APA/Suhrkamp

Kafka-Jahr startet mit zwei Comic-Bänden von Nicolas Mahler

2024 ist - unter anderem - Kafka-Jahr. Der Prager Dichter Franz Kafka starb am 3. Juni 1924 im Alter von 40 Jahren. Zum Gedenken werden im kommenden Jahr zahlreiche Aktivitäten gesetzt. So gibt es etwa eine sechsteilige ORF-ARD-Koproduktion David Schalkos über das Leben Kafkas, bei der Daniel Kehlmann Co-Drehbuchautor ist. Den Auftakt setzen aber schon jetzt zwei Comics des österreichischen Zeichners Nicolas Mahler, eine Comic-Biografie und die Sammlung "Kafka für Boshafte".

Der Wiener Mahler, ab 2024 Leiter der "schule für dichtung wien", hat es in der zeichnerischen Umsetzung von Leben und Werk prominenter Dichter zu einer Meisterschaft gebracht, die eine große Anhängerschar hat. Thomas Bernhard, Robert Musil, Lewis Carroll, Marcel Proust oder James Joyce hat er so bereits neue Leserscharen erschlossen. Nachdem 2014 sein Band "Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine" eher autobiografischen Alltagserlebnissen gewidmet war und u.a. seinen Witz aus der Namensähnlichkeit von Rolf Kauka ("Fox und Foxi") und Franz Kafka bezog, steht nun tatsächlich der weltberühmte Autor im Mittelpunkt. Dass dieser selber gerne zeichnete, macht die Sache umso interessanter.

"Du, ich war einmal ein großer Zeichner ... ich werde Dir nächstens paar alte Zeichnungen schicken, damit Du etwas zum Lachen hast", schrieb Franz Kafka 1913 an seine Verlobte Felice Bauer. Sein Zeichnen hätte ihn einst "mehr befriedigt als irgendetwas". Einige von Kafkas minimalistischen Zeichnungen - darin im Stil durchaus Mahler verwandt - kennt man von den Covers mancher Buchausgaben. Auch die Albertina soll zwei Bleistiftzeichnungen Kafkas besitzen. Und erst im Vorjahr erschien der Band "Franz Kafka: Die Zeichnungen", der u.a. hundert 2019 in einem Zürcher Banksafe aufgetauchte Kafka-Zeichnungen enthielt.

"Komplett Kafka" liefert einen witzigen und fundierten Schnelldurchlauf durch Leben, Werk und Psyche des Schriftstellers und hebt hie und da den Autor, dessen Name zum Synonym für die Überhöhung der Wirklichkeit ins Unsinnige und Absurde wurde, ins Surreale: So formt der Prager Rabbi Löw nicht nur den Golem, sondern auch Kafkas Vater Hermann aus Lehm - und später beim Wohnungsputz auch aus einem unterm Bett liegen gebliebenen, bereits halb vertrockneten Klümpchen dessen Sohn Franz. "Ach, Rabbi, hättest du doch das traurige Klümpchen nicht belebt. Wieviel Ängste, Schmerz und Zaudereien wären dem kleinen Wesen erspart geblieben."

Dieses kleine Wesen erhält von Mahler schon bald seine charakteristischen Fliegerohren und absolviert in Zeichnungen, die sich mitunter tatsächlich stark an Kafkas Vignetten orientieren, bekannte und unbekannte Lebensstationen bis hin zu seiner letalen Tuberkulose, die auch in Mahlers gezeichneter Version zu Herzen geht: Am Ende ist der ausgezehrte Dichter tatsächlich nur noch ein flach im Bett liegendes Strichmännchen.

Mehr zu lachen und zu lesen gibt es in "Kafka für Boshafte", für die Mahler eine Text-Auswahl aus den Werken, Tagebüchern und Briefen Kafkas getroffen und diese illustriert hat. "Ja, er lachte gern und herzhaft und wußte auch seine Freunde zum Lachen zu bringen", berichtete sein Freund Max Brod, doch zeigt auch Mahlers Auswahl mindestens ebenso die tragischen wie die komischen Seiten dieses Lebens - gemäß Kafkas Bemerkung in einem Brief an Milena: "Auch verstehe ich Spaß, aber alles kann mir auch Drohung sein." Oder, ein Tagebucheintrag, den Mahler unter den Begriff "Freude" gestellt hat: "Heute früh zum erstenmal seit langer Zeit wieder die Freude an der Vorstellung eines in meinem Herzen gedrehten Messers."

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Nicolas Mahler: "Komplett Kafka", suhrkamp taschenbuch 5374, 128 Seiten, 18,30 Euro, ISBN 978-3-518-47374-0; Nicolas Mahler (Hg.): "Kafka für Boshafte. Ausgewählt und gezeichnet von Nicolas Mahler", insel taschenbuch 5019, 128 Seiten, 12,20 Euro, ISBN 978-3-458-68319-3)

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  • 2024 ist - unter anderem - Kafka-Jahr. Der Prager Dichter Franz Kafka starb am 3. Juni 1924 im Alter von 40 Jahren. Zum Gedenken werden im kommenden Jahr zahlreiche Aktivitäten gesetzt. So gibt es etwa eine sechsteilige ORF-ARD-Koproduktion David Schalkos über das Leben Kafkas, bei der Daniel Kehlmann Co-Drehbuchautor ist. Den Auftakt setzen aber schon jetzt zwei Comics des österreichischen Zeichners Nicolas Mahler, eine Comic-Biografie und die Sammlung "Kafka für Boshafte".