APA/APA/Photoinstitut Bonartes/Marvin Kemmler

Fotoschau im Bonartes rückt Hintergründe in den Fokus

23. Aug. 2022 · Lesedauer 3 min

"Wie man den Künstler an seinem Monogramm erkennt, so erkennt man den Photographen an seiner Säule und seinem Geländer." Mit diesem Zitat von Fotopionier Anton Martin aus dem Jahr 1865 veranschaulicht das Photoinstitut Bonartes im Rahmen einer neuen Ausstellung die Bedeutung, die Dekorationsstücke lange Zeit für Fotografinnen und Fotografen einnahmen. "Vollständig naturgetreu" legt dabei den Fokus auf die Wiener Firma Bernhard Wachtl.

Betritt man die Ausstellungsräume des Photoinstituts, scheint es zunächst, als würden die Fotografien selbst die zentralen Objekte der Ausstellung ausmachen. Tatsächlich sind es jedoch die von der Firma Bernhard Wachtl hergestellten Dekorationsgegenstände, welche die Porträts zu einer solchen Besonderheit und dem Erkennungsmerkmal der Fotografierenden machen, sie also folglich als Wachtls Kunden ausweisen.

Insgesamt sind in der von Monika Faber und Susanne Miggitsch kuratierten Ausstellung 75 Fotografien in den Räumlichkeiten in der Seilerstätte zu sehen. Abgebildet wird ein Querschnitt der Gesellschaft: von Kindern, Familien, Hochzeitspaaren bis hin zu Aktfotografien. Was sie eint, sind die sie umgebenden Dekorationsstücke.

Mit steigender Nachfrage erfuhr die Fotografie ab Mitte des 20. Jahrhunderts ein enormes Wachstum. Waren es zunächst in erster Linie vermögende und aristokratische Familien, wurde es plötzlich auch den weniger vermögenden Gesellschaftsschichten möglich, sich professionell ablichten zu lassen. Mit der erhöhten Nachfrage stieg auch der Bedarf an den damals essenziellen Dekorationsobjekten wie Tischen, Säulen oder Geländern vor denen die Porträtierten posierten. Bernhard Wachtl nützte diese Entwicklung und begann in seiner Firma mit der Herstellung kostengünstigerer Varianten von Säulen, Tischen und sogar Felsen, gefertigt aus Pappmaché.

Wenngleich keine Originale der von Wachtl hergestellten Dekorationen mehr erhalten sind, holt Kuratorin Monika Faber die Dekorationsobjekte durch 3D-Druck ins 21. Jahrhundert. So kommt es, dass vor der als Kind abgelichteten Alma Mahler und deren Schwester eine strahlend magentafarbene griechische Säule prangt und der vermeintliche Felsen, auf welchem zwei junge aristokratische Männer im Porträt daneben Platz genommen haben, als blaue Replika zum Eye-Catcher wird.

Einen Überblick über das gesamte Repertoire Wachtls können sich Besucher in den ausgelegten Katalogen aus den Jahren 1893 und 1903 verschaffen, die knapp 1.500 Dekorationsobjekte zählen. "Das war das Amazon des frühen 20. Jahrhunderts!", sagte Monika Faber und überlegte laut, wie man wohl heutzutage am besten ein Selfie vor einer antiken Dekorationssäule schießen könnte. Die Ausstellung, die auf diese Weise "Strategien der Inszenierung durch Fotografierende" vor Augen führt, ist von 24. August bis 18. November nach Voranmeldung zu sehen.

(S E R V I C E - Ausstellung "Vollständig naturgetreu. Bernhard Wachtls Dekorationen für Fotoateliers" im Photoinstitut Bonartes, Seilerstätte 22, 1010 Wien, 24. August bis 18. November, Besuch nach Voranmeldung unter 01/ 236 02 93 oder via E-Mail info@bonartes.org, Eintritt frei; www.bonartes.org)

Zusammenfassung
  • "Wie man den Künstler an seinem Monogramm erkennt, so erkennt man den Photographen an seiner Säule und seinem Geländer."
  • Mit diesem Zitat von Fotopionier Anton Martin aus dem Jahr 1865 veranschaulicht das Photoinstitut Bonartes im Rahmen einer neuen Ausstellung die Bedeutung, die Dekorationsstücke lange Zeit für Fotografinnen und Fotografen einnahmen.
  • "Vollständig naturgetreu" legt dabei den Fokus auf die Wiener Firma Bernhard Wachtl.