Jubel für Musical "Schuh des Manitu" in Salzburg
"Hommagodie", einen Mix aus Hommage und Parodie nennt Herbig im Programmheft seinen bayerischen Western, aber auch die Musicalfassung davon. Diese Form der Verehrung und deren immenser Erfolg verstand 2001 zumindest Winnetou-Darsteller Pierre Brice nicht - man erinnert sich an Thomas Gottschalks vergebliche Vermittlungsversuche zwischen dem Schauspieler und Herbig bei "Wetten, dass ..?" - und heute, 20 Jahre später ist die Frage nach dem Verständnis, viel mehr aber dem zeitgemäßen Humor präsenter denn je. Wie würde das Kinopublikum 2022 auf einen Film reagieren, in dem befederte Ureinwohner heulend imitiert und Mitglieder der LGBTQI+ Community maßlos auf Prosecco und Nagelfeile reduziert werden? Vermutlich gar nicht, denn selbst Herbig würde seinen Film, wie er ebenfalls im Programminterview betont, heute ein bisschen anders machen. Schon 2001 war "Der Schuh des Manitu" eine Parodie, und zwar auf die alten Karl-May-Filme und genau so versteht sich das Musical heute als Parodie auf den Kinoerfolg und vor allem das Genre Musical.
Und so ist der Humor vielleicht etwas aus der Zeit gefallen, aber auch 20 Jahre später immer noch zündend, wie das johlende Publikum im Landestheater bei der Premiere bestätigte. Das Wohlwollen lösten einerseits die altbekannten und ziemlich genau übernommenen Filmdialoge der Charaktere aus (Ranger ist immer noch mit der Gesamtsituation unzufrieden und die Eisenbahn auch heute noch ein "krasses Pferd"), andererseits Andreas Gergens liebevolle Übersetzung des Films in eine Bühnenrevue. Abahachi und Ranger reiten auf Fahrrädern mit Pferdeköpfen in den Sonnenuntergang, das Ensemble tanzt in mit Pailletten besetzten Cowboyhosen zur "Superperforator" Werbung und zur legendären Kohlewagenfahrt durch die Mine gibt es für das Publikum eine 3D-Brille und Fahrtwind.
Wer den Film kennt, kam in solchen Passagen am meisten auf seine Kosten. Dem Ensemble wurde genau diese Nähe stellenweise zur Gefahr, denn durch die Übernahme der Dialoge aus dem Film, bot sich auch die Übernahme der Interpretation derselbigen an und die wurde am Samstagabend nicht nur einmal aufgenommen. Individualität erreichten die Hauptdarsteller Andreas Nützl als Ranger, Mathias Schlung als Abahachi, Marc Seitz als dessen Zwillingsbruder Winnetouch, Julia-Elena Heinrich als Uschi und Axel Meinhardt als bitterböser Santa Maria eher in den Songs, in denen es stellenweise mit der Genreparodie auch etwas zu doll getrieben wurde. An Spielfreude fehlte es jedenfalls nicht im Geringsten, auch nicht beim Publikum, das in bester "Rocky Horror Show"-Manier mit Seidenpapier knisterte, Knicklichter schwang und zum Abschied mit den Taschentüchern aus dem reich bepackten Besucher-Sackerl winkte.
Nach zweieinhalb Stunden endete die revuehafte Zeitreise in den Wilden Westen mit einem Singalong, das das Publikum ausgiebig mit stehenden Ovationen beklatschte und bejubelte. Wie gut der Humor tatsächlich gealtert ist, muss jeder für sich selbst beurteilen. Gelacht wurde am Premierenabend jedenfalls reichlich, auch wenn es vielleicht manchmal nur darüber war, worüber man einst gelacht hat.
(S E R V I C E - "Der Schuh des Manitu" am Salzburger Landestheater. Musik: Martin Lingnau, Liedtexte: Heiko Wohlgemuth, Buch: John von Düffel und Heiko Wohlgemuth, Idee und Konzept: Andreas Gergen, Musikalische Leitung: Gabriel Vengazo, Inszenierung: Andreas Gergen, Choreographie: Simon Eichenberger, Bühne: Sam Madwar, Kostüme: Conny Lüders. Mit Mathias Schlung, Marc Seitz, Andreas Nützl, Julia-Elena Heinrich, Axel Meinhart, Fabio Diso, Martin Trippensee, Matthias Hermann, Mozarteumorchester Salzburg, Chor des Salzburger Landestheaters. Weitere Termine: 28.1., 4., 5., 9., und 11. Februar)
Zusammenfassung
- Vor 21 Jahren gelang Michael "Bully" Herbig mit dem "Schuh des Manitu" einer der bis heute erfolgreichsten deutschsprachigen Kinofilme.
- Zum runden Geburtstag schenkte man sich im vergangenen Jahr eine Bühnenversion, die am Samstagabend im Salzburger Landestheater unter Jubel Österreichpremiere feierte.
- Vermutlich gar nicht, denn selbst Herbig würde seinen Film, wie er ebenfalls im Programminterview betont, heute ein bisschen anders machen.