Felix Mitterer feiert Geburtstag: Ein Glückskind wird 75
"Ich habe unglaubliches Glück gehabt. Eigentlich ist es unfassbar", hat Felix Mitterer einmal zurückgeblickt. "Schon als Zwölfjähriger wollte ich Schriftsteller werden. Aus so einem Milieu muss man das erst einmal schaffen." Die erfolgreiche Autorenkarriere war ihm tatsächlich nicht in die Wiege gelegt: Er wurde als Sohn einer Kleinbäuerin und eines rumänischen Flüchtlings geboren und von einem Landarbeiterehepaar adoptiert und erzogen. In Achenkirch geboren, arbeitete Mitterer nach Besuch der Lehrerbildungsanstalt über zehn Jahre lang beim Innsbrucker Zollamt.
Nach ersten Veröffentlichungen von Texten in Rundfunk und in Zeitschriften, entschloss er sich 1977, freier Schriftsteller zu werden. In diesem Jahr hatte er mit dem Kinderbuch "Die Superhenne Hanna" und der Uraufführung seines Stücks "Kein Platz für Idioten" an der Tiroler Volksbühne Blaas seine ersten großen Erfolge. Mitterer selbst spielte rund 200-mal die Hauptrolle, danach konzentrierte er sich mit wenigen Ausnahmen auf das Schreiben. 1979 brillierte er in einem TV-Film in der Rolle des Malers Egon Schiele. 2012 gab er in Kafkas "Ein Bericht für eine Akademie" in Telfs sein Bühnencomeback.
Die Tiroler Volksschauspiele in Telfs "waren sehr wichtig für mich, was das Theater, mein Schaffen an sich betrifft", sagt Mitterer, dem die Arbeit mit Laien- und Volksschauspielgruppen immer besonders wichtig war. "Dort in Telfs habe ich eigentlich das Schreiben für das Theater gelernt." Dabei ist er stets von einem Emanzipations- und Aufklärungsanspruch geleitet und geht nicht selten von historische Figuren oder Begebenheiten aus. Als Nächstes befasst er sich etwa mit dem Autor und Sozialreformer Franz Michael Felder. Seine meistdiskutierten Stücke waren "Stigma" (1982), "Sibirien" (1989) und "Die Beichte" (2004). Zu seinen über 50 weiteren Theaterarbeiten zählen "Besuchszeit" (1985), "Die Wilde Frau" (1986), "Kein schöner Land" (1987) "Die Kinder des Teufels" (1989), "In der Löwengrube" (1998), "Der Patriot" (2008), "Du bleibst bei mir" (2011), "Jägerstätter" (2013), "Märzengrund" (2016, später von Adrian Goiginger verfilmt), "Vomperloch" (2018) und "Brüderlein fein" (2019).
Im Werkverzeichnis in Mitterers vor fünf Jahren erschienenen "Lebenslauf" (Haymon Verlag) finden sich auch Ausflüge in die Oper ("Wolkenstein", 2004, Musik: Wilfried Hiller) und ins Musical ("Die "Weberischen", 2006, Musik: Martyn Jacques / The Tiger Lillies), zwei Übersetzungen und sechs Hörspiele. 2020 legte er mit "Keiner von Euch" seinen ersten Roman vor und erzählte darin die Geschichte des afroösterreichischen Kammerdieners Angelo Soliman im Wien des 18. Jahrhunderts als Plädoyer für die Würde des Menschen.
Breite Bekanntheit erlangte er jedoch als Drehbuchautor. "Die Piefke-Saga", in der er die Auswirkungen des Massentourismus auf seine Heimat Tirol satirisch darstellte, war ein großer Erfolg und zugleich allgemeiner Gesprächsstoff. "Plötzlich war ich im ganzen großen deutschen Sprachraum bekannt", erinnert sich Mitterer. "Normalerweise kennt ja niemand den Drehbuchautor." Auch die ebenfalls vierteilige Südtiroler Familiengeschichte "Verkaufte Heimat" (1989-94) erhielt breite Aufmerksamkeit. Weiters schrieb er u.a. sechs Folgen des Neunteilers "Die fünfte Jahreszeit" (1980-81), die Fernsehfilme "Egon Schiele " (1979), "Der Narr von Wien - Peter Altenberg" (1982), "Andreas Hofer - Die Freiheit des Adlers" (2001), "Die Heilerin" (2004; Zweiter Teil: 2006), "Der Bär ist los!" (2008) sowie zahllose "Tatort"-Krimis und den Tiroler Landkrimi "Sommernachtsmord" (2016). Auch für die Kinofilme "Requiem für Dominic" (Robert Dornhelm, 1990), "Die Wildnis" (Werner Masten, 1992) und "Krambambuli" nach Marie von Ebner-Eschenbach (Xaver Schwarzenberger, 1998) hat er die Drehbücher verfasst.
Zu den zahlreiche Auszeichnungen Mitterers zählen der Peter-Rosegger-Literaturpreis (1987), der Ernst-Toller-Preis (2001), das Ehrenzeichen des Landes Tirol (2005), der Ödön-von-Horvath-Preis (2013) und das Ehrenzeichen für Kunst und Kultur der Stadt Innsbruck (2015).
1995 übersiedelte Felix Mitterer mit seiner damaligen Frau, der nach einem Wohnungsbrand in Hall in Tirol 2017 gestorbenen Malerin Chryseldis Hofer, und der 1980 geborenen gemeinsamen Tochter Anna Magdalena nach Irland. Als er 2010 wieder zurück nach Österreich kam, kaufte er sich in Ravelsbach im Weinviertel ein 500 Jahre altes Haus, das er renovierte. Mitte 2021 kehrte er mit seiner Frau Agnes Beier in sein Heimatbundesland zurück. Lange hielt es ihn dort nicht. Der Grund: Das Land forderte auch von ihm die verpflichtende Tourismusabgabe. Daran stieß sich der Dramatiker. "Der Autor der 'Piefke-Saga' kann einfach keine Tourismusabgabe zahlen", sagt er. Und: "Tirol ist mir dennoch wichtig. Ich glaube, es gibt keinen anderen Autor, der so viel über sein Land geschrieben hat wie ich." Das Drehbuch zu einem von den Vorkommnissen in Ischgl in der Coronapandemie inspirierten fünften Teil der "Piefke-Saga" hat er bereits fertig. "Es wird aber derzeit nicht verfilmt und liegt damit auf Eis. Das liegt aktuell vor allem daran, dass der ORF keinen deutschen Koproduzenten gefunden hat", sagt der Autor.
Der ORF widmet ihm einen Sendungsschwerpunkt. Am Samstag (4. Februar) sendet etwa Ö1 um 14 Uhr mit "Kein Platz für Idioten" die 1976 entstandene erste Hörspielproduktion von und mit Felix Mitterer und ORF 2 um 21.55 Uhr mit "Baum der Erlösung" einen 2008 entstandenen ORF-"Tatort"-Fall aus seiner Feder. "Ich bin ein Glückskind - Felix Mitterer im Gespräch mit Susanna Schwarzer" ist in ORF 2 am Sonntag um 10.05 Uhr zu sehen, das von Xaver Schwarzenberger gedrehte Historiendrama "Andreas Hofer - Die Freiheit des Adlers" um 11.55 Uhr auf ORF III. Am Geburtstag selbst liest Gregor Bloéb in den Ö1-"Radiogeschichten" (11.05 Uhr) Mitterers Erzählung "Wie der Seppei sich in die Heilige Jungfrau Maria verliebt hat".
Zusammenfassung
- Bei seinem Aufwachsen in Tirol fühlte er sich "regelrecht gesegnet".
- Mit seiner vierteiligen "Piefke-Saga" erregte er nicht nur in seiner Heimat die Gemüter, lebte später 15 Jahre in Irland, nach seiner Rückkehr nach Österreich im Weinviertel.
- In Achenkirch geboren, arbeitete Mitterer nach Besuch der Lehrerbildungsanstalt über zehn Jahre lang beim Innsbrucker Zollamt.
- Der Grund: Das Land forderte auch von ihm die verpflichtende Tourismusabgabe.