"Ins Dunkle schwimmen": Ausstellung der Angewandten
Beim Besuch fällt der Blick zuerst auf eine an Fozzy Bär erinnernde Figur von Tonio Kröner. An ihr lässt sich gut das Thema der Schau erläutern. "Muppet ist eine Kombination aus Marionette und Puppe. Es gibt dieses Erstarrte, das Leblose; gleichzeitig diese unglaubliche Ausdruckskraft, die einen anspringt. Fozzy Bär, dieser unsichere, gescheiterte Stand-Up-Comedian, das ist Kröner in der Rolle im heutigen Kunstbetrieb, dieses Danebenstehen, nicht Durchkommen - und wie kommt man überhaupt wo an, wenn man anklopft im Kunstbetrieb? Das zieht sich durch die Ausstellung."
Zwei der in den drei Räumen gezeigten Figuren Kröners tragen den Namen "Scheiße!" Rainer: "Das Motiv der Scheiße zieht sich auch durch die Ausstellung, dieses Abgründige, dieses ausgeschlossen Sein." Der Titel "Ins Dunkle Schwimmen" verweist also weniger auf ein ominöses Unbekanntes, sondern darauf, dass mit "Kreativität immer auch der Moment des Selbstzweifels und des Infragestellens verbunden ist".
Man habe versucht, alle möglichen Verhandlungsformen des Themas auszuwählen, betonte Müller. Exemplarisch sei die Zeichnung "Le Chien" von Friederike Mayröcker genannt, die mehrere Versionen eines Hundes zeigt, die sich überlagern, bis zur Unkenntlichkeit reduziert. Rainer zog eine Parallele zu Mayröckers literarischem Schaffen: Auf der Reise nachts von Wien nach Paris habe sie ein Büchlein mit inneren Monologen verfasst, "in denen es um Abgründe geht, bis sie endlich einen einzigen Satz findet, den sie stehen lassen kann".
Das Sujet der Schau zeigt eine Liege von Franz West, eine aus Metall gefertigte, alles andere als bequem wirkende. "Laut West erfolgt die Wahrnehmung der Kunst über die Druckstellen, die durch die Liegeposition auf der Möbelskulptur entstehen", sagte Müller. Gegenüber hängt eine von Jana Euler übergroß gemalte Linse einer Digitalkamera, "ein technisches Auge, das Betrachter anblickt", wie es hieß. Dies kann als eine Reflexion über die Omnipräsenz der Kamera in der zeitgenössischen Kultur gelesen werden, in der beobachtet und aufgenommen werden zentrale Aspekte sind.
Die rund 60 Arbeiten von 19 Künstlerinnen und 16 Künstlern aus eigenen Beständen und Leihgaben nähern sich auf mannigfaltigste Arten - von Skulpturen über Gemälde bis zu Installationen und Videos - den Selbstzweifeln und Gefühlen der Unzulänglichkeit, die oft mit kreativen Prozessen verbunden sind. Oder wie es die Kuratoren formulieren: Die Schau "untersucht, wie die Hoffnung der Moderne, dass Kunst ein vermeintlich authentischer Ausdruck des Inneren sei und Kreativität das Werkzeug zur Verbesserung des Lebens sein kann, heute weitergeführt und hinterfragt wird".
(S E R V I C E - "Ins Dunkle Schwimmen. Abgründe des kreativen Imperativs" in der Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof, 1010 Wien, 16.10.24-1.2.25, MI-SA 14-18 Uhr, Feiertags geschlossen, https://www.dieangewandte.at/ausstellungen)
Zusammenfassung
- Tonio Kröners Figuren, darunter eine an Fozzy Bär erinnernde, veranschaulichen die Unsicherheiten und das Scheitern im kreativen Prozess. Das Motiv der 'Scheiße' symbolisiert das Abgründige und Ausgeschlossensein, das sich durch die Ausstellung zieht.