Harald Schmidt hält Olaf Scholz für "absoluten Glücksfall"
Zu Zurückhaltung mahnte Schmidt in der Bewertung der Causa des wegen seiner Russland-Connections schwer unter Beschuss geratenen Altkanzlers Gerhard Schröder (SPD) - eines Mannes, der während Schmidts Late Night-Glanzzeit auf Sat.1 von 1995 bis 2003 eine tragende Rolle gespielt hatte: "Vielleicht weiß er Dinge, die sonst niemand weiß". Es gelte aktuell jedenfalls - auch in der Causa Schröder - mit dem "Besserwisserding" sehr vorsichtig zu sein, so Deutschlands Fernsehlegende. Auch eine besondere Verbundenheit zu Schröder ließ Schmidt nicht unerwähnt: "Er hat damals, als die Quoten meiner 'Harald Schmidt Show' im Keller waren, mit der Scheidung von seiner Frau und diesem Traumthema meine Show gerettet". Schröder sei ihm darüber hinaus "immer sympathisch gewesen".
Auch ansonsten legte der seit ewigen Zeiten in Köln lebende 64-jährige Schwabe einen humorigen Parforceritt durch aktuelle, breitenwirksame Themen und Ereignisse in Deutschland hin und "sezierte" so manch ebenso prominenten Protagonisten. Wie genau er in seiner Show, so es sie noch gäbe, mit der Causa der gefallenen Tennis-Ikone Boris Becker umgegangen wäre, skizzierte er folgendermaßen: Er hätte "Bobbele" eine "Live-Schuldenberatung" angeboten. "Ich hätte live auf Sendung auf einem Flipchart alles vorgerechnet, etwa durchschnittliches Vermögen, Unterhalt an die Ex-Frau, laufende Kosten und etwaige Posten wie Besenkammer-Zulage", witzelte Schmidt in Anspielung auf Beckers damalige "Besenkammer-Affäre" mit Angela Ermakova in Großbritannien. Im Finanz- und mittlerweile Verurteilungs-Fall Becker enthalte er sich aber, ähnlich wie bei Schröder, einer Bewertung: "Wichtiger als moralische Bewertung wäre mir eine professionelle Herangehensweise".
Einige Seitenhiebe ließ Schmidt in Sachen Legenden-Kollege Thomas Gottschalk und seiner Wiederauferstehung mit "Wetten Dass..?" vom Stapel. Angesprochen darauf, was er von dessen fulminantem Comeback halte, gab er zu Protokoll: "Das ist Lichtjahre von meinem Kosmos entfernt, das beschäftigt mich keine Sekunde". Er wisse auch gar nicht, warum er "ständig auf diesen Gottlieb angesprochen wird", so Schmidt mit humorigem Unterton.
Ein Fernseh- bzw. Late Night-Comeback schloss Schmidt für sich kategorisch aus. Er präferiere seine neue Rolle als "Anekdotenmaschine", als die er auch ins Zillertal gereist sei. "Diese Anekdoten werden wie bei einer Jukebox abgefeuert, ich brauche dazu lediglich einen Gesprächspartner", gab er Einblicke in sein neues Verfahren als "Bühnenmensch", als der er sich klar und deutlich bezeichnete. Die Bühne sei auch deshalb für ihn derart zentral, weil dadurch besagte Anekdotenmaschine immer wieder gefüttert werde. "Allein was ich heute Abend backstage erleben werde, ist schon wieder mindestens eine halbe Stunde Programm". Auch frühmorgens ist die "Anekdotenmaschine" Schmidt offenbar schon auf Touren: "Die Wartezeit vom Frühstück bis zum ersten Grünen Veltliner verkürze ich mir bereits mit Anekdoten".
Auf die Frage, wo er sich in zehn Jahren sehe, antwortete "Dirty Harry" wie aus der Pistole geschossen: "Nur ein Narr kann einen Plan über zehn Jahre entwerfen. Ich plane nur bis heute, bis Ende der Vorstellung".
In ebendieser Vorstellung bzw. Gespräch mit Talkpartner Hakon Hirzenberger, Intendant des Theaterfestivals, reihten sich dann ebenfalls Anekdoten an Anekdoten sowie spontane Eingebungen. Schmidt streifte unter anderem Themen wie Elternabende, sein "Traumschiff"-Engagement, seine kurzfristige und dann rasch widerrufene Zusage als Tatort-Kommissar und natürlich die Zeit seiner "Harald Schmidt Show". Für ebenjene habe er stets in der Früh zwei Stunden lang Monologe gehalten, damit die Maschinerie der zahlreichen dabei zuhörenden Autoren in Gang gekommen sei, erklärte er lässig in einem Stuhl und einem Setting sitzend, das mehr an ein Wohnzimmer denn eine Bühne erinnerte.
Der Abend endete schließlich relativ abrupt nach etwas mehr als 90 Minuten, was vor allem der voranschreitenden Zeit und der Tatsache geschuldet war, dass Backstage eine Frittatensuppe wartete. Diese war eine Hommage an Schmidts aktuelles, kürzlich herausgegebenes Thomas Bernhard-Buch "In der Frittatensuppe feiert die Provinz ihre Triumphe", aus dem er an dem Abend dezidiert nicht las.
Zusammenfassung
- Schröder sei ihm darüber hinaus "immer sympathisch gewesen".
- "Allein was ich heute Abend backstage erleben werde, ist schon wieder mindestens eine halbe Stunde Programm".