Autorin Barbara Frischmuth erzählt von wechselvollen Leben
In ihrem Roman "Verschüttete Milch" hatte die 1941 geborene Autorin vor zwei Jahren das Lebensgefühl ihrer Kindheit im Ausseerland in einem unaufdringlichen Erzählton heraufbeschworen, in ihrem neuen Buch sind nun Geschichten zu finden, "die mit meinem Leben nichts zu tun haben". Eigentlich habe sie der Verlag um einen "Best of"-Erzählband zu ihrem kommenden 80er gebeten, zu dem sie ein, zwei neue Erzählungen schreiben wollte. "Dann hat eines das andere ergeben. Es war wie Contact Tracing von einer Figur zur nächsten. Jetzt sind es sechs neue Erzählungen", erzählte Frischmuth kürzlich im APA-Interview.
Es sind starke Frauen, aber schwere Schicksale, von denen Barbara Frischmuth hier erzählt. Agnes wurde nach 25 Jahren von ihrem Mann verlassen und wird kurzfristig von ihrer Tochter gebeten, für ein paar Tage auf den Sohn ihres nach Österreich immigrierten Freundes aufzupassen. Als der Bub nach der Schule nicht nach Hause kommt, gerät sie zusehends in Panik. Die Schauspielerin Amelie dagegen hatte es eigentlich nicht schlecht erwischt, bloß die ganz große Karriere blieb ihr verwehrt. Die einzige Hauptrolle spielte sie in dem Film "Kein Engel vor meiner Tür". Nach Jahrzehnten begegnet sie ihrem damaligen Filmpartner wieder. Es wird eine schöne, zögernde Romanze zweier Menschen, die viel gelebt und erlebt haben, sich aber von der Gegenwart ausgeschlossen fühlen. Doch die Liebesnacht nimmt ein böses Ende.
Auch der Titel der Erzählung "Die Katze, die im Sprung gefror" verheißt nichts Gutes - und entpuppt sich schließlich als eine personen- und tierreiche Geschichte über eine Frau, die an der Seite eines Bauern alt werden möchte, viel Zeit und Überlegung in den Umbau des alten Ausgedinge-Häuschens investiert und nach einem Unfall am Ende doch alleine bleibt. Der von melancholischem Grundton durchzogene Text wirkt wie ein eindringliches Carpe diem: "Es ist unsere Zeit, wann dann, wenn nicht jetzt, wo wie einander haben. Es gibt kein Später, auf das man sich verlassen kann."
Der Schluss-Text "Die Rötung der Tomaten im Winter" führt in zwei Teilen aus unterschiedlichen Perspektiven in einen Bereich, in dem Frischmuth ihrer Passion als Gärtnerin nahe kommt. Doris, die später einmal den elterlichen Gärtnerei-Betrieb übernehmen sollte, verliert ein Kind im sechsten Schwangerschaftsmonat und wird bald darauf von ihrem wesentlich älteren Verlobten Ödön verlassen. Es sind zwei sehr unterschiedliche Menschen, die nur wenig voneinander wissen - wie sich dem Leser in der Lektüre der beiden miteinander zusammenhängenden Erzählungen erschließt.
Einsamkeit und Resignation beherrschen diese Texte. Sie sind mehr ein Nachspüren und sich Dreinfinden als ein Kämpfen. Es sind ungerechte gesellschaftliche Verhältnisse und unerwartete Schicksalsschläge, unter denen diese Frauen leiden. Doch im nüchternen Zurückschauen ist das Akzeptieren stärker als die Frage: Was hätte man wann besser machen können? Und wäre dieses Bessere tatsächlich von Dauer gewesen?
(S E R V I C E - Barbara Frischmuth: "Dein Schatten tanzt in der Küche. Erzählungen", Aufbau Verlag, 224 Seiten, 20.10 Euro; Livestream-Lesung am 18.5., 19 Uhr, in der Alten Schmiede, Wien 1, Schönlaterngasse 9, Moderation: Peter Clar, https://alte-schmiede.at/)
Zusammenfassung
- So beginnt Barbara Frischmuth den titelgebenden Text ihres neues Erzählbandes "Dein Schatten tanzt in der Küche".
- Es sind starke Frauen, aber schwere Schicksale, von denen Barbara Frischmuth hier erzählt.
- Doch die Liebesnacht nimmt ein böses Ende.
- Es sind zwei sehr unterschiedliche Menschen, die nur wenig voneinander wissen - wie sich dem Leser in der Lektüre der beiden miteinander zusammenhängenden Erzählungen erschließt.