Moskauer Festival nimmt österreichischen Film in Wettbewerb
"Beachten Sie doch die Geografie unseres Wettbewerbs, die ungeachtet von Intrigen und Sanktionen sehr gut aussieht", freute sich vergangene Woche in Moskau die für die Auswahl mitverantwortliche Filmexpertin Jewgenija Tirdatowa. Das freundschaftliche Verhältnis von deutschen Verleihern und Produzenten habe einen guten Dienst erwiesen und deshalb seien auch ein Film aus Österreich sowie zwei Filme aus Deutschland im Wettbewerb, erklärte sie auf der Programmpressekonferenz des Festivals, das zwischen 19. und 26. April stattfindet und bei dem auch - so wurde stolz berichtet - Filme aus 21 "unfreundlichen Staaten" gezeigt werden sollen. Unerwähnt ließ Tirdatowa, dass diese drei deutschsprachigen Wettbewerbsfilme, darunter Keglevic' "Am Ende wird alles sichtbar", mit Media Luna New Films in Köln denselben Weltvertrieb haben.
Keglevic selbst zeigte sich in einem Telefonat mit der APA am Dienstag überrascht, dass seine Verfilmung eines Romans von August Schmölzer in Moskau laufen wird. Es habe eine Einladung zum Festival gegeben, aber er und sein Produzent Wolfgang Rest hätten erklärt, aus politischen Gründen nicht in das kriegsführende Land fahren zu wollen. "Warum der Film trotz Nicht-Anwesenheit und Nicht-Beteiligung dann da läuft, kann ich ihnen nicht sagen", sagte er. Den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilte der Regisseur explizit: "Das ist ein Verbrechen ohne Gleichen, und das beginnt schon mit der Eroberung der Krim."
Gleichzeitig ließen Regisseur und Produzent keinen Zweifel daran, dass sie nicht gegen die russische Vorführung des Films selbst protestieren werden. Man habe es Media Luna New Films freigestellt, den Film in Moskau zu zeigen, erläuterte Produzent Rest am Dienstag gegenüber der APA. Er begründete diese Entscheidung mit dem Inhalt des Films, in dem angeprangert werde, wie ein Machthaber den politischen Gegner diffamiere und ermorden lasse. Die Einladung dieses Films nach Moskau habe ihn deshalb auch positiv erstaunt. "Ich finde auch, dass die Russen die Chance haben müssen, solche Filme zu sehen und nicht nur russische Propaganda-Filme", erklärte Rest.
Über den politischen Kontext des de facto staatlichen Filmfestivals, dessen langjähriger Präsident Nikita Michalkow für seine aktive Unterstützung des Angriffskriegs gegen die Ukraine im Dezember 2022 von der EU sanktioniert wurde, zeigte sich der österreichische Filmproduzent indes uninformiert. "Okay, das war mir nicht kenntlich. Dazu habe ich auch einen Weltvertrieb", sagte Rest. Da es sich bei "Am Ende wird alles sichtbar" bei ihm um den ersten Kinofilm seit längerer Zeit handle, sei er mit den weltweiten Festivals nicht "auf Du und Du", begründete er.
In größeren Teilen der österreichischen Filmszene sieht man russische Festivals seit dem 24. Februar 2022 indes deutlich kritischer. Zahlreiche Filmschaffende erklärten der APA vergangene Woche am Rande der Diagonale, dass sie von einer Teilnahme gerade an staatsnahen und staatlichen Veranstaltungen in Russland abraten würden. Und die für die internationale Verbreitung des österreichischen Films engagierte Austrian Films (früher: Austrian Film Commission), sie war für Keglevic' Film nicht zuständig, hat ihre russische Aktivitäten eingestellt: "Seit Beginn des Kriegs werden wir in Russland nicht mehr aktiv. Wenn es eine Anfrage gibt, dann überlassen wir die Entscheidung den Rechteinhabern, unterstützen aber keine Teilnahme (an russischen Festivals, Anm.)", sagte AF-Geschäftsführerin Anne Laurent-Delage der APA am Dienstag.
Zusammenfassung
- Der österreichische Film 'Am Ende wird alles sichtbar' von Peter Keglevic nimmt am 46. Moskauer Internationalen Filmfestival teil, das vom 19. bis 26. April stattfindet.
- Regisseur und Produzent reisen aus politischen Gründen nicht nach Russland, lassen aber die Vorführung ihres Films, der Machtmissbrauch thematisiert, durch den Weltvertrieb zu.
- Trotz EU-Sanktionen gegen Festivalpräsident Nikita Michalkow und kritischer Haltung der österreichischen Filmszene gegenüber russischen Festivals, werden Filme aus 21 'unfreundlichen Staaten' gezeigt.