Festspielorchesters hätte Loebe gerne noch weiter gefeilt. "Dieses wurde ja mit Beginn meiner Intendanz auf die Probe gestellt, da es keinen fixen Dirigenten gab." Dadurch sei das Orchester "künstlerisch gewachsen" und habe seine Qualität unter Beweis gestellt. Nicht zuletzt war es ihm ein großes Anliegen, die "junge Sängerinnen- und Sängergeneration in Erl auf die Bühne zu bringen", sagte er. Der Aufbau ebenjener brauche zweifellos viel Zeit, die ihm in Erl leider nicht mehr bleibe.
Dennoch sei er "nicht verbittert" darüber, dass sich seine Zeit in Erl dem Ende zuneigt. Er blicke jetzt schon auf eine "überwiegend schöne Zeit" zurück, in der "auch viel gelungen ist". "Ich konnte in Erl etwa erfolgreich Qualitätsbegriffe einführen", konstatierte der Noch-Intendant. Ihm sei es unter anderem gelungen, die "Oper als Kunstform" zu etablieren, bei der "Bühnenbild, Musik, Licht und Inszenierung gleichwertig sind."
Mit dem Kopf befinde er sich im Moment zwar schon noch in Erl, aber auch schon wieder viel in seinem "Stammhaus in Frankfurt". "Dort habe ich ein Haus, das künstlerisch blitzsauber dasteht, eine tolle Auslastung und ein tolles Ensemble hat", schwärmte Loebe. Auch das Publikum dort entspreche seinen Vorstellungen: "Das ist wunderbar gemischt und ein Abbild der Gesellschaft." So etwas gelinge einfach nicht in so kurzer Zeit, betonte er im Hinblick auf das aus seiner Sicht "noch unfertige Projekt Erl".
Die Ausschreibung für die Nachfolge läuft bereits, weshalb Mäzen Hans Peter Haselsteiner auf eine zügige Entscheidung hofft. "Gehen Sie davon aus, dass es bis zum Sommer soweit sein wird", sagte dieser im März bei einer Pressekonferenz in Wien. Dort macht Loebe auch bereits klar, dass er sich keinem "Wettbewerb" mehr stellen wolle: "Für eine Verlängerung stehe ich nicht mehr zur Verfügung".
Zusammenfassung
- Der Intendant der Tiroler Festspiele Erl, Bernd Loebe, dessen Abgang mit spätestens 2025 besiegelt ist, hat sich hinsichtlich des Vorgehens der Erl-Verantwortlichen enttäuscht gezeigt.
- "Am liebsten will ich schon diesen Sommer weg, was mir vertraglich wohl nicht gelingen wird", sagte er im APA-Interview.
- So etwas gelinge einfach nicht in so kurzer Zeit, betonte er im Hinblick auf das aus seiner Sicht "noch unfertige Projekt Erl".