Mario Wurmitzer ist "sehr gespannt" auf den Bachmann-Preis
"Im Inneren des Klaviers" war ein politisches Fantasy-Märchen, eine Art Revolutionsparabel mit tyrannischem König und rebellischer Königstochter. Wurmitzers zweiter Roman spielt dagegen in der nahen Zukunft. "Es geht um einen multinationalen Konzern, um den sich ein Kult gebildet hat. Die Mitarbeiter sind ihm in einer Art kultisch-sklavischem Verhältnis völlig ergeben. Und es geht um eine Protagonistin, die nicht mehr daran glaubt", erzählt der Autor im Gespräch mit der APA. Was er bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur (28. Juni bis 2. Juli) in Klagenfurt lesen wird, ist jedoch kein Auszug aus dem Roman, sondern ein eigenständiger Text.
"Ich habe in den letzten Weihnachtsferien daran gearbeitet und mir plötzlich gedacht: Die Länge wurde eigentlich gut zu Klagenfurt passen", schmunzelt Wurmitzer. Nachdem er niemanden in der Jury persönlich kannte, schickte er das Manuskript einfach an alle sieben Juroren - und musste gar nicht lange warten. Der Schweizer Philipp Tingler griff zu. "Wir haben seither ein paar Mal telefoniert, und er hat auch Feedback gegeben", freut sich der Autor, der nicht allzu viel über den Text verraten möchte. Es gehe um mentale Gesundheit, prekäre Arbeit und Wohnverhältnisse, deutet er kryptisch an.
"Ich freue mich auf spannende Begegnungen und lasse das einfach auf mich zukommen", gibt er sich wenige Wochen vor Klagenfurt cool - weiß aber aus Erfahrung, dass Lampenfieber auch unmittelbar vor dem Auftritt einsetzen kann. Wurmitzer ist ein Mann des Theaters und schreibt aus guten Grund lieber für die Bühne als auf ihr zu stehen. Er bewundere Schauspieler, suche selbst aber nicht das Scheinwerferlicht, beteuert er: "Ich bin keine Rampensau!"
Wurmitzer hat Germanistik und Geschichte studiert (Fächer, die er heute im Gymnasium unterrichtet) und als Autor zunächst Prosa geschrieben. Die Lektüre von Ödön von Horváths "Kasimir und Karoline" begeisterte ihn aber so sehr, dass er nicht nur begann, ins Theater zu gehen, sondern auch Dialoge als literarische Herausforderung annahm. Heute kann er nicht nur auf einige Uraufführungen - "Werbung Liebe Zuckerwatte" 2017 in Reichenau, "Nähe" 2018 in Osnabrück, "Das Optimum" 2019 in Bregenz, "The Secret Bubble" 2022 in Wien und "Die Veredelung der Herzen" im April 2023 in Heilbronn - zurück-, sondern auch auf eine vorausblicken. "La notte italiana - Die Reise ans Ende der Gleichgültigkeit" führt Wurmitzer zu seinem Lieblingsautor zurück, ist eine zeitgenössische Überschreibung von Horváths "Italienische Nacht" und als satirische Auseinandersetzung mit dem Zustand der Sozialdemokratie in Österreich angekündigt. Die Uraufführung findet im Jänner 2024 jedoch nicht hierzulande, sondern in Niedersachsen statt.
Zunächst geht es für Wurmitzer jedoch nicht an die Nordsee sondern an den Wörthersee. Das Wettlesen hat er bisher nur im Fernsehen verfolgt. "Ich bin schon sehr gespannt, wie es sein wird, selbst vor Ort zu sein." Keine Angst vor öffentlicher Kritik? "Wenn man etwas erreichen will, ist es nötig, sich den Erfordernissen des Betriebs zu stellen - sonst passiert nie etwas", gibt er sich abgeklärt. "Ich glaube, es ist die Möglichkeit, eine Erfahrung machen zu dürfen, mit der man sich in jedem Fall weiterentwickeln kann."
Ingeborg Bachmann, schätzt Mario Wurmitzer übrigens als "eine ganz große Autorin, zeitlos aktuell". Und irgendwie klingt das, was für ihn Literatur auszeichnet, auch sehr kompatibel mit der Poetik der Namensgeberin des Preises: "Man sollte sich mit der Abbildung der Wirklichkeit nicht zufriedengeben. Literatur vermag anderes zu leisten."
(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - www.mariowurmitzer.at)
Zusammenfassung
- "Es könnte schlimmer sein", heißt der nächste Roman von Mario Wurmitzer.
- "Das ist auch mein Lebensmotto", lacht der 1992 in Mistelbach (NÖ) geborene Autor.