Eröffnung der 25. Festspiele Erl zwischen Freud und Leid
Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner kam in seiner Eröffnungsrede, nachdem die Musiker die traditionellen "Pauken und Trompeten" zum Besten gegeben hatten, prompt auf die Probleme unserer Zeit zu sprechen. Nach Ansicht des Industriellen wird unsere Gesellschaft "in Zukunft drei Versäumnisse belasten". Erstens hätten wir nicht aufgehört, "Frevel an der Umwelt zu begehen". Zweitens seien Autokraten nach wie vor der Meinung, dass "Krieg und Terror" eine gute Lösung sei. Drittens fehle die Erkenntnis, dass Demokratie eine "Errungenschaft" sei, die es täglich zu verteidigen gelte.
Denn auch hierzulande sehe er Entwicklungen "in ganz kleinen Schritten" in Richtung einer illiberalen Demokratie. Haselsteiner wolle "keine Bevormundung, schon gar nicht vom berühmt-berüchtigten starken Mann". Er sei außerdem "froh", nicht die Salzburger Festspiele eröffnen zu müssen - wohl in Anspielung auf die seit kurzem dort regierende ÖVP-FPÖ-Regierung. Der frühere Politiker des Liberalen Forums und Ex- Nationalratsabgeordnete dankte dem anwesenden Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP), dass er "uns das erspart" habe. Mattle regiert in Tirol seit vergangenem Herbst mit der SPÖ.
Haselsteiner dankte außerdem dem Gründer und ehemaligen Künstlerischen Leiter Gustav Kuhn. Kuhn war vor einigen Jahren nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs abgetreten. Strafrechtlich hatte die Causa keine Folgen. "Für die einen ist er 'Der Verrückte von Erl', für die anderen der 'König von Erl'", so der Festspielpräsident. Für Haselsteiner sei er eine "komplexe Künstlerpersönlichkeit", für sein Schaffen in Erl gebühre ihm aber "unser aller Dank". Das Publikum quittierte Haselsteiners Aussagen mit Applaus. Kuhn selbst war nicht anwesend.
Bundespräsident Van der Bellen erinnerte an die Festspiel-Eröffnung ein Jahr zuvor, als man aufgrund des Überfalls Russlands auf die Ukraine "fassungslos" gewesen sei. Der Krieg habe sich mittlerweile zum "Alltag" entwickelt, man habe sich daran gewöhnt. Das Staatsoberhaupt kam wie Haselsteiner auf den "Klimanotstand" zu sprechen, auch wenn das Publikum davon vielleicht schon genug habe. "Aber probiert's einmal auf das linke Fluchthorn in Galtür zu gehen. Das gibts aber nicht mehr". Er finde es daher "umso befremdlicher", dass international noch zu wenig getan werde, um die Emissionen zu reduzieren. Van der Bellen schloss jedoch hoffnungsvoll, indem er meinte, dass die "Chancen, etwas zu tun, noch intakt" seien. Vielleicht müsse sich der Lebensstil etwas ändern, aber "wir können das", war er überzeugt.
Landeshauptmann Mattle freute sich über die Symbiose zwischen "Stadt und Land", die in Erl eingegangen werde. Durch die Kunst werden Grenzen und Generationen überwunden. Er lobte die "vielen Kulturinitiativen in Tirol", Kultur schaffe "Räume der Begegnung".
Musikalisch bot das Festspielorchester in verschiedenen Besetzungen Hervorragendes und Stücke, die Stimmungen zwischen Finsternis und Triumph adressierten. Neben dem Vorspiel aus Giuseppe Verdis Oper "Nabucco" wurde ein Stück von Sir Edward Elgar für Streichorchester und Streichquartett gespielt. Ganz in Erl-Manier wurde mit Siegfrieds Tod aus der "Götterdämmerung" Wagner zum Besten gegeben. Für eine musikalische Reise in den Osten sorgte Reinhold Glières "The Zaporozhy Cossacks" und für einen fulminanten Schluss wiederum Anton Bruckners "Te Deum". Zu guter Letzt entließ das Orchester mitsamt Chor und Solisten das Publikum mit Verdis "Va pensiero, sull'ali dorate" in die Sommernacht.
Die heurigen Sommerfestspiele werden ganz im Zeichen von Richard Wagner stehen. Auf dem Spielplan stehen die Opern "Siegfried" und "Götterdämmerung", wobei die ehemalige Tiroler Landestheater-Intendantin Brigitte Fassbaender Regie führt. Außerdem werden die "Königskinder" von Engelbert Humperdinck gezeigt sowie ein Jubiläumskonzert mit Oskar Hillebrandt zum Besten gegeben. Auch die Wiener Sängerknaben und die Musicbanda Franui werden zu Gast sein. Zuletzt hatte es aus Erl indes Neuigkeiten bezüglich der Künstlerischen Leitung gegeben: Der aktuelle Intendant Bernd Loebe wird die Festspiele noch bis zu den Sommerfestspielen 2024 begleiten, anschließend übernimmt Startenor Jonas Kaufmann die Intendanz.
Zusammenfassung
- Die Eröffnung der 25. Tiroler Festspiele Erl durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist Donnerstagabend zwischen Freud und Leid über die Bühne gegangen.
- Während die Festredner einerseits auf den Ukrainekrieg, die Verteidigung der Demokratie und die Klimakrise eingingen, war andererseits die Freude über die musikalischen Darbietungen zu spüren.
- Ganz in Erl-Manier wurde mit Siegfrieds Tod aus der "Götterdämmerung" Wagner zum Besten gegeben.